Die deutsche Presse macht da keine Ausnahme.
Verblüffend ist manchmal die aufklärerische Attitüde, mit der dem Leser erklärt werden soll „wer eigentlich dieser Obama ist“.
Das nach zwei Jahren Dauerwahlkampf, in dem jedes erdenkliche Detail aus der Vita Obamas durchgekaut wurde. Seinen Lebenslauf kenne ich besser als meinen eigenen.
Ich hatte den künftigen amerikanischen Präsidenten mehrfach dafür kritisiert, daß er für meinen Geschmack zu vage ist.
In seinen Ansprachen klang es mir immer, als ob er zwar Probleme aufzeigt und formuliert, welche Ziele wünschenswert wären, aber WIE das zu erreichen ist, sagte er nicht.
Wer hätte den auch nicht gerne Frieden zwischen Israel und Palästina? Wer wünschte sich keinen Abzug der US-Truppen aus dem Irak und eine stabile friedliche Zukunft in Bagdad?
Wer erhofft sich nicht die Rettung des Weltklimas?
Es gibt zu diesen Fragen aber keine einfachen Antworten und es wäre auch nicht realistisch sie von Obama zu erwarten.
Schwer zu beurteilen, ob er überhaupt konkreter hätte sein können.
Es ist schon auffällig, daß er bei Abstimmungen sowohl im US-Senat, als auch im Senat von Illinois oft keine Position bezog, nur „present“ klickte, statt „yes“ oder „no“.
Er hat auch nie einen Senatsausschuß geleitet - üblicherweise DIE Politwaffe schlechthin für einen Senator. Aber mit jeder Festlegung schafft man sich auch Feinde.
In einigen weltanschaulichen Positionen überzeugt mich der Nochsenator aus Illinois ebenfalls nicht.
Alles Positionen, die ich diametral anders sehe.
Tatsache ist aber auch, daß jemand, der atheistisch daher kommt, oder generell privaten Waffenbesitz verbieten will, (…) nicht den Hauch einer Chance hätte US-Präsident zu werden.
Realistisch gesehen hatte also kein Kandidat die Möglichkeit diese Positionen nicht zu beziehen.
Was davon Taktik war und was echte Überzeugungen, werden wir möglicherweise peu à peu die nächsten Jahre merken.
Unterm Strich fand ich die heutigen Wahlberichterstattungen der deutschen Zeitungen fast alle recht gut - Ausnahmen wie der peinlich-gönnerische „Yes we can Freunde werden“ BILD-Titel bestätigen die Regel.
Es ist müßig die Problemfelder in diesem Blog en detail durch zu deklinieren; dazu gibt es heute ohnehin eine Millionen ausführliche Artikel.
In 95% davon steht richtigerweise:
1.) Ohne die Megafinanzkrise der letzten Wochen hätte es womöglich nicht für Obama gereicht - Ökonomie was DAS Thema.
2.) Ohne die extreme Unbeliebtheit Bushs hätten es die GOPse erheblich leichter gehabt.
3.) So ein Erdrutsch, wie es die Wahlmännermehrheit suggeriert, war es nun auch wieder nicht.
Da war viel Glück im Spiel: Die 11 Wahlmänner aus Indiana gewann Obama mit 1,367,264 zu 1,341,101 Stimmen. In Florida waren es 4,1 zu 3,9 Mio Stimmen, um Obama die 27 Wahlmänner zu verschaffen. Virginia (13 e.v.) 1,7 zu 1,6 Mio zugunsten Obamas. Etc.
Die Erwartungen der Amerikaner und der ganzen Welt, die nun auf dem 44. Präsidenten liegen, sind gigantisch und höchstwahrscheinlich unerfüllbar.
Nahezu jeder Politreporter schreibt über Obama, daß er zuhören könne. Wenn das stimmen sollte, wäre es allerdings ein gewaltiger Fortschritt gegenüber dem Vorgänger.
Bush war ja nicht nur beratungsresistent, sondern realitätsresistent.
Ganz offensichtlich hat er bis heute die größten Probleme des Planeten nicht zur Kenntnis genommen und sie dadurch noch verschärft.
Da kann es nur besser werden.
Ein Zahlenpaar, das in fast allen Artikel vorkommt, ist 55:43 Prozent für McCain bei den weißen Wählern.
Das wird sowohl als Contra, als auch als Pro-Argument für den Einfluss des „Rassenarguments“ bei der Wahlentscheidung angeführt:
Ja, die Weißen waren die einzige Gruppe, die mit deutlicher Mehrheit gegen Obama stimmte.
Nein, im Vergleich zu Gore und Kerry hat Obama in dieser Gruppe sogar mehr Stimmen geholt.
Aber ist es nicht auch irgendwie Rassismus, wenn 95 % der Farbigen FÜR den Demokraten stimmten?
Oder hatten etwa ZUFÄLLIG nur 5 % der Schwarzen mehr Sympathien für das GOP-Wahlprogramm?
Betrachtet man die Hispanics/Latinos als homogene Gruppe (wieso ist das eigentlich zulässig?), stimmten 2/3 für Obama.
Weil ihnen das demokratische Wirtschaftsprogramm besser gefiel?
Weil sie alle Palin nicht mochten?
Oder war es nicht eher eine quasi blinde Solidarität mit einem Mann, der ebenfalls einer Minderheit angehört?
Geht es in unserem grenzenlosen deutschen Obama-Jubel nicht auch um eine Portion Rassismus, wenn auch sogenannten „positiven Rassismus“?
Ich muß mir wohl den Schuh anziehen; ja ich gebe zu, daß ich es toll finde, daß ein Schwarzer Präsident der USA wird. Obwohl ich gleichzeitig behaupte, daß die Rasse überhaupt kein Kriterium für die Eignung ist.
Also, wieso ist es dann gut, daß Obama kein Weißer ist?
Wegen der Symbolik natürlich, wird da die Antwort lauten.
Der Unterschied zu GWB ist so besonders deutlich.
Der Demokrat aus Ohio, mehrfach schon Präsidentschaftskandidat, wäre ein tatsächliches Kontrastprogramm.
Ein wirklicher Liberaler nämlich, der sich was traut, der kompromisslos für Frieden eintritt, Rechte für Schwule einfordert, gegen Kriegseinsätze stimmt, etc .
Lauter nette Züge. Er ist sogar Veganer.
Aber weiß und 62 Jahre alt - in etwa wie Bush also.
Und zum Schluß eine Frage, die ich auch nicht recht beantworten kann:
Schreiberling der Welt ein Schwarzer?
Demnach steht es 50:50 und man könnte doch mit demselben Recht Obama als weiß bezeichnen.
Was ist denn das überhaupt wieder für ein Schwachsinn?
Weiß ist man nur, wenn beide Eltern weiß sind, alle Mischlinge gelten automatisch als schwarz?
Ab wann wird man denn wieder weiß?
Wenn drei von vier Großelternteilen weiß sind?
Oder müssen es gar 7 von 8 Urgroßelternteilen sein?
Ab wie viel Prozent Erbmasse ist „das Schwarze“ zu vernachlässigen?
Oder bleibt man für immer „unrein“?
Wieso sehen wir stundenlang Berichte über Obamas Herkunftsort Kogelo in Kenia?
Das sind seine Wurzeln? Genauso berechtigt wäre es doch aus Kansas zu berichten - wo seine Mutter herkommt.
Dies scheint mir nun wirklich RASSISMUS zu sein, weil hier schwarz und weiß unterschiedlich definiert werden.
Können wir uns nicht endlich damit abfinden, daß die nazistische Rassenlehre ein kompletter SCHWACHSINN war und wir alle nicht „rein“ sind?
Ich stamme beispielsweise aus einem binationalen Elternhaus.
Es ist sogar bikontinental.
Laut CDU kann ich aber keine zwei Staatsbürgerschaften haben, weil das „schizophren“ wäre; man könne nicht zwei Solidaritäten haben, hieß es aus dem Hause Schäuble.
Also habe ich nur eine Staatsbürgerschaft und das ist nicht die des Landes, in dem ich geboren wurde und in dem ich lebe.
Bullshit! Aus welchen dumpfen Tiefen kommen solche Ideen?
Wieso muß man das in eine Schablone pressen und sich zu einer Herkunft "bekennen"?
Stimmte die CDU-Ansicht müßte jeder schizophren sein, da man immer das Erbe von Mutter UND Vater in sich trägt. Nicht notwendigerweise sind diese beiden genetischen Erbsätze sehr ähnlich. Im Gegenteil, wenn sie sich SEHR ähnlich sind, Mutter und Vater zum Beispiel Geschwister sind, ist es auch nicht wirklich ideal!
Idiotisch, daß diese Etiketten nach Staatsbürgerschaft und Rasse verlangt werden.
2 Kommentare:
Du hast mich jetzt wirklich total konfusioniert. All diese Fragen!
Wohl das 'meinungs(farben)reicheste Thema auf dem Planeten. ... Farben und so..
Sollte man bei Gelegenheit mal aus verschiedenen Gesichtspunkten betrachten. Sieht ganz nach einem der typisch unloesbaren Problemen der Menschen aus. Farben und so..
Colorfull Gruesse
J.
Obama hat eine ziemlich dunkle Hautfarbe, deshalb gilt er sofort als Schwarzer. Für die weniger privilegierten Rassen in den USA ist es ein großer Erfolg, dass der neue Präsident kein Bleichgesicht ist.
Optimal wäre es, wenn er zwar gut zuhören kann, aber auch immun gegen Manipulation ist.
Die Zahl der Lobbyisten die um ihn "rumtanzen" sollte er stark begrenzen, damit er nicht "konfus" wird...
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