Donnerstag, 21. April 2011
Lass das nicht die Merkel machen….
Es war doch ganz klug von Guido und Angie den K.O.alitionsvertrag vom Oktober 2009 mit lauter vagen Prüfaufträgen und einzusetzenden Kommissionen zu spicken.
Natürlich - noch schöner wäre es gewesen, man hätte sich auf konkrete politische Ziele verständigen können, aber das war ob der programmatischen Nulllinie der bürgerlichen Wahlprogramme schlicht unmöglich.
Weder CDU noch CSU noch FDP hatten sich Gedanken darüber gemacht, wie es politisch von 2009 - 2013 laufen sollte.
Eine sinnvolle Strategie, denn die SPD, die mit Steinmeiers konkretem und anspruchsvollen „Deutschlandplan 2009“ über beachtlichen konzeptionellen Weitblick verfügte, wurde vom Urnenpöbel schlimm abgestraft.
Schwarzgelb schrieb eigentlich nur zwei konkrete Vorhaben in den K.O.alitionsvertrag: Atomkraftverlängerung und Beibehaltung der Wehrpflicht.
Wie es im Koalitionsvertrag heißt, halten die Koalitionsparteien im Grundsatz an der allgemeinen Wehrpflicht fest. Die sicherheitspolitische Lage, Auftrag und Aufgabenspektrum der Bundeswehr habe sich seit dem Ende des kalten Krieges grundlegend gewandelt. " Diesen Veränderungen ist angemessen Rechnung zu tragen", heißt es auf Seite 124 des Papiers. "Die Koalitionsparteien halten im Grundsatz an der allgemeinen Wehrpflicht fest mit dem Ziel, die Wehrdienstzeit bis zum 1. Januar 2011 auf sechs Monate zu reduzieren."
(muensterschezeitung.de 29.10.09)
An die Programmpunkte Laufzeitverlängerung und Wehrpflichtbeibehaltung will sich die Kanzlerin inzwischen nicht mehr so gerne erinnern lassen.
Ersterer kostete die Macht in Baden-Württemberg und sorgte schon dafür, daß in dem ATOMkonzern schlechthin, EnBW, die ehemalige Grünen-Vorsitzende Gunda Röstel als Aufsichtsrätin einziehen wird.
Der zweite Punkt fällt der Kanzlerin nun auch gerade vor die Füße.
Die dreisten Lügen des Luftikus-Ministers Guttenberg hatten zwischenzeitlich von der Sacharbeit im Verteidigungsministerium abgelenkt, aber mittlerweile wird überdeutlich was für ein sagenhaftes Desaster der CSU-Baron auf der Hardthöhe angerichtet hat.
Die grandiose neue schwarzgelbe Freiwilligenarmee muß leider ohne Frewillige auskommen.
Die Jobbeschreibung „Soldat“ wirkt ungefähr so attraktiv wie Fußpilz auf Deutschlands Jugendliche:
Besonders die Umstellung auf den Freiwilligendienst macht Probleme: Er stößt auf äußerst mäßiges Interesse. Von 498.000 jungen Männern, die im März und April angeschrieben wurden, äußerten nach Angaben des Verteidigungsministeriums nur rund 1800 Interesse. Das sind nicht einmal 0,4 Prozent. Ein mickriger Wert.
[…] auch den Beamten im Bendlerblock ist klar, dass man gerade mit Blick auf die Auslandseinsätze vor einem gewaltigen Problem steht, sollte die Zahl der Freiwilligen nicht drastisch zunehmen. Wie nervös die Lage die Truppe macht, offenbarte im März ein Schreiben des Heeresinspekteurs, Generalleutnant Werner Freers, an den Generalinspekteur Volker Wieker. "Im Übergang zur neuen Struktur werden wir große Lücken im Personalkörper hinnehmen müssen, die uns langjährig begleiten und nicht auszugleichen sein werden", warnte Freers damals.
(Spon 21.04.2011)
Während der Wirtschaftsminister vom “Aufschwung XXL“ faselt und der Finanzminister über sprudelnde Steuereinnahmen jubelt, ist für die Bundeswehr kein Geld übrig.
Ein Umstand, der mir persönlich herzlich egal ist, aber da Guido und Angie tausende Bundeswehrsoldaten in Auslandseinsätze schicken, wäre es ganz nett, wenn diese dann auch mit einer gewissen Mindestausrüstung versehen wären und nicht von ihren Müttern in der Heimat Tschibo-Ferngläser und im Internet ersteigerte Splitterschutzwesten geschickt bekommen müßten.
Gerade erst hatte die größte politische Luftnummer der letzten 20 Jahre, die nebenher auch noch Außenminister ist, ob des Libyen-Debakels 300 zusätzliche deutschen Soldaten für Afghanistan zugesagt.
Der Hindukusch hat schon für manches herhalten müssen. Mal wurde hier die "uneingeschränkte Solidarität" (Gerhard Schröder) mit den USA demonstriert, später die "Sicherheit Deutschlands" (Peter Struck) verteidigt. Und ganz aktuell, so jedenfalls erfuhr es am Freitag der Bundestag von Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP), wird in Afghanistan nichts Geringeres verhindert, als "dass wir unsere Verbündeten in Libyen in Gefahr bringen". Nun sind Afghanistan und Libyen zwar sechstausend Kilometer voneinander entfernt, in der militärpolitischen Logik der schwarz-gelben Koalition aber, als deren prominentester Vertreter Westerwelle am Freitag vor dem Bundestag für die Ausweitung des Afghanistaneinsatzes warb, liegen die beiden Länder sehr nah beieinander: Deutschland beteilige sich zwar nicht an dem Krieg in Libyen, verteidigte Westerwelle erneut die Enthaltung im Sicherheitsrat. Dafür aber, quasi als Kompensation, sollten nun 300 zusätzliche Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan geschickt werden. Diese Soldaten würden in den Awacs-Aufklärungsflugzeugen über den gebirgigen Regionen Afghanistans eingesetzt, was den anderen Nato-Partnern wiederum ermögliche, ihre Soldaten verstärkt in Libyen einzusetzen. Westerwelle nannte dieses Vorgehen eine "Bündnispolitik der Vernunft".
(taz 25.03.2011)
Solange Merkel und Westerwelle weiterhin in Berlin die Bundesrepublik debakulieren, ist zu befürchten, daß es weiterhin "Bündnispolitik der Vernunft" geben wird und dafür wäre eine Bundeswehr, die sogar einsatzbereit ist, nicht ganz abwegig.
Aber wie man es schon bei dieser Regierung in der Umwelt-, Verkehrs-, Steuer-, Euro-, Wirtschafts-, Energie- und Sozialpolitik erlebt hat, wird sie auch den Bereich „Verteidigung“ schnellstmöglich zu Grunde richten.
Die Bundeswehr sei derart unterfinanziert, daß sie bald zum Erliegen käme.
Verlust der Bündnisfähigkeit, eingeschränkte Einsatzbereitschaft, Risiko für die nationale Sicherheitslage: Ein internes Gutachten aus dem Verteidigungsministerium warnt vor dramatischen Folgen, falls die Sparvorgaben für die Truppe beibehalten werden.
[…] Das Papier aus dem Ministerium ist allerdings ungewöhnlich deutlich. "Der deutsche Militärbeitrag wird weder der Rolle Deutschlands im Bündnis entsprechen, noch den nationalen Sicherheitsinteressen genügen. Diese Einschränkungen werden auf mittlere Sicht nicht reversibel sein", heißt es darin.
[…] Künftig könne die Bundeswehr nicht mehr ihre Aufgaben bei Auslandseinsätzen voll wahrnehmen. "Bei den vorgesehenen Eingriffen ins Fähigkeitsprofil wird die Unterstützung nur noch in einem Einsatzgebiet durchhaltefähig möglich sein." Auch die Einsätze der Marine gegen Piraten würden "erheblich eingeschränkt". Die Autoren des Papiers sehen auch die nationale Sicherheit gefährdet: "Mit der Verringerung des Umfangs wird die für den Heimatschutz verfügbare Truppe deutlich verkleinert. Der Verzicht auf ganze Fähigkeitsbereiche führt zu einem Kompetenzverlust, der im Falle einer sich verschlechternden Sicherheitslage in absehbarer Zeit nicht wird kompensiert werden können."
(Stern 21.04.2011)
Es wäre natürlich schön, wenn hinter der Demobilisierung der Bundeswehr die politische Strategie stünde, künftig Außenpolitik ohne militärische Mittel zu betreiben.
Ich halte das sogar theoretisch für möglich - denn all die Einsatzorte von NATO-Truppen entwickelten sich insbesondere deshalb zu Brennpunkten, weil die Politik des Westens über Dekaden schwer versagt hat und immer die übelsten Diktatoren wie Saddam im Irak, die Mudschaheddin in Afghanistan oder Gaddafi in Libyen mit Waffen ausrüstete.
Friedenspolitik wäre ja mal eine nette Abwechslung statt kaukasische, arabische und afrikanische Diktatoren mit Hightech-Kriegsspielzeug zu überhäufen.
Die Einsicht der schwarzgelben Bundesregierung in all die Fehler der Vergangenheit, die es beispielsweise im Umgang mit nordafrikanischen Potentaten gab, ist allerdings nahe Null.
Mit Begeisterung wiederholt man alles, was bisher schon schief lief. Derzeit wird der Usbekische Diktator Islam Karimow mit deutschen Steuergeldern aufgepäppelt.
Karimow, 73, der wegen erwiesener Korruption schon im Knast saß, putschte sich gegen Gorbatschow an die Macht in Taschkent und läßt sich seitdem immer mal wieder mit über 90% der Stimmen als Präsident „wählen“.
Mit den Usbeken, denen dieser Kurs nicht passt, macht Karimow kurzen Prozess.
Zuletzt ließ er im Jahr 2005 rund 600 „Aufständische“ von seinem Militär erschießen.
Die EU sprach nach dem Massaker Einreisverbote aus, kippte aber schon anderthalb Jahre später wieder um.
Kaum war Guido Westerwelle im Amt setzte die EU auf seinen Druck auch das Waffenembargo gegen Usbekistan aus:
Auf einem Gipfeltreffen in Luxemburg beschlossen die EU-Außenminister am Dienstag (27.10.2009), dieses Embargo wieder aufzuheben. Zur Begründung hieß es, die EU wolle die Verantwortlichen des Landes dazu ermutigen, weitere Schritte zur Verbesserung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zu unternehmen.
[…] Die Außenminister betonten dabei ihre auch weiterhin bestehende Sorge über die Lage der Menschenrechte in Usbekistan. Alle politischen Gefangenen und alle Menschenrechtler müssten auf freien Fuß gesetzt, die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert und Kinderarbeit verboten werden. Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen hat sich jedoch die Lage der Menschenrechte in Usbekistan eher verschlechtert. Zahlreiche Menschenrechtler und Journalisten wurden in den vergangenen Jahren festgenommen.
[…]"Damit stellt die EU der usbekischen Regierung einen Freibrief für weitere Menschenrechtsverletzungen aus", erklärte die deutsche Menschenrechtlerin Barbara Lochbihler, die für die Grünen im Europaparlament sitzt. Imke Dierßen, Zentralasien-Expertin bei amnesty international, wertete die jüngste Entscheidung als "Schlag ins Gesicht der Opfer und Überlebenden". Denn noch immer gebe es in Usbekistan Folter und Übergriffe gegen Menschenrechtler. Die EU sei regelrecht "eingeknickt" und lasse "diejenigen im Stich, die sich in Usbekistan für die Einhaltung der Menschenrechte engagieren und dabei ihre Sicherheit und ihre Freiheit aufs Spiel setzen". Auch Deutschland geriet in die Kritik. Die Bundesrepublik habe ihre "Rolle als Motor der europäisch-zentralasiatischen Beziehungen" nicht genutzt, um Usbekistan dazu zu bewegen, vier Jahre nach dem Massaker in Andischan eine unabhängige internationale Untersuchung der Ereignisse zuzulassen.
(Deutsche Welle 28.10.2009)
Westerwelle und Merkel päppeln das Karimow-Regime inzwischen ganz offiziell:
110 Angehörige der Bundeswehr tun hier ihren Dienst in einer Umgebung, die zwar friedlich, aber nicht unbedingt freundlich ist. Die deutschen Soldaten werden mürrisch geduldet, was sich der örtliche Diktator Islam Karimow freilich gut bezahlen lässt. Ein Vertrag sichert seinem Regime neuerdings eine üppige Pauschale.
Ursprünglich einmal ging es um den gemeinsamen Kampf gegen den Terror. Schon seit längerer Zeit aber raunen Insider, die Usbeken verlangten für den 2002 errichteten Stützpunkt immer ungenierter Bares. Im vergangenen Jahr bezifferte die Bundesregierung die Kosten für den Stützpunkt Termes in der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion auf 12,2 Millionen Euro im Jahr 2009.
[…] Neuerdings aber kassieren die Usbeken jährlich eine 'Ausgleichszahlung' in Höhe von 15,95 Millionen Euro. Im Januar wurde sie das erste Mal ans usbekische Finanzministerium überwiesen - rückwirkend für 2010.
'Das Regime von Karimow ist eines der brutalsten nicht nur in Zentralasien, sondern weltweit', beklagt die Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon von den Grünen. 'Wenn die Bundesregierung mit solchen Zahlungen dazu beiträgt, dieses Regime zu festigen, dann ist das ein Skandal', fügt sie hinzu.
(Süddeutsche Zeitung 21.04.2011)
Falls in Zukunft der UN-Sicherheitsrat auf die Idee käme, es müsse unbedingt eine No-Fly-Zone über Usbekistan eingerichtet werden, um Karimow davon abzuhalten seine eigenen Leute zu massakrieren, kann Guido dann ja wieder seine "Bündnispolitik der Vernunft" praktizieren.
Fragt sich nur mit welchen Soldaten.
Natürlich - noch schöner wäre es gewesen, man hätte sich auf konkrete politische Ziele verständigen können, aber das war ob der programmatischen Nulllinie der bürgerlichen Wahlprogramme schlicht unmöglich.
Weder CDU noch CSU noch FDP hatten sich Gedanken darüber gemacht, wie es politisch von 2009 - 2013 laufen sollte.
Eine sinnvolle Strategie, denn die SPD, die mit Steinmeiers konkretem und anspruchsvollen „Deutschlandplan 2009“ über beachtlichen konzeptionellen Weitblick verfügte, wurde vom Urnenpöbel schlimm abgestraft.
Schwarzgelb schrieb eigentlich nur zwei konkrete Vorhaben in den K.O.alitionsvertrag: Atomkraftverlängerung und Beibehaltung der Wehrpflicht.
Wie es im Koalitionsvertrag heißt, halten die Koalitionsparteien im Grundsatz an der allgemeinen Wehrpflicht fest. Die sicherheitspolitische Lage, Auftrag und Aufgabenspektrum der Bundeswehr habe sich seit dem Ende des kalten Krieges grundlegend gewandelt. " Diesen Veränderungen ist angemessen Rechnung zu tragen", heißt es auf Seite 124 des Papiers. "Die Koalitionsparteien halten im Grundsatz an der allgemeinen Wehrpflicht fest mit dem Ziel, die Wehrdienstzeit bis zum 1. Januar 2011 auf sechs Monate zu reduzieren."
(muensterschezeitung.de 29.10.09)
An die Programmpunkte Laufzeitverlängerung und Wehrpflichtbeibehaltung will sich die Kanzlerin inzwischen nicht mehr so gerne erinnern lassen.
Ersterer kostete die Macht in Baden-Württemberg und sorgte schon dafür, daß in dem ATOMkonzern schlechthin, EnBW, die ehemalige Grünen-Vorsitzende Gunda Röstel als Aufsichtsrätin einziehen wird.
Der zweite Punkt fällt der Kanzlerin nun auch gerade vor die Füße.
Die dreisten Lügen des Luftikus-Ministers Guttenberg hatten zwischenzeitlich von der Sacharbeit im Verteidigungsministerium abgelenkt, aber mittlerweile wird überdeutlich was für ein sagenhaftes Desaster der CSU-Baron auf der Hardthöhe angerichtet hat.
Die grandiose neue schwarzgelbe Freiwilligenarmee muß leider ohne Frewillige auskommen.
Die Jobbeschreibung „Soldat“ wirkt ungefähr so attraktiv wie Fußpilz auf Deutschlands Jugendliche:
Besonders die Umstellung auf den Freiwilligendienst macht Probleme: Er stößt auf äußerst mäßiges Interesse. Von 498.000 jungen Männern, die im März und April angeschrieben wurden, äußerten nach Angaben des Verteidigungsministeriums nur rund 1800 Interesse. Das sind nicht einmal 0,4 Prozent. Ein mickriger Wert.
[…] auch den Beamten im Bendlerblock ist klar, dass man gerade mit Blick auf die Auslandseinsätze vor einem gewaltigen Problem steht, sollte die Zahl der Freiwilligen nicht drastisch zunehmen. Wie nervös die Lage die Truppe macht, offenbarte im März ein Schreiben des Heeresinspekteurs, Generalleutnant Werner Freers, an den Generalinspekteur Volker Wieker. "Im Übergang zur neuen Struktur werden wir große Lücken im Personalkörper hinnehmen müssen, die uns langjährig begleiten und nicht auszugleichen sein werden", warnte Freers damals.
(Spon 21.04.2011)
Während der Wirtschaftsminister vom “Aufschwung XXL“ faselt und der Finanzminister über sprudelnde Steuereinnahmen jubelt, ist für die Bundeswehr kein Geld übrig.
Ein Umstand, der mir persönlich herzlich egal ist, aber da Guido und Angie tausende Bundeswehrsoldaten in Auslandseinsätze schicken, wäre es ganz nett, wenn diese dann auch mit einer gewissen Mindestausrüstung versehen wären und nicht von ihren Müttern in der Heimat Tschibo-Ferngläser und im Internet ersteigerte Splitterschutzwesten geschickt bekommen müßten.
Gerade erst hatte die größte politische Luftnummer der letzten 20 Jahre, die nebenher auch noch Außenminister ist, ob des Libyen-Debakels 300 zusätzliche deutschen Soldaten für Afghanistan zugesagt.
Der Hindukusch hat schon für manches herhalten müssen. Mal wurde hier die "uneingeschränkte Solidarität" (Gerhard Schröder) mit den USA demonstriert, später die "Sicherheit Deutschlands" (Peter Struck) verteidigt. Und ganz aktuell, so jedenfalls erfuhr es am Freitag der Bundestag von Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP), wird in Afghanistan nichts Geringeres verhindert, als "dass wir unsere Verbündeten in Libyen in Gefahr bringen". Nun sind Afghanistan und Libyen zwar sechstausend Kilometer voneinander entfernt, in der militärpolitischen Logik der schwarz-gelben Koalition aber, als deren prominentester Vertreter Westerwelle am Freitag vor dem Bundestag für die Ausweitung des Afghanistaneinsatzes warb, liegen die beiden Länder sehr nah beieinander: Deutschland beteilige sich zwar nicht an dem Krieg in Libyen, verteidigte Westerwelle erneut die Enthaltung im Sicherheitsrat. Dafür aber, quasi als Kompensation, sollten nun 300 zusätzliche Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan geschickt werden. Diese Soldaten würden in den Awacs-Aufklärungsflugzeugen über den gebirgigen Regionen Afghanistans eingesetzt, was den anderen Nato-Partnern wiederum ermögliche, ihre Soldaten verstärkt in Libyen einzusetzen. Westerwelle nannte dieses Vorgehen eine "Bündnispolitik der Vernunft".
(taz 25.03.2011)
Solange Merkel und Westerwelle weiterhin in Berlin die Bundesrepublik debakulieren, ist zu befürchten, daß es weiterhin "Bündnispolitik der Vernunft" geben wird und dafür wäre eine Bundeswehr, die sogar einsatzbereit ist, nicht ganz abwegig.
Aber wie man es schon bei dieser Regierung in der Umwelt-, Verkehrs-, Steuer-, Euro-, Wirtschafts-, Energie- und Sozialpolitik erlebt hat, wird sie auch den Bereich „Verteidigung“ schnellstmöglich zu Grunde richten.
Die Bundeswehr sei derart unterfinanziert, daß sie bald zum Erliegen käme.
Verlust der Bündnisfähigkeit, eingeschränkte Einsatzbereitschaft, Risiko für die nationale Sicherheitslage: Ein internes Gutachten aus dem Verteidigungsministerium warnt vor dramatischen Folgen, falls die Sparvorgaben für die Truppe beibehalten werden.
[…] Das Papier aus dem Ministerium ist allerdings ungewöhnlich deutlich. "Der deutsche Militärbeitrag wird weder der Rolle Deutschlands im Bündnis entsprechen, noch den nationalen Sicherheitsinteressen genügen. Diese Einschränkungen werden auf mittlere Sicht nicht reversibel sein", heißt es darin.
[…] Künftig könne die Bundeswehr nicht mehr ihre Aufgaben bei Auslandseinsätzen voll wahrnehmen. "Bei den vorgesehenen Eingriffen ins Fähigkeitsprofil wird die Unterstützung nur noch in einem Einsatzgebiet durchhaltefähig möglich sein." Auch die Einsätze der Marine gegen Piraten würden "erheblich eingeschränkt". Die Autoren des Papiers sehen auch die nationale Sicherheit gefährdet: "Mit der Verringerung des Umfangs wird die für den Heimatschutz verfügbare Truppe deutlich verkleinert. Der Verzicht auf ganze Fähigkeitsbereiche führt zu einem Kompetenzverlust, der im Falle einer sich verschlechternden Sicherheitslage in absehbarer Zeit nicht wird kompensiert werden können."
(Stern 21.04.2011)
Es wäre natürlich schön, wenn hinter der Demobilisierung der Bundeswehr die politische Strategie stünde, künftig Außenpolitik ohne militärische Mittel zu betreiben.
Ich halte das sogar theoretisch für möglich - denn all die Einsatzorte von NATO-Truppen entwickelten sich insbesondere deshalb zu Brennpunkten, weil die Politik des Westens über Dekaden schwer versagt hat und immer die übelsten Diktatoren wie Saddam im Irak, die Mudschaheddin in Afghanistan oder Gaddafi in Libyen mit Waffen ausrüstete.
Friedenspolitik wäre ja mal eine nette Abwechslung statt kaukasische, arabische und afrikanische Diktatoren mit Hightech-Kriegsspielzeug zu überhäufen.
Die Einsicht der schwarzgelben Bundesregierung in all die Fehler der Vergangenheit, die es beispielsweise im Umgang mit nordafrikanischen Potentaten gab, ist allerdings nahe Null.
Mit Begeisterung wiederholt man alles, was bisher schon schief lief. Derzeit wird der Usbekische Diktator Islam Karimow mit deutschen Steuergeldern aufgepäppelt.
Karimow, 73, der wegen erwiesener Korruption schon im Knast saß, putschte sich gegen Gorbatschow an die Macht in Taschkent und läßt sich seitdem immer mal wieder mit über 90% der Stimmen als Präsident „wählen“.
Mit den Usbeken, denen dieser Kurs nicht passt, macht Karimow kurzen Prozess.
Zuletzt ließ er im Jahr 2005 rund 600 „Aufständische“ von seinem Militär erschießen.
Die EU sprach nach dem Massaker Einreisverbote aus, kippte aber schon anderthalb Jahre später wieder um.
Kaum war Guido Westerwelle im Amt setzte die EU auf seinen Druck auch das Waffenembargo gegen Usbekistan aus:
Auf einem Gipfeltreffen in Luxemburg beschlossen die EU-Außenminister am Dienstag (27.10.2009), dieses Embargo wieder aufzuheben. Zur Begründung hieß es, die EU wolle die Verantwortlichen des Landes dazu ermutigen, weitere Schritte zur Verbesserung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zu unternehmen.
[…] Die Außenminister betonten dabei ihre auch weiterhin bestehende Sorge über die Lage der Menschenrechte in Usbekistan. Alle politischen Gefangenen und alle Menschenrechtler müssten auf freien Fuß gesetzt, die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert und Kinderarbeit verboten werden. Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen hat sich jedoch die Lage der Menschenrechte in Usbekistan eher verschlechtert. Zahlreiche Menschenrechtler und Journalisten wurden in den vergangenen Jahren festgenommen.
[…]"Damit stellt die EU der usbekischen Regierung einen Freibrief für weitere Menschenrechtsverletzungen aus", erklärte die deutsche Menschenrechtlerin Barbara Lochbihler, die für die Grünen im Europaparlament sitzt. Imke Dierßen, Zentralasien-Expertin bei amnesty international, wertete die jüngste Entscheidung als "Schlag ins Gesicht der Opfer und Überlebenden". Denn noch immer gebe es in Usbekistan Folter und Übergriffe gegen Menschenrechtler. Die EU sei regelrecht "eingeknickt" und lasse "diejenigen im Stich, die sich in Usbekistan für die Einhaltung der Menschenrechte engagieren und dabei ihre Sicherheit und ihre Freiheit aufs Spiel setzen". Auch Deutschland geriet in die Kritik. Die Bundesrepublik habe ihre "Rolle als Motor der europäisch-zentralasiatischen Beziehungen" nicht genutzt, um Usbekistan dazu zu bewegen, vier Jahre nach dem Massaker in Andischan eine unabhängige internationale Untersuchung der Ereignisse zuzulassen.
(Deutsche Welle 28.10.2009)
Westerwelle und Merkel päppeln das Karimow-Regime inzwischen ganz offiziell:
110 Angehörige der Bundeswehr tun hier ihren Dienst in einer Umgebung, die zwar friedlich, aber nicht unbedingt freundlich ist. Die deutschen Soldaten werden mürrisch geduldet, was sich der örtliche Diktator Islam Karimow freilich gut bezahlen lässt. Ein Vertrag sichert seinem Regime neuerdings eine üppige Pauschale.
Ursprünglich einmal ging es um den gemeinsamen Kampf gegen den Terror. Schon seit längerer Zeit aber raunen Insider, die Usbeken verlangten für den 2002 errichteten Stützpunkt immer ungenierter Bares. Im vergangenen Jahr bezifferte die Bundesregierung die Kosten für den Stützpunkt Termes in der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion auf 12,2 Millionen Euro im Jahr 2009.
[…] Neuerdings aber kassieren die Usbeken jährlich eine 'Ausgleichszahlung' in Höhe von 15,95 Millionen Euro. Im Januar wurde sie das erste Mal ans usbekische Finanzministerium überwiesen - rückwirkend für 2010.
'Das Regime von Karimow ist eines der brutalsten nicht nur in Zentralasien, sondern weltweit', beklagt die Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon von den Grünen. 'Wenn die Bundesregierung mit solchen Zahlungen dazu beiträgt, dieses Regime zu festigen, dann ist das ein Skandal', fügt sie hinzu.
(Süddeutsche Zeitung 21.04.2011)
Falls in Zukunft der UN-Sicherheitsrat auf die Idee käme, es müsse unbedingt eine No-Fly-Zone über Usbekistan eingerichtet werden, um Karimow davon abzuhalten seine eigenen Leute zu massakrieren, kann Guido dann ja wieder seine "Bündnispolitik der Vernunft" praktizieren.
Fragt sich nur mit welchen Soldaten.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
3 Kommentare:
Du übertreibst. Deutschland hat eine gut ausgebildete und perfekt ausgerüstete Armee. Im Spielzimmer von Guido W. Hier macht er alles das wahr, was er am Folgetag wohlformuliert verkündet. Den Verbündeten den Rücken frei halten und die Demokratie verteidigen. Hier sind Afghanistan und Lybien auch nur wenige Schritte voneinander entfernt.
Na, so lustig ist das leider nicht. Die Bundeswehr ist ja keine Phantomarmee, sondern wirklich real. Die Jobangebote dort, kommen ähnlich gut an, wie die Bildungsgutscheine von v.d.Leyen. Die Regierung tut eben, was sie kann. Und das, scheint nicht viel zu sein. Außer eben klug reden und Seriösität ausstrahlen.
Das ist ja auch nicht ungewöhnlich. Die treten mit lauter hohlen Phrasen an. Politische Reden, enthalten außer Unverschämtheiten und Provokationen gegen die Opposition, nur wenig Sachliches. Meist, macht man sich offen über die Opposition lustig. Das ist die Handschrift Merkels. Aber ist das Politik? Nein!
Die Sache einen Haken. Irgendwann merken die Leute, dass man das nötig hat und man steht selbst mit herunter gelassener Hose da. Denn die Unfähigkeit zu konstruktiver und zukunftsweisender Politik, ist doch zu offensichtlich.
Fast scheint es so, dass das Schicksal dafür sorgt, dass den schwarzgelben Matschbirnen ihre Faselpolitik aber sowas von zum Bumerang wird. Fast hätte ich Amen gesagt...
Also über die Bundeswehr weiß ich nichts aus eigener Erfahrung. Aber die Berichte, die man in der Presse von Wehrbeauftragten liest, sagen ja alle eindeutig, daß es noch nie so miserabel um „die Moral der Truppe“ bestellt war.
Aber es wäre ja auch ein Wunder, wenn Schwarzgelb mal auf einem Feld NICHT total versagen würde.
Naheliegender Hinweis auf das Urschel - über die wollte ich auch schon die letzten Tage öfter mal schreiben, weil die ja SAGENHAFT versagt. Aber mir kamen immer irgendwelche irren Bischöfe dazwischen, die ich erst behandeln mußte.
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/arbeitsministerin-ursula-von-der-leyen-das-verschwundene-laecheln-1.1087050
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bildungspaket-von-der-leyen-in-not-ministerin-planlos-1.1088224
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/von-der-leyen-die-entzauberte-ministerin-1.1087287
LGT
PS:
Aus dem SPIEGEL von heute, dem 23.04.11, eine kleine Anekdote über die Funktionsweise der Bundeswehr:
Beim Einsatzführungsstab liegt eine faustdicke Akte. Die Papiere darin dokumentieren die Lähmung. In den Briefen und Gutachten geht es um Soldaten in Afghanistan, die sich wünschen, ein Fernmeldegerät provisorisch in ihren geschützten Fahrzeugen so einbauen zu dürfen, dass sie es während der Fahrt nutzen können. Bislang liegt das Gerät immer hinten im Stauraum. Wenn sie es einschalten wollen, müssen sie anhalten, aussteigen und das Gerät nach vorn holen. Das Aussteigen aus geschützten Fahrzeugen ist nicht ganz ungefährlich in Afghanistan.
Am 16. Januar vergangenen Jahres bittet deshalb ein Offizier von der Elektronischen Kampfführung um eine Ausnahmegenehmigung, um das Fernmeldegerät provisorisch in den Fahrgastraum eines Fahrzeugs einbauen zu dürfen.
Am 18. Februar beschließt der Referatsleiter Unterstützung/Einsatz im Einsatzführungsstab: Das Problem muss gelöst werden. Der Referatsleiter spricht mit den Soldaten in Afghanistan, die haben schon eine provisorische Halterung für das Fernmeldegerät entwickelt.
Der Referatsleiter kann aber allein nicht über die Ausnahmegenehmigung entscheiden. Er schaltet den Führungsstab der Streitkräfte, den Führungsstab des Heeres, den Bevollmächtigten des Hauptabteilungsleiters Rüstung beim Einsatzführungsstab, das Streitkräfteunterstützungskommando, die Zentrale Militärkraftfahrtstelle, das Logistikamt der Bundeswehr und die Rechtsabteilung des Ministeriums ein.
Die Zentrale Militärkraftfahrtstelle reagiert zuerst. Am 30. März listet sie auf einer halben DIN-A4-Seite Risiken auf, die mit dem Einbau des Fernmeldegeräts verbunden sind. Außerdem seien das Streitkräfteunterstützungskommando und die Wehrtechnische Dienststelle 91 Geschäftsfeld Ergonomie zu beteiligen.
Am 31. März warnt das Logistikamt der Bundeswehr, es dürfe zu "keiner Gefährdungserhöhung für die Besatzung" kommen. Wenn das Fernmeldegerät nicht ordnungsgemäß befestigt werde, könne es "durch Sekundärwirkung" wie etwa eine Detonation durch den Innenraum geschleudert werden.
Am 7. April springt das Streitkräfteunterstützungskommando dem Logistikamt bei: "Bereitgestellte Arbeitsmittel dürfen nur entsprechend ihrer Zweckbestimmungen benutzt werden."
Im Logistikamt sind die Bedenken inzwischen auf vier Seiten angewachsen. Am 8. April schreibt der Amtschef: "Aufgrund des bestehenden erheblichen Risikos und der Gefahr für Leib und Leben der Fahrzeugbesatzung empfiehlt LogABw mit besonderem Nachdruck, keine Ausnahmegenehmigung zur mobilen Nutzung des Fernmeldegerätes zu erteilen."
Am 27. Mai stellt auch der Führungsstab der Streitkräfte fest, ein solches Provisorium werde "seitens FÜ S IV 4 nicht mitgetragen". Aus hiesiger Sicht verbiete sich durch die "aufgezeigte Gefahr für Leib und Leben" eine Zulassung nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und der Fahrzeug-Zulassungsverordnung.
Die Verantwortung will keiner übernehmen. Am 9. Juni schließlich, fünf Monate später, trifft der Leiter des Einsatzführungsstabs eine einsame Entscheidung. Er ordnet an, dass die Soldaten in Afghanistan ihr Fernmeldegerät provisorisch einbauen dürfen. Ohne Ausnahmegenehmigung.
Die Akte über das Fernmeldegerät dokumentiert die organisierte Verantwortungslosigkeit im Verteidigungsressort. Und sie belegt die Ineffizienz eines Apparats, in dem auch kleine Entscheidungen an der Spitze des Hauses getroffen werden. "Mitzeichnungshörigkeit" nennen die Soldaten das Phänomen, dass alle bei allen Problemen mitreden, aber keiner das Problem löst. So kommt es, dass ein Großteil der Bundeswehrkräfte in der Etappe Dienst tut. Bei 228 000 Soldaten ist es derzeit gerade mal möglich, etwa 7000 Soldaten gleichzeitig in den Auslandseinsatz zu schicken.
Kommentar veröffentlichen