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Freitag, 30. Dezember 2011

Großsprecher-Guido und Horror-Horst.

(oder: Der Koalitionsrückblick)


Es gibt eine Form der Peinlichkeit, die niemand so perfekt aufführen kann, wie Guido Westerwelle.
Sein mit schriller Stimme gekreischtes „Ihr! kauft! Mir! Den! Schneid! Nicht! Ab!“, nachdem einige Journalisten gewagt hatten zu fragen, weswegen der neue Außenminister eigentlich seine Freunde, seine Spender und seinen Mann ständig auf Auslandsreisen mitnähme, war so ein Beispiel.

Oder:
"Ich bin hier nicht als Tourist in kurzen Hosen unterwegs, sondern als Außenminister. Und was ich sage, das zählt!“
(Westerwelle bei seinem Besuch in der Türkei im Januar 2010)

Noch mehr zum Mitschämen war aber das nächtliche "Um 2.12 Uhr waren wir mit der Arbeit fertig. Seit 2.15 Uhr sagen wir Horst und Guido zueinander. (...) Das ist der Beginn einer großen Freundschaft" - so gesprochen von Guido Westerwelle über sein Verhältnis zu Horst Seehofer im Oktober 2009 zum Ende der sogenannten „Koalitionsverhandlungen.“

Man konnte es dem Bayern förmlich ansehen, wie ihm körperlich übel wurde, als „Guido“ ihn tätschelte und immer näher heran rückte.

Nicht genug damit, daß sich der FDP-Zampano öffentlich als neuer Männerfreund empfahl, nein, er konnte es auch nicht lassen dem Unions-Mann zu stecken, daß sich die FDP durchgesetzt habe.
Der Vertrag sei eine hervorragende Grundlage für Veränderungen in dem Land, er trage die liberale Handschrift. Das Papier stehe nicht nur für Wachstum, sondern auch für soziale Gerechtigkeit, fügte Horsts Freund „Guido“ hinzu.

Der FDP-Chef reagierte über alle Maßen empört auf jedwede Kritik an den Verhandlungsergebnissen.

"Deutschland wird von der Mitte aus regiert, von einer Koalition der Mitte. Und die Ränder haben in dieser Republik nichts zu sagen", sagte der Parteivorsitzende am Sonntag bei einem FDP-Sonderparteitag in Berlin. Wer nun von unsozialer Politik spreche, dem sei in seiner "Hirnverbranntheit" nicht zu helfen.
[…] Westerwelle zeigte sich hochzufrieden mit den Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen. Die FDP habe sich in allen Kernpunkten durchsetzen können. "Versprochen, gehalten - das ist die Devise." Ausdrücklich nannte er die Gesundheitspolitik, den Einstieg in einen Stufentarif bei der Einkommensteuer und Fragen der inneren Sicherheit. Es sei gelungen, wieder ein "gutes Verhältnis von Freiheit und Sicherheit" herzustellen. In der Steuerpolitik habe die FDP einen Strukturwechsel durchgesetzt. "Wir sorgen dafür, dass endlich Klarheit in der Steuerpolitik herrscht", sagte der FDP-Chef. "Der Solms-Tarif, er kommt", sagte er mit Blick auf das vom FDP-Finanzexperten Hermann Otto Solms erstellten Steuerkonzept der FDP.
[…] "Wir haben ein Herz für die kleinen Leute", sagte er. Westerwelle betonte zugleich, dass bei den von seiner Partei verlangten Verbesserungen für den Mittelstand "nahezu alles" in den Koalitionsverhandlungen mit der Union habe durchgesetzt werden können. Auch in der Bildungs- und Bürgerrechtspolitik habe die FDP viel erreicht. Zugleich betonte Westerwelle, seine Partei wolle in der neuen Regierung auf Einsparungen drängen. "Wir sagen der Steuergeldverschwendung jetzt in den Haushaltsberatungen den Kampf an", sagte er. Nach Überzeugung der Liberalen müsse der Staat zuerst sämtliche eigene Ausgaben auf den Prüfstand stellen, anstatt die Bürger durch immer neue Steuererhöhungen zur Kasse zu bitten. "Wer sparen will, der fängt bei sich selber an", sagte der FDP-Chef.
(Sueddeutsche.de 25.10.2009)



Es ist durchaus bemerkenswert über wie wenig Menschenkenntnis Westerwelle verfügt.
Daß er nach dem für die CSU demütigenden Bundestagswahlergebnis triumphierend um den angeschossenen Bayerischen Bär herum Jubeltänze aufführte, mußte Seehofers Rachegelüste anfachen.
Jeder einigermaßen versierte Politbeobachter weiß, daß Seehofer extrem nachtragend ist und mit Genuß diejenigen malträtiert, die sich ihm nicht total unterordnen.
Nur Guido trampelte wie ein Elefant auf Speed auf den Nerven des CSU-Chefs herum.

Für jeden, außer Westerwelle, war allerdings schon damals ersichtlich, was die Guido-Horst-Angela-Verbindung taugen würde.

"Das ist ein Klientel-Bedienungsgesetz und kein Wachstumsbeschleunigungsgesetz"
(Renate Künast)

"Dieser Haushalt drückt eines aus: Nicht Wort gehalten, sondern Hand aufgehalten."
(Künast Mitte Januar 2010 zu den bisherigen Leistungen von Schwarz-Gelb)

"Sind wir wieder zurück in der Bimbesrepublik?"
(Steinmeier zum selben Thema)


Nach zwei Jahren und der Erkenntnis, daß jedes Versprochen gebrochen wurde, kann man das damalige Triumphgeheule der FDP nur noch als ausgesprochen gespenstisch empfinden.

Eine derart inkohärente Politik eignet sich allerdings hervorragend für eine koalitionsinterne Strategie der Nadelstiche, um Guido fertig zu machen.

Das besorgte Horts Truppe aus dem fernen Bayern.
Schon bald brachten die „CSU-Wildsäue“ die „FDP-Gurkentruppe“ zur Weißglut.

Seehofer ist der Nero der Union. Eher fackelt er den ganzen Laden ab, als daß er der verhassten FDP den kleinsten gemeinsamen Erfolg gönnt.

Der CSU-Chef erschiene als „wankelmütiger Willkürherrscher, als einer, der gern mit Menschen spielt, unberechenbar und verantwortungslos. […] Zigfach ist belegt, dass Horst Seehofer mit seinen häufig wechselnden Positionen die Politik der Bundesregierung, ja sogar die seiner eigenen CSU-Landesgruppe, immer wieder chaotisiert."
(Zeit 20.08.2010)

Politische Inhalte sind ihm dabei völlig egal; er deckt ohnehin das Spektrum von ganz rechts bis Linksaußen ab - je nachdem was gerade besser ankommt.

Als es so schien als ob der selbstverliebte Schummel-Doc aus Connecticut sein Politcomeback allzu sehr versemmelte, drosch Seehofer auf den Freiherrn ein.
Vor einem Monat noch brach Horst den Stab über den Lügenbaron, den er zuvor wie kein anderer bejubelt und gefördert hatte, der Mann sei „seine Erfindung“ hieß es noch vor sechs Monaten.
Im November 2011 folgte die radikale Kehrtwende.

Er reagierte mit scharfer Kritik auf Guttenbergs Schelte am Zustand der CSU. "Völlig daneben" sei die Zustandsbeschreibung, sagte der CSU-Chef damals, nachdem der Ex-Minister in einem Interview die Partei geschmäht hatte. "Es ist kein guter Stil, wenn alles und jeder herabgesetzt wird, um selbst erhöht zu werden", kritisierte Seehofer damals. Guttenberg hatte der CSU in der Wochenzeitung "Die Zeit" unter anderem den Status als Volkspartei abgesprochen und in dem Zusammenhang von einer "Verhöhnung früherer Träume" gesprochen. Auch die Arbeit der Bundesregierung hatte der inzwischen in den USA lebende Politiker krisitiert. Dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" hatte Seehofer daraufhin gesagt: "Wenn Karl-Theodor zu Guttenberg die Regierung wegen der Euro-Rettung kritisiert, darf ich ihn daran erinnern, dass er bis vor acht Monaten als Bundesminister Teil dieser Regierung war und diese Maßnahmen mit vertreten hat." Das gelte auch für Guttenbergs Parteienschelte: "Wenn er jetzt den Kurs der CSU kritisiert, darf ich ihn daran erinnern, dass er bis vor acht Monaten Bezirksvorsitzender dieser CSU war, das ist eines der höchsten Ämter, die diese Partei zu vergeben hat."
(FTD.de 30.12.2011)

Inzwischen hat Seehofer aber vernommen, daß die Kulmbacher CSU nach wie vor zum verlogenen Plagiator hält und vollzog erneut eine radikale 180°-Kehrtwende.
Heute legte er all seinen Honig in die Stimme und umschmeichelte den 600 Millionen Euro schweren Adeligen, als ob er direkt rektal eindringen wollte.

"Ich werde mich im Jahr 2012 sehr darum bemühen, dass wir zu gegebener Zeit den Karl-Theodor wieder auch für eine aktive Rolle in der CSU gewinnen", sagte Seehofer in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.
(Mike Szymanski 30.12.11)

Das solle aber nicht über öffentliche Kanäle, sondern in persönlichen Gesprächen erfolgen. "Ich glaube, es wird auch gelingen, ihn wieder zu gewinnen."
Guttenberg sei ein "sehr, sehr fähiger Politiker", lobte der CSU-Chef.
(dpa 30.12.11)

Guttenberg ist im Moment zu schwach, um Seehofer zu gefährden. Also spielt Seehofer gönnerhaft mit ihm. Die Causa ist noch nicht ausgestanden.

Westerwelle hingegen, ist inzwischen erledigt und dürfte seinen Platz als Trophäe in Seehofers berüchtigtem Hobbykeller gefunden haben.

Aber so lange noch ein Funken Leben in der Rest-FDP ist, wird der CSU-Obermufti nicht ruhen.
Er will die einstmals „Liberalen“ allgemein von der politischen Landschaft tilgen und insbesondere aus seiner Bayerischen Staatsregierung eliminieren.


Vom Hass getrieben, macht sich der Bayerische Ministerpräsident nun für den Nanny-Staat stark.
Hauptsache die FDP wird zur Weißglut getrieben.
Dafür überholt er auch gerne die Linkspartei links.
Die CSU will Selbstständige dazu zwingen in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Eine Forderung, die für die überwiegende Anzahl der Klein- und Kleinstunternehmer, wie Kioskbetreiber oder PC-Serviceanbieter unbezahlbar sein dürfte.

Die CSU will Selbständige bei der Bekämpfung der Altersarmut stärker in die Verantwortung nehmen. Die Christsozialen planen auf ihrer Winterklausur im oberbayerischen Wildbad Kreuth einen Vorstoß, Freiberufler dazu zu verpflichten, finanziell für den Ruhestand vorzusorgen.
[…] In der Beschlussvorlage für das Treffen der Bundestagsabgeordneten, die der SZ vorliegt, heißt es wörtlich: 'Für Selbständige soll eine Pflicht zur Altersvorsorge eingeführt werden.'
[…] Geht es nach Hasselfeldt, sollen noch 2012 die Voraussetzungen für eine Pflicht zur Altersvorsorge geschaffen werden. 'Ich würde mir wünschen, dass diese zum Jahr 2013 in Kraft tritt', sagte die Landesgruppenchefin.
[…] Der Vorstoß der CSU dürfte für weitere Spannungen in der Berliner Koalition sorgen. Im Zuge des so genannten Renten-Dialogs diskutiert die Politik seit längerem mit Verbänden und Experten über die Zukunft der Altersvorsorge. Die Fachleute zeigten sich bislang skeptisch, dass eine Versicherungspflicht rasch umgesetzt werden könne. Große Widerstände gibt es bislang beim Koalitionspartner FDP, die Liberalen wollen keine weiteren Vorschriften für Selbständige.
(Mike Szymanski 29.12.11)

Das neoliberale SZ-Aushängeschild Marc Beise kann es kaum glauben.

Da fordert Horst Seehofers Truppe in ihrem Bemühen, rechtzeitig vor der nächsten Wahl sozialer als die Linkspartei rüberzukommen, tatsächlich eine Pflicht-Rentenversicherung für Selbständige. Das ist bemerkenswert für eine Partei, die vorgibt, im Mittelstand verankert zu sein - und gibt den Liberalen die Chance, sich abzugrenzen.
[…] Es macht gerade den Charakter der Selbständigkeit aus, sich selbst zu organisieren, vorauszuschauen, Verantwortung zu übernehmen. Der mündige Wirtschaftsbürger kümmert sich selbst um sein Geschäft, sein Büro, sein Auto, seine Arbeitsmittel - und natürlich auch um seine finanzielle Ausstattung. Das macht ihn frei, aber auch verletzlich. Fehler rächen sich, auch das gehört zur Eigenverantwortung.
Sozialdemokraten, Linke und manche Grüne aber trauen den Menschen wenig zu, und dem Staat viel. Ordnungspolitiker sehen es umgekehrt. Auch die CSU hat die Wahl. Sie kann entscheiden, in welches Lager sie gehören will.
(Süddeutsche Zeitung, 30. Dezember 2011)

Das wird noch ein lustiges 2012.

Wir können uns auf Streit in Merkels Koalition freuen.

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