Wie andere Kriegshelden auch, profitierte er von der Biographie.
Amerikaner lieben Helden.
McGovern wurde wie ein anderer Kriegsheld, John Kerry, sogar Präsidentschaftskandidat.
Das Problem mit den Kriegshelden ist nur, daß sie meistens die Lust an Kriegen verlieren.
Man muß unwillkürlich an die beiden Weltkriegsteilnehmer Leonid Breschnew und Helmut Schmidt denken, die zusammen in Schmidts Privathäuschen sitzend, mitten im kalten Krieg sehr schnell den gemeinsamen Nenner fanden, Krieg sei „scheiße“ und unbedingt zu verhindern - koste es was es wolle.
McGovern und Kerry wurden beide profilierte Gegner des Vietnam-Krieges.
Man sollte meinen, daß man auch ohne persönliche Erfahrungen zu dem Schluß kommen kann Kriege möglichst zu unterlassen.
Ich halte es ohnehin mit Willy Brandt:
Bekanntlich scheiterten aber McGovern 1972 und Kerry 2004.
In der Kampagne von 1972 warb McGovern für ein bedingungsloses Grundeinkommen, die Kürzung der Rüstungsausgaben und den sofortigen Stopp des Vietnamkrieges.
Lang ist es her. Wenn jemand solch einen urkommunistisch-sozialistischen Unsinn heute in den Mund nähme, würde er sofort gelyncht werden.
Aber auch 1972 setzte es eine krachende Niederlage. Mit insgesamt 37.5 % der Stimmen fuhren die Demokraten eins der schlechtesten Ergebnisse aller Zeiten ein. Nixon triumphierte.
Kriegsgegner Kerry unterlag GWB im Jahr 2004 mit 48% : 51%
Es ist aber schon auffällig, daß die echten Kriegstreiber wie Paul Wolfowitz, Dick Cheney und George W. Bush selbst einen großen Bogen um das Militär machten.
Es drückt sich wohl doch leichter auf den Startknopf, wenn man nicht aus eigener Erfahrung weiß wie es ist im Bombenhagel zu sitzen.
McGovern war später Abgeordneter im Repräsentantenhaus und wie Kerry Senator.
Er ist bis heute politisch aktiv, berät Barack Obama und hielt sich mit seinen 89 Jahren just einige Zeit in Deutschland auf.
Dabei gab er diverse Interviews und versuchte den staunenden Europäern zu erklären was das ist mit der Teaparty und den Steuersenkungsfetischisten der GOP.
Klein: Manche sagen ja, das politische Klima in den USA sei so vergiftet, so schlimm sei es noch nie gewesen wie jetzt. Aber kann man die Situation im Augenblick wirklich mit Watergate damals vergleichen?
McGovern: Nun, ich glaube, heute ist es noch schlechter darum bestellt, als zu Zeiten von Watergate, denn damals betrafen die Vorgänge nur einen kleinen Kreis von Menschen, den Präsidenten Nixon und sein engstes Umfeld. Heute dagegen erstrecken sich diese Erscheinungen nicht nur auf eine Handvoll Menschen, sondern haben sehr viele erfasst. Ich glaube und hoffe, dass dies nur vorübergehend so ist.
[…] Ich gehe auch davon aus, dass Präsident Barack Obama wiedergewählt werden wird bei den Wahlen im nächsten Jahr, dass er mit seiner Partei die Mehrheit im Senat behalten wird und dass er vielleicht den einen oder anderen Sitz im Repräsentantenhaus hinzugewinnt. Denn wenn ich mir so anschaue, wer aufseiten der Republikaner unter diesen acht, neun oder auch zehn Kandidatinnen und Kandidaten gegen den Präsidenten antreten will, da kommt mir ein Broadway-Musical in den Sinn: "Schickt die Clowns herein". Das mag vielleicht jetzt etwas hart erscheinen, wenn ich die Kandidaten mit Clowns vergleiche, aber ich glaube, dass sie sich viel zu sehr aus der politischen Mitte nach rechts hinausbewegt haben, als dass das für unser politisches System gut sein könnte.
(Deutschlandradio 20.10.2011)
Wie die Stimmung ist, erzählte er im Interview mit Stefan Kornelius.
SZ: Die Radikalen haben immer wieder die Balance gestört - Präsidentschaftskandidaten wie der Republikaner Barry Goldwater, der unabhängige Ross Perot. Was ist heute anders?
McGovern: Heute ist die Radikalität so viel weiter entfernt von der Mitte der amerikanischen Gesellschaft. Goldwater würde heute auch nicht nominiert. Er war für Gewissensentscheidungen bei Abtreibungen, er setzte sich für Homosexuelle beim Militär ein, er war für gleichgeschlechtliche Ehen. Die Republikaner würden ihm heute keine fünf Minuten zuhören. Die Tea-Party würde ihn als verrückten Linken sehen. Wenn eine Partei zu sehr in die Extreme geht, dann geht die Vernunft dahin. Ich war 22 Jahre lang im Kongress - vier im Repräsentantenhaus, 18 im Senat: Ich habe nie Böswilligkeit gegenüber einem Republikaner empfunden. Heute treten Senatoren vor die Mikrofone und geloben, ihre nächsten vier Jahre der Bekämpfung von Barack Obama zu widmen. Das hätte es früher nicht gegeben - niemals.
SZ: Warum also dieser Hass?
McGovern: Viele Amerikaner sind enttäuscht über ihr Leben. Sie haben sich viel erträumt - etwa für die Hochschulausbildung ihrer Kinder. Aber alles ist so teuer geworden, dass gerade die Arbeiterklasse sich das nicht mehr leisten kann. Das frustriert. Der Drogenkonsum steigt, die Arbeitslosigkeit. Jobs sind ins Ausland abgewandert.
(SZ 04.11.11)
Seinen Ansichten über die Rüstungsausgaben ist er treu geblieben.
McGovern: Wir müssen das Leben einfacher machen. Zum Beispiel müssen wir raus aus Afghanistan. Niemand hat die Dinge dort je richten können - weder die Mongolen noch die Briten noch die Russen. Wir müssen zunächst Amerika wieder aufbauen, unsere Wirtschaft, unsere Umwelt. Wir dürfen außenpolitisch nur noch das machen, was wir auch stemmen können. Wir haben uns übernommen, militärisch vor allem. Wir sind hoch verschuldet und leisten uns ein Militärbudget, das größer ist als alle Militärhaushalte der Welt zusammengenommen. Wenn wir das Geld aus dem Irak und Afghanistan für öffentliche Arbeiten in den USA hernähmen - neue Gebäude, neue Eisenbahnstrecken, neue Autobahnen - könnten wir die Arbeitslosigkeit senken. Ich wünschte, die Vereinigten Staaten hätten das schnellste, sicherste, sauberste, wirtschaftlichste Eisenbahnsystem der Welt.
(SZ 04.11.11)
Nun, das ist eine gute Zielsetzung, wie ich finde.
Es fragt sich nur, wieso das niemand umsetzt.
Auch das kann George McGovern klar beantworten.
McGovern: In der Vergangenheit waren es häufig die Liberalen, die das Land mit neuen Initiativen vorangebracht haben. Heute sind viele von ihnen eingeschüchtert, vor allem durch die Propaganda der Medien, vor allem durch die Fox-Sender. Wenn sie denen zuhören, dann glaubt man, das Land pfeift aus dem letzten Loch. Das hat die Psyche des Kongresses und der Wähler massiv verändert. Die Politik ist defensiv geworden.
Das Problem mit der amerikanischen Politik ist, dass die Republikaner kein Hirn und die Demokraten keine Eier haben.
(SZ 04.11.11)
Amen.
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