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Mittwoch, 7. April 2010

Sandmänner

Wenn man es ein paar Jahrtausende gewöhnt ist niemanden gegenüber verantwortlich zu sein, keine Rechenschaft ablegen zu müssen und nach Gutdünken andere dominieren zu können, ist es natürlich außerordentlich lästig sich plötzlich anderen Regeln unterwerfen zu müssen.

Die Römisch-katholische Kirche hat das auch noch nicht so recht begriffen.
Gleiches Recht für alle, unabhängige Richter, transparente Verfahren sind ein Graus für den Vatikan. Sie haben lieber ihre kircheninternen Methoden.

Andreas Zielke beschreibt das „kanonische Recht“ in der SZ:

Und um die Differenz zum weltlichen System vollends zu markieren, wird der Beschuldigte einem Verfahren unterworfen, das eher an Kafka als an Recht erinnert. Der Beschuldigte erfährt den Namen des ihn anzeigenden Missbrauchsopfers nicht, eine öffentliche Verhandlung gibt es nicht, die Herrschaft des Verfahrens liegt bei der Glaubenskongregation in Rom, mag das Vergehen auch in Irland oder Südamerika stattgefunden haben.

Der Vatikan, insbesondere in der Person Joseph Ratzingers, demonstriert gerne ab und an mal die Macht der Willkür.

Beispiel USA 1998:
Obwohl auch der zuständige Vorgesetzte auf einen Prozeß drang, weil Pfarrer Murphy über 200 taubstumme Kinder mißbraucht und vergewaltigt hatte, befand Ratzinger, das Verfahren sei einzustellen.

Beispiel Österreich 2006:
Obwohl ein Kirchliches Verfahren einen steierischen Priester, der von 1982 bis 1987 bis zu zwanzig Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht oder belästigt hatte, für schuldig befunden hatte, hob die Vatikanische Glaubenskongregation das Urteil auf.

So stellt sich die katholische Gerichtsbarkeit dar.

Die deutsche katholische Kirche muß Dank ihrer willigen Helfer in der Bundesregierung nicht befürchten, daß sie es bei den aktuellen Missbrauchsfällen mit einem zubeißenden Recht zu tun bekommt.

Da werden zunächst einmal die Opfer von allerhöchster Stelle aus diffamiert.
Angelo Sodano, Dekan des Kardinalskollegiums, predigte während der Osterfeierlichkeiten:

"Heiliger Vater, das Volk Gottes ist mit Dir und wird sich nicht von dem unbedeutenden Geschwätz dieser Tage beeinflussen lassen", sagte Angelo Sodano unter dem Jubel der Anhänger des Papstes, die trotz des regnerischen Wetters auf den Petersplatz gekommen waren.

Kindersexskandale sind also alles bloß Geschwätz.

Auf die CDU kann sich die Kirche dabei verlassen - sie stellt sich nicht etwa auf die Seite der Opfer, sondern schützt die Institution Kirche.

Radio Vatikan zitiert zufrieden das Mitglied im ZK der Katholiken, Anette Schavan:

„Ich finde, die letzten Tage und Wochen haben gezeigt, dass die Kirche in Deutschland sehr entschlossen ist, alles lückenlos aufzuklären und natürlich auch mit dem Staat zusammenzuarbeiten... Ich glaube, mit Blick auf Vertrauen und Glaubwürdigkeit ist jetzt wichtig, alles zu tun, um Vertrauen wiederherzustellen.“
Aus der Sicht der CDU-Ministerin ist die Art und Weise, wie die katholische Kirche mittlerweile mit den Missbrauchs-Skandalen umgeht, geradezu beispielhaft.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass die Kirche selbst den Weg wählen wird, der ihrer Glaubwürdigkeit am meisten hilft. Das ist der zentrale Punkt mit Blick auf die Opfer. Natürlich ist die Kirche auch in den letzten Tagen längst die Institution geworden, die weit über kirchliche Kreise hinaus Opfern die Möglichkeit gibt, sich zu melden: Wir haben es nicht mit einem Kirchenthema zu tun, sondern mit einem Thema, das pädagogische Einrichtungen weit über den kirchlichen Raum hinaus betrifft.“

Unabhängige Richter, Staatsanwaltschaften und den Zorn der Opfer müssen die Kirchen nicht fürchten.
Drei Bundesministerinnen setzen stattdessen auf einen Runden Tisch, der weder Kompetenzen, noch Ziele hat. Es wird halt mal drüber geredet.

Ganz wichtig dabei: Am Tisch sitzen Vertreter der Kirchen und andere Kirchenfreunde.

Opfer sollen aber eher nicht mitreden dürfen.

Die Laberveranstaltung unter der Leitung der drei Bundesministerinnen für Familie, Justiz und Bildung soll erstmals am 23. April in Berlin tagen und niemanden wehtun - insbesondere nicht den Tätern.
Renommierte Organisationen, die erwachsene Missbrauchsopfer betreuen, haben die drei Ministerinnen nicht eingeladen.
Das Motto ist schon ausgegeben; die Leiterin Christine Bergmann will „versöhnen“ und um dem Fall vorzubeugen, daß ein Opfer, das vergewaltigt, verprügelt und gequält wurde seinem Peiniger nicht zurufen will „Och - halb so wild“, werden sie erst gar nicht an den Tisch gebeten.

Jörg Schindler und Steven Geyer in der FR:


Nach FR-Informationen wurden bislang unter anderem der Deutsche Städtetag, die Wohlfahrtsverbände, der Olympische Sportbund und die Kirchen eingeladen. Außerdem dabei: das feministische Netzwerk BAG Forsa, die Münchner Jugendberatungsstelle Kibs und der Ulmer Professor für Kinderpsychiatrie, Jörg Fegert. Keine Einladung erhielten bislang zwei der wichtigsten Selbsthilfegruppen für erwachsene Opfer: Tauwetter (für Männer) und Wildwasser (für Frauen). [...]
Thomas Schlingmann [Tauwetter] , zeigte sich erstaunt. Immerhin seien es erwachsene Männer gewesen, die sowohl den Missbrauchskandal in der katholischen Kirche als auch den in privaten Internaten aufgedeckt hätten. Dass die Regierung meine, ausgerechnet auf deren Perspektive verzichten zu können, verheiße nichts Gutes, sagte Schlingmann der FR: "Es sieht so aus, als wolle sich die Politik mal wieder mit Aktionismus und vielleicht drei Plakatkampagnen aus der Affäre ziehen." Auch die Geschäftsführerin von Wildwasser Berlin, Iris Hölling, befürchtet, "dass die Debatte auf der Alibi-Ebene verharrt".

Einen Liebesdienst erwies vor allem Deutschlands allerbeliebteste Politikerin den Kirchen.
Ursula von der Leyen verschleppte es ihre volle Amtszeit als Familienministerin einen Verhaltenskodex für Mitarbeiter von Institutionen zu erstellen, die mit Kindern arbeiten zu erstellen, obwohl die Bundesregierung dies längst verbindlich zugesagt hatte.

Ursula Enders, Gründerin und Leiterin der Opferberatungsstelle Zartbitter, zweifelt daher ganz grundsätzlich am Aufklärungswillen der schwarz-gelben Ministerinnenriege.
Da von der Leyen über vier Jahre lang keinen solchen Kodex erstellt habe, könne man „übergriffigen Lehrern, Pfarrern, Sporttrainern“ nicht mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen.

Wie praktisch für die Kirchen!

Die Grünen halten die Missbrauchsbekämpfung der Bundesregierung für unzureichend. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sei mit dem Thema offenbar «überfordert», sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde im Bundestag. Der von der Regierung eingerichtete Runde Tisch sei nicht geeignet, um auf derart schwere Straftaten zu reagieren. Auch SPD-Vize Olaf Scholz mahnte, das Gremium sei «kein Ersatz» für eigenes Handeln der Regierung.
(ddp)

Ekin Deligöz, (Fraktionsvize der Grünen):
Der Runde Tisch sei "eher ein Zeichen der Unsicherheit als des entschlossenen Handelns: Er ist nicht unabhängig, und seine Aufgabenstellungen, Befugnisse und Ziele sind bislang ungeklärt".
Kinderschutzbund, Opferverbände und die gesamte Opposition kritisieren alle das handeln der Bundesregierung, das einer Verhöhnung der Opfer gleichkäme, wenn man sich nur unverbindlich mit denen zusammensetze, die den sexuellen Missbrauch über Dekaden gedeckt und vertuscht hätten.

Auch die kinderpolitische Sprecherin der Linken, Diana Golze, warf der Regierung vor, ein Problem von ungeheurer Tragweite zur Seite schieben zu wollen: "Das Thema gehört auf den Kabinettstisch und nicht abgeschoben an eine Beauftragte, die seit acht Jahren raus ist aus dem politischen Geschäft."

Golze lebt offenbar fernab der Realität - um das heikle Thema offensiv anzugehen und Abhilfe zu schaffen, brauchte man ja schließlich eine handlungsfähige Bundesregierung mit Mut zum Handeln.

Und woher sollte man die nehmen?

Bei Merkel ist man da an der ganz falschen Adresse!

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