Sonntag, 24. April 2011
Traditionsbruch.
Die obersten Diplomaten fühlen sich stets als Elite der Regierung.
Das liegt in der Natur der Sache. Es geht um das Renommee der Nation; nach Außen will man sich im besten Licht präsentieren. Schon in vordemokratischer Zeit gab es im „Reichsamt für Auswärtiges des Deutschen Reiches“ große Namen wie 1885-1890 Herbert von Bismarck (der Sohn des Reichskanzlers Otto Fürst von Bismarck) und 1897-1900 Bernhard Fürst von Bülow (späterer Reichskanzler).
In der Weimarer Republik wurden ebenfalls ganz Große zu Außenministern, so der im Amt ermordete Schriftsteller Walter Rathenau und der Reichskanzler Gustav Stresemann.
Die Bundesrepublik Deutschland stellt seit 60 Jahren Außenminister. Klammert man Helmut Schmidt aus, der nach Genschers Verrat auch zwei Wochen als Außenminister amtierte, haben wir nur zehn verschiedene Namen in der Liste.
Konrad Adenauer (1951 -1955), Heinrich von Brentano (1955 - 1961), Gerhard Schröder (1961- 1966), Willy Brandt (1966 -1969), Walter Scheel (1969 -1974) Hans-Dietrich Genscher (1974 -1982) Helmut Schmidt (17. September 1982 1. Oktober 1982) Hans-Dietrich Genscher (1982 - 1992), Klaus Kinkel ( 1992 -1998) Joschka Fischer (1998 - 2005) Frank-Walter Steinmeier (2005 -2009)
Keiner von ihnen hat seine Sache richtig schlecht gemacht, keiner schied aufgrund von Skandalen oder Unfähigkeit aus dem Amt.
Im Gegenteil; Adenauer, Schmidt und Brandt waren Kanzler, Steinmeier Kanzlerkandidat, Schröder Präsidentschaftskandidat und Scheel wurde Bundespräsident.
Mit von Brentano, der das Amt zwar nicht besonders prägte, wurde immerhin der erste Schwule (von dem man es weiß) Außenminister.
Bei diesen alles in allem großen Namen werden zwei, Genscher und Kinkel, in der Regel zu positiv bewertet.
Genscher war nicht vertrauenswürdig und machte zum Beispiel bei der verfrühten diplomatischen Anerkennung Kroatiens schwere Fehler.
Kinkel, der sehr jähzornig sein kann, manövrierte sich mit Brüllanfallen in Israel, wenn er sich nicht genügend gewürdigt fühlte, ins Abseits. Außenpolitische Initiativen sind von ihm kaum in Erinnerung.
Joschka Fischer hingegen wird nach meiner Ansicht nicht genügend gewürdigt.
In der linken Szene ist er wegen des Kosovokrieges und Hartz-IV eine Hassfigur.
Ich glaube aber, daß er den GRÜNEN den größten Dienst überhaupt erweisen hat, indem er die Partei bis in alle Gesellschaftsschichten Regierungstauglichkeit erwies.
Zudem ist sein extremes Engagement im Israel-Palästina-Konflikt und gegen den Irakkrieg ein riesengroßes Plus, das er dem deutschen Ansehen in aller Welt erwirtschaftet hat.
Dabei schaffte er das Kunststück trotz deutlicher Worte Niemanden zu verärgern. Die US-Außenministerin Albright wurde eine enge Freundin und Geschäftspartnerin und eine amerikanische Professur gab es dazu.
Tja....
Der ein oder andere wird schon ahnen, worauf ich hinaus will: Nach all den großen Namen war die Fallhöhe im Außenamt gewaltig.
Aber daß jemand so sagenhaft abstürzen könnte wie Guido Westerwelle, für den sich das ganze diplomatische Corps nicht nur schämt, sondern das auch noch öffentlich sagt, konnte sich kaum jemand vorstellen.
Im neuen SPIEGEL muß der einstige Genscher-Berater und Politikwissenschaftler Prof. Christian Hacke (68), der in Hamburg, Potsdam und Bonn lehrte, sogar einen Nazivergleich bemühen.
Für den gegenwärtigen Amtsinhaber hat er nur kalte Verachtung übrig. "Gucken Sie sich die Außenminister von Adenauer über Brentano bis zu Fischer und Steinmeier an", sagt er. "Das waren solide, kenntnisreiche Männer, die das Kerngeschäft der Diplomatie beherrschten: Deutschlands Ansehen zu mehren und seine Interessen in der Welt zu vertreten." Dem Außenminister Westerwelle dagegen attestiert der Professor, der ein Vertrauter Hans-Dietrich Genschers war, einen "neudeutschen Wilhelminismus", der sich vor allem in der Enthaltung bei der Libyen-Resolution des Uno-Sicherheitsrats gezeigt habe. Westerwelle agiere zugleich selbstgerecht auftrumpfend und feige wegduckend. "Er ist der bornierteste Außenminister seit von Ribbentrop." Das ist ein ungeheurer Vorwurf. Joachim von Ribbentrop war von 1938 bis 1945 Hitlers Außenminister. Die Konsequenz ist für Hacke klar: "Westerwelle muss weg, weil er die deutschen Interessen nicht mehr angemessen vertreten kann. Und weil man sich für ihn mitschämen muss."
(SPIEGEL, 23.04.2011)
Anders als beispielsweise der „Berliner Kurier“ verfälschend behauptet,
Vergleich mit Nazi-Schergen:
"Westerwelle ist wie Ribbentrop"
Genscher-Berater Hacke fordert Rücktritt als Außenminister
(Berlinonline.de)
drückt der Verfasser eines Standartlehrbuchs zur Außenpolitik nicht aus, daß Westerwelle sei WIE Ribbentrop, sondern nur, daß SEIT Ribbentrop keiner so borniert gewesen wäre.
Es ist also nur ein indirekter Vergleich, der auch zutreffend ist: Keiner der Amtsinhaber zwischen 1955 - 2009 war so borniert wie Westerwelle.
Die Verwendung des Wortes „borniert“ drängt sich beim Noch-FDP-Chef geradezu auf.
„Beschränktheit oder Begrenztheit mit Einbildung vereint und kann sich auf Personen oder (seltener) Sachen beziehen; Im engeren Sinn nennt man jemanden borniert, der übermäßig von sich und seinen Ansichten überzeugt ist und andere Ansichten und Argumente ignoriert.“
(Wiktionary)
Eine Definition, die Westerwelle geradezu auf den Leib geschnitten ist.
Ein Mann mit so einem Charakter ist natürlich denkbar ungeeignet für den Job des obersten Diplomaten. Diese Einsicht teilen nach Ansicht von SPIEGEL-Autor Ralf Neukirch auch Merkel und Westerwelles Beamte.
Im Auswärtigen Amt und unter ausländischen Diplomaten in Deutschland gilt Westerwelle als gescheitert. Auch im Kanzleramt sieht man das ähnlich. Kaum jemand versteht, dass er noch bis zum Ende der Legislaturperiode in der Regierung bleiben soll. Westerwelle hat seit seinem Amtsbeginn im Oktober 2009 nicht Tritt gefasst als Deutschlands Chefdiplomat. Anfangs zeigte er ein fast demonstratives Desinteresse für die neue Aufgabe. Dann erweckte er den Eindruck, er besetze seine Delegationen nach privaten und parteipolitischen Vorlieben. Zuletzt traf er im Libyen-Konflikt Entscheidungen, die Deutschland außenpolitisch isoliert und die Koalition gespalten haben. Kein anderer bundesdeutscher Außenminister war so unbeliebt wie Westerwelle.
[…] Die selbstbewussten Diplomaten leiden seit Monaten darunter, dass das Auswärtige Amt unter Westerwelle immer unwichtiger wurde. Nun müssen sie erleben, dass ihr Ministerium künftig als Austragshäusl für einen politisch Gescheiterten dienen soll. Das trifft sie tief in ihrem Selbstverständnis als Elite der Ministerialbürokratie. Egal ob auf diplomatischen Empfängen, bei Auslandsreisen oder zufälligen Begegnungen - die meist so zurückhaltenden Mitarbeiter des Auswärtigen Amts halten sich mit negativen Kommentaren zum Außenminister nicht zurück. "Er hat es nicht gelernt", sagt ein altgedienter Botschafter, "und er wird es auch nicht mehr lernen."
[…] Auch die Kanzlerin findet keinen Gefallen an ihrem Minister. Kurz nach Amtsantritt sagte Angela Merkel im kleinen Kreis, sie wundere sich, dass Westerwelle so wenig Freude an seinem Amt erkennen lasse. Sie hatte seither wenig Grund, ihre negative Einschätzung zu ändern. Monatelange hatte man im Kanzleramt gehofft, Westerwelle werde mit der neuen Aufgabe wachsen. Diese Hoffnung ist langsam erloschen.
(SPIEGEL, 23.04.2011)
Schon gleich zu Anfang der Schwarzgelben Regierung hatte der Mövenpickparteichef eindrucksvoll demonstriert, daß er zur Diplomatie nicht fähig ist und in seiner ganzen Borniertheit Myriaden Diplomaten vor den Kopf gestoßen.
Er habe nicht vor „sich ein paar schöne Jahre im Auswärtigem Amt zu machen“, sondern werde weiterhin auch Innenpolitik betreiben.
Zack, das saß.
Den 7.000 Mitarbeitern des AA bescheinigte der neue Chef, es sich in der Hängematte bei gemütlich zu machen. Während anderswo die „richtige“ Politik gemacht werde.
Daß die Außenpolitik einer der kompliziertesten überhaupt ist, die eine enorme Menge an Faktenwissen erfordert hatte seine Borniertheit nicht verstanden - offensichtlich bis heute nicht.
Auch off-camera ist unser Guido einfach nur eine Fehlbesetzung.
Zum Beispiel während der Afrikareise im April 2010:
Westerwelle steht in einem Besprechungsraum des Ocean Road Hospital von Daressalam und soll ein paar Worte zur Begrüßung sagen. In dem deutschen Kolonialbau hat Robert Koch vor rund hundert Jahren an Malaria geforscht. Es war für lange Zeit das einzige Krebskrankenhaus in Ostafrika.
Westerwelle könnte jetzt einiges zur interessanten Geschichte des Hospitals sagen, aber er legt ein fast aufreizendes Desinteresse an den Tag. Er habe über das Krankenhaus gelesen, sagt er und murmelt etwas von Respekt und harter Arbeit. Westerwelle weiß offenbar wenig über das Haus. Es ist heiß und schwül. Er will schnell weg. […]
Westerwelle liebt seinen Status, er schätzt es, von Staatschefs und Ministern empfangen zu werden. Leider hat man selten den Eindruck, er interessiere sich für das, was seine Aufgabe ist. […]
"Ich will mir nicht ein paar schöne Jahre im Auswärtigen Amt machen und die Welt kennenlernen", hat Westerwelle auf dem Höhepunkt des innenpolitischen Streits um Hartz IV gesagt. Ein paar schöne Jahre, das ist Westerwelles Idee von Außenpolitik. Im Auswärtigen Amt kam das nicht gut an.
Die Beamten haben registriert, dass Westerwelle sich selten länger für ein Thema interessiert. Er will nur Dinge wissen, die ihm über das nächste Gespräch, die nächste Pressekonferenz hinweghelfen: Wo sind Streitpunkte, was ist die deutsche Position, die offensichtlichen Fragen eben. Im Amt heißt es, dass er auf dem Flug nach Peking im Januar zum zuständigen Referenten gesagt habe: "Sie haben sieben Minuten Zeit, mir China zu erklären."
(Der Spiegel, 12.04.2010)
China ist für den Mövenpickparteichef ein unwichtiges Land mit nur 1,3 Milliarden Menschen, einer gerade mal 6000 Jahren alten Geschichte.
Es ist ja auch nur eine Atommacht, eine UN-Sicherheitsrat-Vetomacht und der Exportweltmeister.
Guido, der Desinteressierte, fand aber doch wenigstens ein Thema, für das er sich in der Außenpolitik stark machte: Waffenhandel.
Seit die Christin Merkel im Kanzleramt sitzt, exportiert Deutschland mehr Waffen denn je.
Kein Krisengebiet der Erde, in dem nicht mit deutschem Knowhow gemordet wird. Deutschlands Weltmarktanteil am Waffenhandel wurde in den vergangenen fünf Jahren von sechs auf elf Prozent getseigert.
Außenminister Guido Westerwelle hat es getan, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle auch und der inzwischen zurückgetretene Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sowieso. Sie alle haben im Ausland Werbung für die deutsche Rüstungsindustrie gemacht.
[…] Rund 1,5 Billionen Dollar haben die Staaten der Welt im Jahr 2009 zusammen für ihr Militär ausgegeben, hat das anerkannte Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI) berechnet. Im Vergleich zu vor zehn Jahren sind die Militärausgaben damit um fast 50 Prozent gestiegen. Nahezu drei Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung sind direkt auf Investitionen ins Militär zurückzuführen.
(Spon 24.04.11)
Das ist Außenpolitik, die wir nicht brauchen, von einem Außenminister, den wir nicht brauchen.
Westerwelle will aber partout nicht abtreten und klammert sich fest an seinen Regierungsposten.
Man wird ihn nicht los.
Ribbentrop, nebenbei bemerkt, war auch nicht totzukriegen.
Beim Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess wurde er im Oktober 1946 zum Tod durch den Strang verurteilt. Das Urteil wurde am 16.10.1946 vollstreckt.
Ribbentrop war der erste der zehn zum Tode Verurteilten, der gehenkt wurde.
Das Genick des Verbrechers erwies sich allerdings als widerstandfähig. Zum Entsetzen der Zeugen starb er einfach nicht und mußte immer wieder auf das Schafott gehoben werden und erneut runter gestoßen werden.
Es war eine blutige und sich endlos hinziehende Angelegenheit.
(Das soll natürlich kein VERGLEICH sein, Guido soll nicht sterben.)
Das liegt in der Natur der Sache. Es geht um das Renommee der Nation; nach Außen will man sich im besten Licht präsentieren. Schon in vordemokratischer Zeit gab es im „Reichsamt für Auswärtiges des Deutschen Reiches“ große Namen wie 1885-1890 Herbert von Bismarck (der Sohn des Reichskanzlers Otto Fürst von Bismarck) und 1897-1900 Bernhard Fürst von Bülow (späterer Reichskanzler).
In der Weimarer Republik wurden ebenfalls ganz Große zu Außenministern, so der im Amt ermordete Schriftsteller Walter Rathenau und der Reichskanzler Gustav Stresemann.
Die Bundesrepublik Deutschland stellt seit 60 Jahren Außenminister. Klammert man Helmut Schmidt aus, der nach Genschers Verrat auch zwei Wochen als Außenminister amtierte, haben wir nur zehn verschiedene Namen in der Liste.
Konrad Adenauer (1951 -1955), Heinrich von Brentano (1955 - 1961), Gerhard Schröder (1961- 1966), Willy Brandt (1966 -1969), Walter Scheel (1969 -1974) Hans-Dietrich Genscher (1974 -1982) Helmut Schmidt (17. September 1982 1. Oktober 1982) Hans-Dietrich Genscher (1982 - 1992), Klaus Kinkel ( 1992 -1998) Joschka Fischer (1998 - 2005) Frank-Walter Steinmeier (2005 -2009)
Keiner von ihnen hat seine Sache richtig schlecht gemacht, keiner schied aufgrund von Skandalen oder Unfähigkeit aus dem Amt.
Im Gegenteil; Adenauer, Schmidt und Brandt waren Kanzler, Steinmeier Kanzlerkandidat, Schröder Präsidentschaftskandidat und Scheel wurde Bundespräsident.
Mit von Brentano, der das Amt zwar nicht besonders prägte, wurde immerhin der erste Schwule (von dem man es weiß) Außenminister.
Bei diesen alles in allem großen Namen werden zwei, Genscher und Kinkel, in der Regel zu positiv bewertet.
Genscher war nicht vertrauenswürdig und machte zum Beispiel bei der verfrühten diplomatischen Anerkennung Kroatiens schwere Fehler.
Kinkel, der sehr jähzornig sein kann, manövrierte sich mit Brüllanfallen in Israel, wenn er sich nicht genügend gewürdigt fühlte, ins Abseits. Außenpolitische Initiativen sind von ihm kaum in Erinnerung.
Joschka Fischer hingegen wird nach meiner Ansicht nicht genügend gewürdigt.
In der linken Szene ist er wegen des Kosovokrieges und Hartz-IV eine Hassfigur.
Ich glaube aber, daß er den GRÜNEN den größten Dienst überhaupt erweisen hat, indem er die Partei bis in alle Gesellschaftsschichten Regierungstauglichkeit erwies.
Zudem ist sein extremes Engagement im Israel-Palästina-Konflikt und gegen den Irakkrieg ein riesengroßes Plus, das er dem deutschen Ansehen in aller Welt erwirtschaftet hat.
Dabei schaffte er das Kunststück trotz deutlicher Worte Niemanden zu verärgern. Die US-Außenministerin Albright wurde eine enge Freundin und Geschäftspartnerin und eine amerikanische Professur gab es dazu.
Tja....
Der ein oder andere wird schon ahnen, worauf ich hinaus will: Nach all den großen Namen war die Fallhöhe im Außenamt gewaltig.
Aber daß jemand so sagenhaft abstürzen könnte wie Guido Westerwelle, für den sich das ganze diplomatische Corps nicht nur schämt, sondern das auch noch öffentlich sagt, konnte sich kaum jemand vorstellen.
Im neuen SPIEGEL muß der einstige Genscher-Berater und Politikwissenschaftler Prof. Christian Hacke (68), der in Hamburg, Potsdam und Bonn lehrte, sogar einen Nazivergleich bemühen.
Für den gegenwärtigen Amtsinhaber hat er nur kalte Verachtung übrig. "Gucken Sie sich die Außenminister von Adenauer über Brentano bis zu Fischer und Steinmeier an", sagt er. "Das waren solide, kenntnisreiche Männer, die das Kerngeschäft der Diplomatie beherrschten: Deutschlands Ansehen zu mehren und seine Interessen in der Welt zu vertreten." Dem Außenminister Westerwelle dagegen attestiert der Professor, der ein Vertrauter Hans-Dietrich Genschers war, einen "neudeutschen Wilhelminismus", der sich vor allem in der Enthaltung bei der Libyen-Resolution des Uno-Sicherheitsrats gezeigt habe. Westerwelle agiere zugleich selbstgerecht auftrumpfend und feige wegduckend. "Er ist der bornierteste Außenminister seit von Ribbentrop." Das ist ein ungeheurer Vorwurf. Joachim von Ribbentrop war von 1938 bis 1945 Hitlers Außenminister. Die Konsequenz ist für Hacke klar: "Westerwelle muss weg, weil er die deutschen Interessen nicht mehr angemessen vertreten kann. Und weil man sich für ihn mitschämen muss."
(SPIEGEL, 23.04.2011)
Anders als beispielsweise der „Berliner Kurier“ verfälschend behauptet,
Vergleich mit Nazi-Schergen:
"Westerwelle ist wie Ribbentrop"
Genscher-Berater Hacke fordert Rücktritt als Außenminister
(Berlinonline.de)
drückt der Verfasser eines Standartlehrbuchs zur Außenpolitik nicht aus, daß Westerwelle sei WIE Ribbentrop, sondern nur, daß SEIT Ribbentrop keiner so borniert gewesen wäre.
Es ist also nur ein indirekter Vergleich, der auch zutreffend ist: Keiner der Amtsinhaber zwischen 1955 - 2009 war so borniert wie Westerwelle.
Die Verwendung des Wortes „borniert“ drängt sich beim Noch-FDP-Chef geradezu auf.
„Beschränktheit oder Begrenztheit mit Einbildung vereint und kann sich auf Personen oder (seltener) Sachen beziehen; Im engeren Sinn nennt man jemanden borniert, der übermäßig von sich und seinen Ansichten überzeugt ist und andere Ansichten und Argumente ignoriert.“
(Wiktionary)
Eine Definition, die Westerwelle geradezu auf den Leib geschnitten ist.
Ein Mann mit so einem Charakter ist natürlich denkbar ungeeignet für den Job des obersten Diplomaten. Diese Einsicht teilen nach Ansicht von SPIEGEL-Autor Ralf Neukirch auch Merkel und Westerwelles Beamte.
Im Auswärtigen Amt und unter ausländischen Diplomaten in Deutschland gilt Westerwelle als gescheitert. Auch im Kanzleramt sieht man das ähnlich. Kaum jemand versteht, dass er noch bis zum Ende der Legislaturperiode in der Regierung bleiben soll. Westerwelle hat seit seinem Amtsbeginn im Oktober 2009 nicht Tritt gefasst als Deutschlands Chefdiplomat. Anfangs zeigte er ein fast demonstratives Desinteresse für die neue Aufgabe. Dann erweckte er den Eindruck, er besetze seine Delegationen nach privaten und parteipolitischen Vorlieben. Zuletzt traf er im Libyen-Konflikt Entscheidungen, die Deutschland außenpolitisch isoliert und die Koalition gespalten haben. Kein anderer bundesdeutscher Außenminister war so unbeliebt wie Westerwelle.
[…] Die selbstbewussten Diplomaten leiden seit Monaten darunter, dass das Auswärtige Amt unter Westerwelle immer unwichtiger wurde. Nun müssen sie erleben, dass ihr Ministerium künftig als Austragshäusl für einen politisch Gescheiterten dienen soll. Das trifft sie tief in ihrem Selbstverständnis als Elite der Ministerialbürokratie. Egal ob auf diplomatischen Empfängen, bei Auslandsreisen oder zufälligen Begegnungen - die meist so zurückhaltenden Mitarbeiter des Auswärtigen Amts halten sich mit negativen Kommentaren zum Außenminister nicht zurück. "Er hat es nicht gelernt", sagt ein altgedienter Botschafter, "und er wird es auch nicht mehr lernen."
[…] Auch die Kanzlerin findet keinen Gefallen an ihrem Minister. Kurz nach Amtsantritt sagte Angela Merkel im kleinen Kreis, sie wundere sich, dass Westerwelle so wenig Freude an seinem Amt erkennen lasse. Sie hatte seither wenig Grund, ihre negative Einschätzung zu ändern. Monatelange hatte man im Kanzleramt gehofft, Westerwelle werde mit der neuen Aufgabe wachsen. Diese Hoffnung ist langsam erloschen.
(SPIEGEL, 23.04.2011)
Schon gleich zu Anfang der Schwarzgelben Regierung hatte der Mövenpickparteichef eindrucksvoll demonstriert, daß er zur Diplomatie nicht fähig ist und in seiner ganzen Borniertheit Myriaden Diplomaten vor den Kopf gestoßen.
Er habe nicht vor „sich ein paar schöne Jahre im Auswärtigem Amt zu machen“, sondern werde weiterhin auch Innenpolitik betreiben.
Zack, das saß.
Den 7.000 Mitarbeitern des AA bescheinigte der neue Chef, es sich in der Hängematte bei gemütlich zu machen. Während anderswo die „richtige“ Politik gemacht werde.
Daß die Außenpolitik einer der kompliziertesten überhaupt ist, die eine enorme Menge an Faktenwissen erfordert hatte seine Borniertheit nicht verstanden - offensichtlich bis heute nicht.
Auch off-camera ist unser Guido einfach nur eine Fehlbesetzung.
Zum Beispiel während der Afrikareise im April 2010:
Westerwelle steht in einem Besprechungsraum des Ocean Road Hospital von Daressalam und soll ein paar Worte zur Begrüßung sagen. In dem deutschen Kolonialbau hat Robert Koch vor rund hundert Jahren an Malaria geforscht. Es war für lange Zeit das einzige Krebskrankenhaus in Ostafrika.
Westerwelle könnte jetzt einiges zur interessanten Geschichte des Hospitals sagen, aber er legt ein fast aufreizendes Desinteresse an den Tag. Er habe über das Krankenhaus gelesen, sagt er und murmelt etwas von Respekt und harter Arbeit. Westerwelle weiß offenbar wenig über das Haus. Es ist heiß und schwül. Er will schnell weg. […]
Westerwelle liebt seinen Status, er schätzt es, von Staatschefs und Ministern empfangen zu werden. Leider hat man selten den Eindruck, er interessiere sich für das, was seine Aufgabe ist. […]
"Ich will mir nicht ein paar schöne Jahre im Auswärtigen Amt machen und die Welt kennenlernen", hat Westerwelle auf dem Höhepunkt des innenpolitischen Streits um Hartz IV gesagt. Ein paar schöne Jahre, das ist Westerwelles Idee von Außenpolitik. Im Auswärtigen Amt kam das nicht gut an.
Die Beamten haben registriert, dass Westerwelle sich selten länger für ein Thema interessiert. Er will nur Dinge wissen, die ihm über das nächste Gespräch, die nächste Pressekonferenz hinweghelfen: Wo sind Streitpunkte, was ist die deutsche Position, die offensichtlichen Fragen eben. Im Amt heißt es, dass er auf dem Flug nach Peking im Januar zum zuständigen Referenten gesagt habe: "Sie haben sieben Minuten Zeit, mir China zu erklären."
(Der Spiegel, 12.04.2010)
China ist für den Mövenpickparteichef ein unwichtiges Land mit nur 1,3 Milliarden Menschen, einer gerade mal 6000 Jahren alten Geschichte.
Es ist ja auch nur eine Atommacht, eine UN-Sicherheitsrat-Vetomacht und der Exportweltmeister.
Guido, der Desinteressierte, fand aber doch wenigstens ein Thema, für das er sich in der Außenpolitik stark machte: Waffenhandel.
Seit die Christin Merkel im Kanzleramt sitzt, exportiert Deutschland mehr Waffen denn je.
Kein Krisengebiet der Erde, in dem nicht mit deutschem Knowhow gemordet wird. Deutschlands Weltmarktanteil am Waffenhandel wurde in den vergangenen fünf Jahren von sechs auf elf Prozent getseigert.
Außenminister Guido Westerwelle hat es getan, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle auch und der inzwischen zurückgetretene Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sowieso. Sie alle haben im Ausland Werbung für die deutsche Rüstungsindustrie gemacht.
[…] Rund 1,5 Billionen Dollar haben die Staaten der Welt im Jahr 2009 zusammen für ihr Militär ausgegeben, hat das anerkannte Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI) berechnet. Im Vergleich zu vor zehn Jahren sind die Militärausgaben damit um fast 50 Prozent gestiegen. Nahezu drei Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung sind direkt auf Investitionen ins Militär zurückzuführen.
(Spon 24.04.11)
Das ist Außenpolitik, die wir nicht brauchen, von einem Außenminister, den wir nicht brauchen.
Westerwelle will aber partout nicht abtreten und klammert sich fest an seinen Regierungsposten.
Man wird ihn nicht los.
Ribbentrop, nebenbei bemerkt, war auch nicht totzukriegen.
Beim Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess wurde er im Oktober 1946 zum Tod durch den Strang verurteilt. Das Urteil wurde am 16.10.1946 vollstreckt.
Ribbentrop war der erste der zehn zum Tode Verurteilten, der gehenkt wurde.
Das Genick des Verbrechers erwies sich allerdings als widerstandfähig. Zum Entsetzen der Zeugen starb er einfach nicht und mußte immer wieder auf das Schafott gehoben werden und erneut runter gestoßen werden.
Es war eine blutige und sich endlos hinziehende Angelegenheit.
(Das soll natürlich kein VERGLEICH sein, Guido soll nicht sterben.)
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9 Kommentare:
In seinem Spielzimmer, beschäftigt er sich lange mit der Welt.
Ich bin nicht sicher, ob Borniertheit genau trifft, was Guido ausmacht. Man könnte ihn "beinahe" dafür halten. Ich meine, er ist einfach eingebildet. Und Orientierung an Anderen, ist ihm zuwider. Darum bekommt er nur das Nötigste hin. Und für einen AM, reicht das einfach nicht. Es ist schon eine Plage mit ihm.
Übrigens sehr interessante Info über WW. 7 Minuten für China. Da kann man echt nur mit dem Kopf schütteln. Für WW reicht ein Wort. Schwachkopf!
Homer, da muß ich widersprechen.
Ein Schwachkopf kann auch jemand sein, der einfach zufällig doof ist und nicht mit viel Intelligenz geboren wurde.
Ein Schwachkopf kann aber dennoch ganz nett sein.
Guido ist aber ein UNSYMPATH.
Der hat zusätzlich zu seinen geistigen Unzulänglichkeiten einfach eine abstoßende Persönlichkeit.
Auch wenn der ein guter Minister WÄRE, würden sich mir die Fußbnägel bei dem Typ hochbiegen.
Insofern passt es ja dann doch gut zusammen: Er ist ein widerlicher Arsch und dazu auch noch unfähig!
LGT
Ja du hast Recht, er ist unsympathisch. Selbst formelle Freundlichkeit wirkt bei dem abgerungen. Demnach kann man ihn sicher auch einen widerlichen Arsch nennen.
Ich wollte meinen eigenen Arsch aber nicht beleidigen. Der ist schon auch etwas widerlich aber immerhin noch für was nütze!
ausser kosovokrieg, hartz-IV u.a.m. ...
.... hat sich realo-sponti joseph fischer, um auf den gut dotierten warmen sesseln als bundestagsabgeordneter... parlamentarischer geschäftsführer der grünen... staatsminister für umwelt und energie (hessen)... abgeordneter im hessischen landtag und - als krönung - den des aussenmisters platz nehmen zu können, unserer tollen atomwirtschaft immer (sowohl heimlich wie halb offiziös) zugestimmt, sie wachsen und gedeihen lassen...
horrormässig nachzulesen und akribisch belegt in: jutta ditfurth, "das waren die grünen (2000)
ja, unser rebellischer grünen-held, der metzgersohn fischer, hat unserer gesellschaft einen weissgott strahlenden dienst erwiesen.
@satirgay: Ja Fischer war einer (DER!)von den Realo-Grünen. Was aber nichts anderes war, als der Ausverkauf alternativer Grundsätze. Für Realos ist Politik Anpassung. Politik aber braucht Visionen und manchmal auch die Vorgabe einer Richtung.
Man muss ja nicht gleich alles abreißen. Aber immer nur Zugeständnisse sind einfach falsch. Joschka hat die Grünen irgendwie zu rund gemacht. Ihm hat es ja genutzt. Und da, sehe ich den Realo Grund für seine Standpunkte.
@satirgay, Homer, sorry, aber Frau Dithfurth ist eine Quelle, der ich absolut nicht traue.
Wenn die Kameras abgeschaltet sind, geht sie in den Frankfurter Hof und scheucht da arrogant die kellner umher, um sich die teuersten Kaviarsorten servieren zu lassen.
Ich glaube dennoch, daß man Joschka Unrecht tut, weil inzwischen schon wieder vergessen ist, was das damals für ein ungeheuerlicher Skandal war, daß er überhaupt von Börner zum Minister gemacht wurde.
Die CDU hätte am liebsten die GSG9 eingesetzt und dieser extreme antigrüne Reflex dauerte noch lange an. Man erinnere sich nur daran, als Trittin einmal gesagt hatte aus ökologischen Gründen wäre es sinnvoll, wenn der Liter Benzin 5 DM kostete.
Da sind die Wähler Amok gelaufen. Obwohl Trittin zweifellos Recht hatte. Wenn damals die 5DM gekommen wären, hätten wir jetzt schon längst das Dreiliter- oder Einliter-Auto und Deutschland wäre Weltmarktführer.
Es brauchte enorm viel Geduld, um die Wähler überhaupt an „grün“ zu gewöhnen und da hat Fischer einen riesigen Dienst erwiesen.
Ohne die erwiesene Regierungstauglichkeit der Grünen in der Bundesregierung ab 1998, würde nämlich überhaupt kein ökologisches und bürgerrechtliches Bewußtsein in Deutschland eingezogen sein. Nur so konnte letztendlich die Entkriminalisierung von Prostitution, die Homoehe, Heroin für Schwerstabhängige, etc durchgesetzt werden.
Daß Joschka mit seiner Politik Linken auf die Füße trat, die ihn jetzt verteufeln, halte ich geradezu für den Beleg der Richtigkeit seiner Politik. Sonst wäre es nie in konservativen Ländern wie BW zu RotGrün gekommen und Atommmappus würde da immer noch regieren.
LGT
@TAMMOX: Diese Sichtweise ist mir irgendwie fremd. Joschka ist nicht die Grünen. Und ökologisches Bewußtsein, ist ja bei jedem Menschen vorhanden. Man muss es nur auch aktivieren.
Bei den AKW, könnte man jetzt darauf verweisen, was ein Unfall für wirtschaftlcihe Folgen hätte. Damit könnte man selbst die Bonzen umstimmen. Die sehen doch, was das in Japan kostet und was das für deren VWS bedeutet.
Klar hat Joschka gezeigt, dass Grüne eben auch zur handelsüblichen Politik fähig sind. Aber es ist eben diese handelsübliche Politik, die uns nicht vorwärtskommen lässt. Wir hätten die Meiler längst weg, wenn man nicht immer wieder auf die Konzerne zugehen würde. Die wollen nur Profite machen. Die haben kein Interesse an der Natur und unserer Sicherheit. Da MUSS man eine Ansage machen.
Zum Glück, kaben das jetzt alle kapiert. Und nur deshalb ändert sich was. Joschka hat dazu nicht wirklich beigetragen. Die Leute hatten immer Bedenken. Der Protest ging früh genug los.
Und denke auch an die abgesägten Bäume vor Häusern in deiner Strasse. Das grüne Herz schlägt nicht überall. Man muss es immer wieder wecken.
lieber, verehrter tammox, "kaviar" fressen ist für mich kein ARGUMENT. so'ne argumentation ist, unabhängig davon wer das wann belegt hat (waren SIE dabei?), eines tammox nicht würdig.
ich pflege auch argumente (oder was immer das ist) der gegenseite (zumindest) zu lesen. und sollte das nicht gerade auch ein "rechercheur" machen.
lesen sie dieses buch, abgesehen vom inhalt - es liest sich runter wie butter - die ditfurth BELEGT/DOKUMENTIERT darin (nahezu) jede ihrer aussagen... und dann unterhalten wir uns weiter über herrn joseph fischer (und die herren trittin, cohn-bendit, die gottgläubige frau vollmer....)
und wie homer simpson sagt: fischer ist nicht "die grünen", die darf man trotzdem wählen...
herzlichst
@ Solche Pestigkeiten wie über Dithfurth rutschen mir üblicherweise NICHT heraus.
Sorry.
Es stimmt auch, daß das kein Argument ist.
(Tatsächlich WAR ICH aber dabei und dachte mir fallen die Augen raus, wie die Frau sich da aufgeführt hat. Einen Pelzmantel trug sie auch.)
Aber davon mal abgesehen, hätte uns eine Grünen-Führung unter Frau Dithfurth mit Sicherheit keine grüne Beteiligung an der Bundesregierung gebracht.
Denn was wirklich richtig und grün und ökologisch ist, ist nur die eine Seite der Medaille. Das nützt aber alles nichts, wenn niemand die Partei wählt und es keine Mehrheiten gibt.
Man muß eben eine Majorität ansprechen, sonst bleiben die höchsten Ziele nur Ziele und keine Ergebnisse. Natürlich wurde von 1998-2004 bei weitem keine so grüne Politik gemacht, wie ich sie mir gewünscht hätte.
Dennoch ist das sehr viel besser als eine schwarzgelbe Regierung gewesen. Es gab ja abgesehen von Hartz und Kosovo eine Menge weitreichender Guter und richtiger Entscheidungen in der rot-grünen Zeit, die es mit einem CDU-Kanzler nie gegeben hätte.
http://tammox.blogspot.com/2009/08/wahlempfehlung.html
Viele haben schon vergessen, wie CDU und FDP abgekotzt haben, bei all den Sachen, die Schröder durchgesetzt hat - Zwangsarbeiterentschädigung, Homoehe, Prostitutionslegalisierung - um nur ein paar zu nennen. In anderen Bereichen, wie dem Staatsbürgerschaftsrecht waren sie auf sehr guten Wege, sind aber vom Wähler, der 1999 gleich den schwarzen Bremsklotz Roland Koch in den Bundesrat geschickt hat, gestoppt worden.
Ich nehme da lieber den Spatz in der Hand.
Hinzu kommt, daß Joschka Außenminister war und die Außenpolitik fand ich GUT.
LGT
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