Mittwoch, 4. August 2010
Mehr Bürokratie wagen.
OK, es ist natürlich viel im Umbruch.
Wörtlich zu verstehen. Das ist nämlich „natürlich“. Wenn Gesetze ständig nachjustiert und modifiziert werden (Stichwort „Evaluierung“), muß das nicht bedeuten, daß die Ministerien und Parlamente geschlampt haben. In einer sich ständig verändernden Gesellschaft ist es schlicht und ergreifend nicht möglich, daß klare, kurze Gesetze - wie man sie sich eigentlich wünscht - immer funktionieren. Starre Regelungen provozieren einfach zu viel Einzelfallungerechtigkeit oder gehen an der „Lebenswirklichkeit“ vorbei.
Es ist meiner Ansicht nach daher ein bißchen ungerecht auf den schier unüberblickbaren Wust der Hartz-Regelungen zu schimpfen.
Immerhin handelte es sich um eine Gigareform, die viele verschiedene Behörden und Ämter unter ein Dach führte. Das konnte gar nicht auf Anhieb klappen und mußte erst an der Praxis gemessen werden.
Die gefühlte nächste Bundeskanzlerin und fundamental-christliche Ministerin von der Leyen merkt es gerade, was da auf sie zukommt.
Sie möchte gesetzlich regeln, daß gewisse Plebs-Familien zu dämlich sind, um eigenverantwortlich mit Geld umzugehen und stattdessen verstärkt mit Coupons und Gutscheinen statt Bargeld bedacht werden.
Im Sozialministerium werden eine Menge Haare ergrauen.
Bürokratie ist schließlich ein sich selbst multiplizierendes entropisches System, das der Chaos-Theorie unterliegt.
Vor ein paar Tagen erst berichtete die staunende Presse über die Norm EN 1400.
Eine tolle Regelung ist das.
Rund 50 Seiten stark, mit 91 Anforderungen – nur für Schnullerhalter. Ausgedacht vom „Technischen Komitee Artikel für Säuglinge und Kleinkinder – Essen, Trinken, Saugen und ähnliche Funktionen“. Nach vier Seiten mit skurrilen Definitionen werden Normen aufgestellt, die jeder in der EU verkaufte Schnullerhalter erfüllen muss.
Eine der harmlosesten lautet: „Ein Schnullerhalter darf eine maximale Länge von 220 mm haben.“ Auf weiteren 34 Seiten sind bis ins letzte Detail Prüfverfahren geregelt, und zwar für jede der 91 Vorschriften.
Kostprobe: „Wenn der Schnuller am Band durch einen dauerhaft angebrachten Schnullerhalter befestigt ist, muss die Messung von dem vom Band am weitesten entfernten äußersten Ende des Schnullerhalters bis zum letzten Stück des Bandes oder der beweglichen Befestigungsvorrichtung an der Befestigung am Kleidungsstück erfolgen; ausgenommen ist die Länge der Befestigung am Kleidungsstück.“
(express.de)
Nun sage keiner mehr, daß so ein Schnullerhalter kein Hightech-Produkt ist!
Beispielhaftes kann ich auch von meiner Lieblingsregierung, der Schwarz-grünen von Hamburg berichten.
In Zeiten der finanziellen Knappheit allüberall wird ohne Tabus gespart.
Von Schlaumeiern der Bundesregierung - Brüderle, Westerwelle und Merkel zum Beispiel - erfährt man in diesem Zusammenhang immer ein nachdrückliches Bekenntnis dazu, daß „intelligent gespart“ werden solle.
Das gefällt mir. Wie denn sonst, Frau Merkel?
Wurde bisher immer dumm gespart?
Von der Hamburger CDU habe ich bisher noch nicht die Willensbekundung „intelligent zu sparen“ gehört.
Das ist immerhin ehrlich, denn „Intelligenz“ kann nun wirklich auch der schärfste Kritiker nicht der Hamburger Regierung unterstellen.
Seit Beginn der schwarzen Herrschaft im Jahr 2001 wurden Kulturschaffende aus der Stadt getrieben, Bücherhallen geschlossen, Lehrer entlassen, Schulen dicht gemacht und überhaupt Kultur aller Art auf Sparflamme gesetzt.
Nun haben wir plötzlich das Problem, daß die Azubis offensichtlich so verdummt sind, daß die Betriebe sie erst einmal ausführlich zur Nachhilfe schicken müssen. Rechnen, schreiben, lesen, englisch - alles böhmische Dörfer für Hamburger Schüler.
Es wurden im großen Maßstab Polizeistellen gespart, um dann anschließend völlig perplex einen noch nie dagewesenen Anstieg der Kriminalität festzustellen.
Einbrecherbanden nehmen verstärkt Hamburgs feine Viertel ins Visier. Hier ist die Zahl der Einbrüche zwischen Januar und Juni teilweise dramatisch angestiegen. So registrierte die Polizei etwa in Winterhude mit 84 Einbrüchen einen Zuwachs von 180 Prozent. Von Januar bis Juni 2009 hatte es in dem Stadtteil 30 Einbrüche in Wohnungen und Häuser gegeben. In Rissen stieg die Zahl der Taten um 111 Prozent (von 27 auf 57). Den mit 216 Prozent stärksten Anstieg gab es auf der Uhlenhorst: Die Zahl der Taten stieg von 18 auf 57.
(Abla 03.08.10)
Zum Glück wird nicht überall gespart.
Die Millionen für die Elbphilharmonie fließen so, als ob man das Geld nur drucken müsse.
Ein gewisser Senator Ahlhaus, der von den Regierungsparteien dazu ersonnen wurde der nächste Bürgermeister zu werden, legte sich kürzlich ein neues Häuschen an der Elbchaussee zu.
Der sicherheitstechnische Umbau einer Privatvilla von Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) kostet den Steuerzahler rund eine Million Euro. Allein für Sicherheitsmaßnahmen an Türen und Schlössern sollen laut einem Kostenvorschlag rund 650.000 Euro anfallen, wie der Senator am Dienstag bestätigte. Dazu kämen noch rund 355.000 Euro für den Zaun, Alarmanlagen und Videoüberwachung.
[…] Am Mittwoch wurde außerdem bekannt, dass auch der Zweitwohnsitz des Innensenators, eine Wohnung in Heidelberg, vor etwa acht Wochen mit Schutzvorrichtungen ausgestattet worden ist. Die Kosten dieses Umbaus lagen nach Informationen des "Hamburger Abendblattes" für den Hamburger Steuerzahler bei rund 200.000 Euro. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg habe den Umbau empfohlen, da sich Ahlhaus mit seiner Frau regelmäßig in dessen Heimatort aufhalte.
(NDR 14.04.2010)
Man darf gespannt sein, wo der umtriebige Bald-Bürgermeister sich noch Wohnsitze zulegt.
Vielleicht in Paris, wo er sich offenbar schon so zuhause fühlt, daß er auf seinen Dienstwagen nicht verzichten mag?
Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) hat seinen Dienst-Mercedes leer von Hamburg nach Paris beordert. Dort ließ er sich vom Flughafen abholen und später zusammen mit seiner mitgereisten Ehefrau auch privat vom Senats-Chauffeur durch die französische Hauptstadt fahren.
(Welt 16.09.09)
Hanseatisches Understatement, das über Dekaden von SPD-Bürgermeistern kultiviert wurde, hat die CDU auch eingespart.
Nicht gespart wurde hingegen an der Bürokratie - davon kann es den „Schlanker Staat“-Apologeten von der Union ja nie genug geben!
Trotz großer Haushaltsprobleme hat Hamburg seinen Verwaltungsapparat in den vergangenen Jahren enorm ausgebaut. Von Ende 2007 bis Ende 2009 stieg der Personalbestand um rund 2000 auf gut 65 000 Mitarbeiter.
[…] Der kräftige Personalzuwachs geht vor allem auf die Einstellung von Bürokräften (plus 808 in zwei Jahren) und leitenden Verwaltungsfachleuten (plus 572) zurück. Die Zahl der Polizeivollzugsbeamten sank hingegen im gleichen Zeitraum um 198. Auch die Zahl der Hochschullehrer ging in den Jahren 2008 und 2009 um 90 zurück.
(Abla 04.08.10)
Die Hamburger Personalkosten lagen 2007 noch bei 3,18 Milliarden Euro; für 2010 sind schon 3,60 Milliarden veranschlagt.
Selbst die notorisch CDU-freundlichen Springer-Kommentatoren sind nicht wirklich begeistert.
Die Personalausgaben sind um mehr als 400 Millionen Euro gestiegen - pro Jahr. Und das nicht etwa, um Polizisten, Kindergärtnerinnen oder Sozialarbeiter einzustellen, Personal also, von dem die Bürger etwas haben. Nein, das Geld fließt - von 400 neuen Lehrern abgesehen - vor allem in die großen Fachbehörden, in anonyme Stäbe und Abteilungen, die allein wegen ihrer neuen Größe natürlich mehr Führungskräfte brauchen. Das ist das genaue Gegenteil vom Ende der Schuldenpolitik, das ist unverantwortliche Spendierhosenpolitik.
(Andreas Dey, 04.08.10)
Wörtlich zu verstehen. Das ist nämlich „natürlich“. Wenn Gesetze ständig nachjustiert und modifiziert werden (Stichwort „Evaluierung“), muß das nicht bedeuten, daß die Ministerien und Parlamente geschlampt haben. In einer sich ständig verändernden Gesellschaft ist es schlicht und ergreifend nicht möglich, daß klare, kurze Gesetze - wie man sie sich eigentlich wünscht - immer funktionieren. Starre Regelungen provozieren einfach zu viel Einzelfallungerechtigkeit oder gehen an der „Lebenswirklichkeit“ vorbei.
Es ist meiner Ansicht nach daher ein bißchen ungerecht auf den schier unüberblickbaren Wust der Hartz-Regelungen zu schimpfen.
Immerhin handelte es sich um eine Gigareform, die viele verschiedene Behörden und Ämter unter ein Dach führte. Das konnte gar nicht auf Anhieb klappen und mußte erst an der Praxis gemessen werden.
Die gefühlte nächste Bundeskanzlerin und fundamental-christliche Ministerin von der Leyen merkt es gerade, was da auf sie zukommt.
Sie möchte gesetzlich regeln, daß gewisse Plebs-Familien zu dämlich sind, um eigenverantwortlich mit Geld umzugehen und stattdessen verstärkt mit Coupons und Gutscheinen statt Bargeld bedacht werden.
Im Sozialministerium werden eine Menge Haare ergrauen.
Bürokratie ist schließlich ein sich selbst multiplizierendes entropisches System, das der Chaos-Theorie unterliegt.
Vor ein paar Tagen erst berichtete die staunende Presse über die Norm EN 1400.
Eine tolle Regelung ist das.
Rund 50 Seiten stark, mit 91 Anforderungen – nur für Schnullerhalter. Ausgedacht vom „Technischen Komitee Artikel für Säuglinge und Kleinkinder – Essen, Trinken, Saugen und ähnliche Funktionen“. Nach vier Seiten mit skurrilen Definitionen werden Normen aufgestellt, die jeder in der EU verkaufte Schnullerhalter erfüllen muss.
Eine der harmlosesten lautet: „Ein Schnullerhalter darf eine maximale Länge von 220 mm haben.“ Auf weiteren 34 Seiten sind bis ins letzte Detail Prüfverfahren geregelt, und zwar für jede der 91 Vorschriften.
Kostprobe: „Wenn der Schnuller am Band durch einen dauerhaft angebrachten Schnullerhalter befestigt ist, muss die Messung von dem vom Band am weitesten entfernten äußersten Ende des Schnullerhalters bis zum letzten Stück des Bandes oder der beweglichen Befestigungsvorrichtung an der Befestigung am Kleidungsstück erfolgen; ausgenommen ist die Länge der Befestigung am Kleidungsstück.“
(express.de)
Nun sage keiner mehr, daß so ein Schnullerhalter kein Hightech-Produkt ist!
Beispielhaftes kann ich auch von meiner Lieblingsregierung, der Schwarz-grünen von Hamburg berichten.
In Zeiten der finanziellen Knappheit allüberall wird ohne Tabus gespart.
Von Schlaumeiern der Bundesregierung - Brüderle, Westerwelle und Merkel zum Beispiel - erfährt man in diesem Zusammenhang immer ein nachdrückliches Bekenntnis dazu, daß „intelligent gespart“ werden solle.
Das gefällt mir. Wie denn sonst, Frau Merkel?
Wurde bisher immer dumm gespart?
Von der Hamburger CDU habe ich bisher noch nicht die Willensbekundung „intelligent zu sparen“ gehört.
Das ist immerhin ehrlich, denn „Intelligenz“ kann nun wirklich auch der schärfste Kritiker nicht der Hamburger Regierung unterstellen.
Seit Beginn der schwarzen Herrschaft im Jahr 2001 wurden Kulturschaffende aus der Stadt getrieben, Bücherhallen geschlossen, Lehrer entlassen, Schulen dicht gemacht und überhaupt Kultur aller Art auf Sparflamme gesetzt.
Nun haben wir plötzlich das Problem, daß die Azubis offensichtlich so verdummt sind, daß die Betriebe sie erst einmal ausführlich zur Nachhilfe schicken müssen. Rechnen, schreiben, lesen, englisch - alles böhmische Dörfer für Hamburger Schüler.
Es wurden im großen Maßstab Polizeistellen gespart, um dann anschließend völlig perplex einen noch nie dagewesenen Anstieg der Kriminalität festzustellen.
Einbrecherbanden nehmen verstärkt Hamburgs feine Viertel ins Visier. Hier ist die Zahl der Einbrüche zwischen Januar und Juni teilweise dramatisch angestiegen. So registrierte die Polizei etwa in Winterhude mit 84 Einbrüchen einen Zuwachs von 180 Prozent. Von Januar bis Juni 2009 hatte es in dem Stadtteil 30 Einbrüche in Wohnungen und Häuser gegeben. In Rissen stieg die Zahl der Taten um 111 Prozent (von 27 auf 57). Den mit 216 Prozent stärksten Anstieg gab es auf der Uhlenhorst: Die Zahl der Taten stieg von 18 auf 57.
(Abla 03.08.10)
Zum Glück wird nicht überall gespart.
Die Millionen für die Elbphilharmonie fließen so, als ob man das Geld nur drucken müsse.
Ein gewisser Senator Ahlhaus, der von den Regierungsparteien dazu ersonnen wurde der nächste Bürgermeister zu werden, legte sich kürzlich ein neues Häuschen an der Elbchaussee zu.
Der sicherheitstechnische Umbau einer Privatvilla von Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) kostet den Steuerzahler rund eine Million Euro. Allein für Sicherheitsmaßnahmen an Türen und Schlössern sollen laut einem Kostenvorschlag rund 650.000 Euro anfallen, wie der Senator am Dienstag bestätigte. Dazu kämen noch rund 355.000 Euro für den Zaun, Alarmanlagen und Videoüberwachung.
[…] Am Mittwoch wurde außerdem bekannt, dass auch der Zweitwohnsitz des Innensenators, eine Wohnung in Heidelberg, vor etwa acht Wochen mit Schutzvorrichtungen ausgestattet worden ist. Die Kosten dieses Umbaus lagen nach Informationen des "Hamburger Abendblattes" für den Hamburger Steuerzahler bei rund 200.000 Euro. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg habe den Umbau empfohlen, da sich Ahlhaus mit seiner Frau regelmäßig in dessen Heimatort aufhalte.
(NDR 14.04.2010)
Man darf gespannt sein, wo der umtriebige Bald-Bürgermeister sich noch Wohnsitze zulegt.
Vielleicht in Paris, wo er sich offenbar schon so zuhause fühlt, daß er auf seinen Dienstwagen nicht verzichten mag?
Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) hat seinen Dienst-Mercedes leer von Hamburg nach Paris beordert. Dort ließ er sich vom Flughafen abholen und später zusammen mit seiner mitgereisten Ehefrau auch privat vom Senats-Chauffeur durch die französische Hauptstadt fahren.
(Welt 16.09.09)
Hanseatisches Understatement, das über Dekaden von SPD-Bürgermeistern kultiviert wurde, hat die CDU auch eingespart.
Nicht gespart wurde hingegen an der Bürokratie - davon kann es den „Schlanker Staat“-Apologeten von der Union ja nie genug geben!
Trotz großer Haushaltsprobleme hat Hamburg seinen Verwaltungsapparat in den vergangenen Jahren enorm ausgebaut. Von Ende 2007 bis Ende 2009 stieg der Personalbestand um rund 2000 auf gut 65 000 Mitarbeiter.
[…] Der kräftige Personalzuwachs geht vor allem auf die Einstellung von Bürokräften (plus 808 in zwei Jahren) und leitenden Verwaltungsfachleuten (plus 572) zurück. Die Zahl der Polizeivollzugsbeamten sank hingegen im gleichen Zeitraum um 198. Auch die Zahl der Hochschullehrer ging in den Jahren 2008 und 2009 um 90 zurück.
(Abla 04.08.10)
Die Hamburger Personalkosten lagen 2007 noch bei 3,18 Milliarden Euro; für 2010 sind schon 3,60 Milliarden veranschlagt.
Selbst die notorisch CDU-freundlichen Springer-Kommentatoren sind nicht wirklich begeistert.
Die Personalausgaben sind um mehr als 400 Millionen Euro gestiegen - pro Jahr. Und das nicht etwa, um Polizisten, Kindergärtnerinnen oder Sozialarbeiter einzustellen, Personal also, von dem die Bürger etwas haben. Nein, das Geld fließt - von 400 neuen Lehrern abgesehen - vor allem in die großen Fachbehörden, in anonyme Stäbe und Abteilungen, die allein wegen ihrer neuen Größe natürlich mehr Führungskräfte brauchen. Das ist das genaue Gegenteil vom Ende der Schuldenpolitik, das ist unverantwortliche Spendierhosenpolitik.
(Andreas Dey, 04.08.10)
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen