TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Dienstag, 23. November 2010

Die armen Katholiban.

Moralinsaure Sedisvakantisten und prächtig gewandete Piusbrüder hatten es gleichermaßen schwer mit Karol Woytila.
Wie sollte man sich öffentlichkeitswirksam gegen einen extrem populären Papst positionieren, der unzweifelhaft eine erzkonservative Agenda, tiefe Marienfrömmigkeit, Schutz der kirchlichen Kinderficker vor der Justiz und scharfen Antikommunismus verkörperte?
So ein Pontifex Maximus sollte eigentlich ganz nach dem Geschmack der katholischen Rechtsausleger sein.
Wenn er doch nur ein bißchen mehr wie sein Vorgänger Pacelli gewesen wäre - unnahbar, adelig, distanziert und ritualversessen das gemeine Volk verachtend.

Der Pole war aber eine schillerndere Gestalt - obwohl er knallhart Befreiungstheologen und Hoffnungsträger wie Küng, Gaillot und Drewermann maßregelte, kannte er wenig Dünkel und konnte einfach gut mit dem Fußvolk.
Seine bunt besetzten Tischrunden sind legendär.
Besonderen Ärger verursachte der Unfehlbare vor allem durch seinen freundlichen Umgangston mit anderen Religionen. Johannes-Paul-II hatte eine echte ökumenische Ader.

Mit Ratzinger versprach die Sache der reaktionären, homophoben, antisemitischen und misogynen Fundis einfacher zu werden.

Der Bayer ist so gar kein Menschenfischer und legte wieder mehr Wert auf Prachtentfaltung - inklusive Hermelinmützchen und Goldbrokat-Robe.

Von Anfang an sorgte er für freudige Erregung bei den Konservativen, indem er Juden vor den Kopf schlug, Aids-Aktivisten vors Schienbein trat, Muslimen den Kopf wusch und Protestanten ohrfeigte.
Mit dem Motu Proprio für die Lateinische Messe 2007, der Ex-Exkommunizierung des FSSPX-Bischofs und Holocaustleugners Williamson und der Wiedereinführung der Karfreitagsfürbitte an die ("treulosen") Juden, befanden sich die Rechten in kollektiver orgiastischer Verzückung.

Daß Millionen Europäische Katholiken daraufhin die RKK verließen, ist in den Augen der Konservativen geradezu ein Beleg für die Richtigkeit der päpstlichen Linie.

Mochten doch Kanzlerin, Medien und Liberale murren so viel sie wollten - auf der Seite eines Unfehlbaren ist man immer in der Gewinnerposition.

Und nun das Kondomdesaster!

Wie konnte ein moralischer Fels in der Brandung aus ätzendem „Relativismus“ nur so schnell gebrochen werden?
Homo-Stricher mit päpstlichen Segen auf Präservative pochend?

Kreuznet und Co sind entsetzt und sprechen von „päpstlichen Irrlehren“, dem „Kondom-Papst“ , „der vom Papst abgelehnten katholischen Moral“ und „verantwortungslosen Kondom-Aussagen des Papstes“.

„Benedikt XVI. behauptet, daß der Gebrauch gummi-verpackter männlicher Geschlechtsorgane – zum Beispiel bei einem Homo-Prostituierten – „ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein“ könne.“


In der Welt der KKK-Fanatiker ist ein Geschlechtsakt nur innerhalb der Ehe und nur in der Absicht Kinder zu zeugen erlaubt. Alles andere sei gar kein Sex, sondern Masturbation, die selbstverständlich eine Todsünde wäre:

„Ein Geschlechtsakt hinter Gummiwänden ist – mit oder ohne Aids – nur ein simulierter Geschlechtsakt, der in Wahrheit eine gegenseitige Masturbation ist.“

Offensichtlich merken die Autoren solcher Formulierungen gar nicht, in welche Widersprüche sie sich verstricken, indem sie einen eben noch grundsätzlich Unfehlbaren nun vorwerfen sich schwer zu irren.
Gestern noch waren inhaltliche Widersprüche zur Papstlehre grundsätzlich irrelevant, da die Unfehlbarkeit als Totschlagargumentation gegen jede Fakten-orientierte Kritik eingesetzt werden konnte.
Heute stellen sie dieses Denkmodell von den Füßen auf den Kopf - ein inhaltlicher Einwand, hebelt die Unfehlbarkeit aus.

Dabei hätten die Barbacker vorher wissen können, daß Joseph Ratzinger durchaus seine Meinungen wechselt - und das vollkommen unabhängig von der Richtigkeit derselben.

So gibt es beispielsweise eine Untersuchung über die sozialen Aktivitäten von Internetusern.
Das Internet mache nicht etwa einsamer, sondern ganz im Gegenteil gesellig. Die Vorstellung vom abgekapselten Nerd sei falsch.

"Klischeevorstellungen" nennen das in einer neuen Studie des ifo-Instituts, Bereich Humankapital und Innovation, die Wissenschaftler Ludger Wößmann, Stefan Bauernschuster und Oliver Falck.
[…] Was sie fanden, stellt die Mär vom einsam machenden Web regelrecht auf den Kopf: Internetzugang führe unter anderem dazu, dass Menschen sich politisch und ehrenamtlich mehr engagieren, mehr Freunde haben und messbar häufiger Theater, Kino, Konzerte, Bars und Sportveranstaltungen besuchen. Für Web-Nutzer ist das eine Binsenweisheit: Onliner sind eben vernetzter und oft auch informierter - und sie sind Kommunikationsjunkies.
(Frank Patalong 15.11.10)

Wie eigentlich nicht anders zu erwarten, haben die über Facebook und Co Vernetzten ein Mehr an „Miteinander“ - ganz im Sinne der Christlichen Lehre.
Nun hat der Papst mit dem Internet offenbar genauso viel praktischer Erfahrungen, wie mit Verhütungsmitteln und redet dementsprechend ziemlichen Unsinn.

So ganz geheuer ist [der Kirche] das vermeintlich neue Medium auch nach 20 Jahren noch nicht. Immer wieder sendet der Papst höchst unterschiedliche Signale der Bewertung. Wenn man genau hinsieht, erkennt man jedoch schnell die Linie, die die Kirche mit vielen Institutionen einschließlich des Staates teilt: Wo das Web als Kommunikationsmittel im Dienste der eigenen Sache genutzt wird, ist es gut. Wo Menschen sich dort mit anderen Dingen beschäftigen, ist es zumindest gefährlich, wenn nicht sogar böse.
Dass Benedikt XVI. seine Priester im Januar 2010 zum fleißigen Bloggen aufrief, auf dass junge Menschen via Web mit dem "Leben der Kirche" bekannt gemacht würden und "das Gesicht Christi" entdeckten, steht also nicht wirklich im Widerspruch dazu, dass er Ende April dann erklärte, das Internet führe zur "Verschmutzung des Geistes".
Im September war das Web dann wieder "ein wahres Geschenk für die Menschheit", das die Chance für "eine neue Kultur des Respekts, des Dialogs und der Freundschaft" biete. Es ist eben der Zweck, der die Mittel heiligt.
Am Wochenende schlug Benedikt einmal mehr in die Skepsis-Kerbe und warnte davor, dass die "unbegrenzten Möglichkeiten des Internets und anderer moderner Technologien" die jungen Menschen "betäuben" und nicht zu einem "Wachstum an Menschlichkeit" beitrügen. Sie liefen Gefahr, zu vereinsamen und die Orientierung zu verlieren.
(Frank Patalong 15.11.10)

Man sollte eben den Papst nehmen, als das was er ist - ein Kurien-N.E.R.D., der vom Rest der Welt so viel versteht, wie Helmut Kohl vom Diäthalten.

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