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Donnerstag, 18. November 2010

Hilflosigkeit

„Vorgestern hat mich der Schauspieler B. zwischen neun und halb zehn Uhr abends auf dem Bildschirm mehrmals durchdringend fixiert. Sagen Sie ihm, daß er das in Zukunft unterlassen soll, sonst werde ich mich beim Präsidenten beschweren“
(Zuschauerbrief einer 82-Jährigen Italienerin aus Piacenza an den Sender RAI)


So ist das in unserer Medienwelt - die Leute können die Ebenen nicht mehr auseinander halten und vermischen Fiktionales und Reales.

Tatsächlich ist in Italien irgendwie alles Berlusconi. Fußball, Fernsehen, Regierung, Justiz, Presse - kaum ein Bereich des Lebens, den nicht der geliftete Mädchenschreck kontrolliert.
In Deutschland versteht man nicht, wieso der 74-Jährige Milliardär immer und immer wieder gewählt wird. So eine Verquickung von Medien, Markt und Macht ist hierzulande verpönt.

Merkel taucht in keiner Forbes-Liste auf.
Also alles gut hier?
Alles ein bißchen subtiler hier, würde ich sagen.
Die Verstrickung von Geld, Medien, Justiz und Politik ist aber ähnlich. Wünschen interessierte CDU’ler, daß Strafverfahren ausfallen oder sehr milde ausgehen, gelingt dies.
DDR-Strippenzieher und Stasi-Oberst Schalck-Golodkowski wußte zu viel über die Interna der Bundesrepublik. Während die kleinen Stasi-Glühwürmchen bis heute geächtet werden und reihenweise auf die Anklagebank kamen, handelte Schalck-Golodkowski mit Wolfgang Schäuble Stillschweigen aus und verblieb statt im Knast mitsamt seiner Millionen in einer Tegernseer Villa.
Straftäter aus den Reihen der Union selbst, wie Helmut Kohl, Manfred Kanther oder Otto Wiesheu sahen ebenfalle nie ein Gefängnis von innen.
Auch die Gesamtpartei CDU, die 2000 des Spendenbetrugs überführt wurde und 42 Millionen DM Strafe zahlen sollte, gelang es unter Frau Merkel sich um die Zahlungen herum zu mogeln.

Die Parteichefin ist gleichzeitig auch Regierungschefin und kann - günstig, günstig - auf Kosten des Steuerzahlers (3 Mio Euro) pünktlich zum CDU-Parteitag die Republik mit Merkel-Jubelanzeigen überziehen.

Ein interessantes Beispiel für politisches Unternehmertum! Der Kunde (Wähler) wendet sich angewidert vom Produkt (CDU) ab und der Hersteller (Merkel) reagiert darauf mit einer Millionenwerbekampagne (Info-Anzeigen der Bundesregierung in allen Zeitungen), um den Kunden (Wähler) wieder an das Produkt (CDU-Kreuzchen bei den Landtagswahlen im März 2011) zu binden und läßt sich die Kampagne vom Kunden (Urnenpöbel) bezahlen.

Anders als Berlusconi ist Merkel persönlich nicht Besitzerin von milliardenschweren Industriekonglomeraten, aber dafür besitzen eben diesen milliardenschweren Industriekonglomeraten sie. Daher setzt die Kanzlerin als treue Befehlsempfängerin das um, das ihr BILD, Atomlobby, Automobilindustrie und Pharmakonzerne diktieren.



Andere Medien kontrolliert sie sogar direkt.
Die Intendantenjobs sind mit CDU’lern besetzt, ihr Ex-Pressesprecher Wilhelm wird BR-Intendant, der nächste Pressesprecher Seibert war vorher Anchorman des ZDFs.
Jener Sender, in dem die CDU allzu kritisch fragende Journalisten wie Nikolaus Brender gegen Unions-freundliches Personal austauschen kann.


In den USA verquicken sich Wirtschaft und Politik und Justiz noch klarer.
Ein Anteilseigner einer Ölbohrfirma ist zufälligerweise auch der Richter, der Präsident Obamas Verbot im Golf von Mexico zu drillen, aufhebt.
Und wenn es mal mit den Mehrheiten nicht so klappt, wie gewünscht, sind die stets hilsbereiten von Papi ernannten Richter da, die das Ergebnis schon so zurecht biegen, wie es von den reichen Rechten gewünscht wurde (USA 2000).
Politische Kandidaturen gehen überhaupt nur dann, wenn man dreistellige Millionenbeträge zusammen gesammelt hat.

Laut Center for Responsive Politics gibt es mehr als 20 Kongresskandidaten, die bereits mehr als eine Million Dollar aus eigener Tasche ausgegeben haben. Die Invasion der Superreichen schaffe "wirkliche Probleme", warnt Politikprofessor Kelly. Die Millionäre müssten nicht durch die Ortsvereine ziehen und um Kleinspenden werben. Der Wahlkampf werde zur reinen Werbekampagne - zu Lasten der politischen Substanz.
(Peter Wütherich 25.10.10)

Es kommt regelmäßig vor, daß Milliardäre (in der Regel für die GOP) selbst kandidieren und ihr Vermögen dafür ausgeben.
Das kann Erfolg haben (Bloomberg), muß aber nicht (Whitman, Fiorino, Perot).
US-Politiker der ersten Garnitur sind oft mitsamt ihrer Familien Figuren des Showbiz (Ronald Reagan, Arnold Schwarzenegger, Fred Thompson) und /oder aktuelle TV- oder Radio-Größen.

Besonders in den USA waren die Grenzen zwischen Showbiz und Politik (oder sogar Religion) immer durchlässig. Die Ähnlichkeiten zwischen einer Varietévorstellung, einem Treffen der Evangelikalen und einem Parteitag stechen sofort ins Auge.
(Prof Ian Buruma für Project Syndicate, 2008.)

Da weiß der normale US’ler manchmal nicht mehr, ob er gerade eine politische Debatte, eine Werbesendung oder eine Realityshow ansieht.

Die omnipräsente Familie Palin, deren unterbelichtete Mutter sowohl eine eigene FOX-Show als auch eine Realityshow hat ($250.000 Gage pro Folge), setzt inzwischen ihren ganzen bizarr-benamten Clan zu Werbezwecken im TV ein.
Mutter Natur ködert ihre Wähler mit der Knarre.

So durfte die frühzeitig entjungferte Bristol Palin bei der TV-Show "Dancing With The Stars" zum Entsetzen der Juroren ihre Beine schwingen.
Die Jury wählte Sarahs Leibesfrucht raus.
Ohne Erfolg. Ein Zuschauervotum zwang sie zurück in die Show.

Einige Fernsehzuschauer glauben, hinter ihrem Erfolg steckten die Anhänger der ultrakonservativen Tea-Party-Bewegung, die Bristol wieder hineingewählt hätten. Deren Galionsfigur Sarah Palin rückt ihr Privatleben in einer eigenen Reality-Sendung in den Fokus der Öffentlichkeit und nährt damit Vermutungen, sie werde 2012 für das Weiße Haus kandidieren.
(SZ 18.11.10)

Not amused war TV-Zuschauer Steven Cowan, den dieser reale Polit-Irrsinn derart in Rage brachte, daß er zur Schrottflinte griff und auf die Bristol im Fernseher schoß.

Cowan, 67, and his wife were in the living room Monday night, watching the dance competition program that has featured the daughter of former vice presidential candidate Sarah Palin this season as one of the competitors. As Bristol Palin danced on the screen, Cowan raged. "The (expletive) politics," he yelled, according to the complaint. Cowan, a supervisor in the town of Vermont, Wis., was upset that a political figure's daughter was on the show when he didn't consider her a good dancer, his wife told authorities. Cowan went to his bedroom and came back about 20 minutes later, demanding that his wife find his pistols. Cowan's daughter had taken two handguns away for safety reasons, according to the complaint. Cowan had tracked down a single-shot shotgun in the house, he "slapped" shells down onto a TV tray, loaded a round and took out the TV, the complaint says. Cowan's face was bright red. He loaded the gun again. His wife put a blanket over her head, thinking that if her husband decided to shoot at her, she didn't want to see it. Cowan then demanded his pistols. His wife grabbed her purse and left the house and went to the local police department and the standoff ensued.
(SHARIF DURHAMS AND RYAN HAGGERTY 18.11.10)

Nun lacht ganz Amerika über Mr. Cowan.

Warum bloß?

Ich kann ihn verstehen und würde sehr gerne auch ab und an mit einer pumpgun in den TV schießen….wenn ich da nur an die Übertragung des CDU-Parteitags denke…..

2 Kommentare:

jakebaby hat gesagt…

"„Vorgestern hat mich der Schauspieler B. zwischen neun und halb zehn Uhr abends auf dem Bildschirm mehrmals durchdringend fixiert. Sagen Sie ihm, daß er das in Zukunft unterlassen soll, sonst werde ich mich beim Präsidenten beschweren“"

"So ist das in unserer Medienwelt - die Leute können die Ebenen nicht mehr auseinander halten und vermischen Fiktionales und Reales."

Das war schon vor langer Zeit so.

'Genscher und Kohl schaun sich die Abendnachrichten an. ... Gerade sieht man einen Mann im 10ten Stock auf einem Fenstersims. '20Mark dass er springt' sagt Dietrich. 'Glaw isch naet' sagt Helmut und kurz darauf springt der Mann und Kohl zueckt seinen Geldbeutel.
'Lass mal sein' sagt Genscher, .. 'ich hab das schon in den Morgennachrichten gesehen'.
'Isch aa' sagt Kohl, .. 'isch het awa naet gedaengt, dass a nochaemol schbringd'.

Gruss
Jake

Tammo Oxhoft hat gesagt…

@Jake:


Genscher und Kohl langweilen sich.
Da stellt Genscher Kohl ein Rätsel: „Du Helmut - wer ist das: Der Sohn meiner Eltern, aber nicht mein Bruder!“

Kohl rätselt und rätselt - aber kommt nicht drauf.

Schließlich klärt Genscher ihn auf: „Das bin ich!“

Kohl ist begeistert von der Denksportaufgabe und stellt am Abend seiner Frau dasselbe Rätsel.

„Du Hannelore - wer ist das: Der Sohn meiner Eltern, aber nicht mein Bruder!“

Hannelore kommt aber auch nicht drauf.

Schließlich meint Kohl großzügig:

„Mach Dir nichts draus - ich bin auch nicht drauf gekommen - es ist der Genscher!!“




LGT