Oberbischof Huber weiß wie Populismus funktioniert und drischt zunächst einmal auf die Manager ein:
Die Menschen müssten befreit werden durch den "Abschied von der Vergötzung des Geldes".
Er kritisierte ein "an kurzfristiger Renditemaximierung orientiertes Verhalten"; für Christen seien "Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit entscheidende Maßstäbe".
Gastredner war der bedeutende Arbeiterfreund Wolfgang Schäuble.
Das könnte so eine nette Synode werden, in der man sich kirchlicherseits dem Klimaschutz widmet und für dieses planetare Gigaproblem mal eben eine Lösung entwirft.
Zu blöd, daß es auch in den synodlichen Reihen die ewigen Querulanten gibt.
So forderte eine Gruppe um den Heidelberger Theologieprofessor Ulrich Duchrow, die Rücknahme der im Juli veröffentlichten Denkschrift "Unternehmerisches Handeln aus evangelischer Perspektive".
Benjamin Lassiwe schreibt in der Lausitzer Rundschau empört:
Eine Gruppe Theologen um den notorischen Kapitalismuskritiker und Alt-68er Ulrich Duchrow wirft der EKD vor, sich mit ihrer Unterstützung der sozialen Marktwirtschaft in Wirklichkeit für einen "neoliberalen Kapitalismus" einzusetzen, und "den herrschenden Mächten in Wirtschaft und Politik" nach dem Mund zu reden. Doch glücklicherweise sind diese Stimmen auch in der Evangelischen Kirche mittlerweile in der Minderheit. Denn wollen die Protestanten in der Öffentlichkeit gehört werden, und wollen sie mit ihren Positionen die Wirtschaftswelt verändern, ist für romantisierende Ideologien von Vorgestern kein Platz mehr da.
Genau!!! So ein sozialistisches Pack!
Bischof Huber is not amused und widerspricht vehement.
Seine Denkschrift sei "geradezu prophetisch" und nichts müsse man zurück nehmen.
Ach ja?
Gucken wir doch mal in den Wortlaut.
Bezeichnenderweise findet man ihn beim googlen nicht zuerst auf der ekd-Seite, sondern abgedruckt vom Bundesverband Deutscher Banken.
Die Herren des Geldes sind sehr zufrieden mit ihrer Kirche und schreiben:
15. August 2008 - Ein Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft und die Ermutigung zu unternehmerischem Handeln sind Kernelemente der kürzlich vorgelegten Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Sie begeistern sich geradezu für die evangelische Sicht auf ihre Tätigkeit.
Fröhlich zitieren sie aus dem Schlußwort der Evangelen-Denkschrift:
Besser hätte es ja auch eine PR-Agentur nicht für die von Arbeitgeberverbänden finanzierte „Initiative neue soziale Marktwirtschaft“ formulieren können.
Das 129-seitige Dokument ist eine wahre Formulierungsfundgrube für echte Christen wie Friedrich Merz („Mehr Kapitalismus wagen“) oder Günther Öttinger.
„finden sich große, zumeist börsennotierte Konzerne, in denen Aktionäre, Aufsichtsratsmitglieder, Vorstände und leitende Mitarbeiter unternehmerische Verantwortung innehaben und sie mit anderen teilen. Sie alle tragen Erhebliches zur gesellschaftlichen Wertschöpfung bei – in rein ökonomischem Sinne, aber auch in sozialer Hinsicht.“ (s.24).
Statt sich um das ärmste Drittel der Bürger zu kümmern, haben die Bischöfe ein unternehmerisches Herz. Der Staat solle Unternehmern den roten Teppich auszurollen; dies obläge der Gesellschaft als Ganzes:
So arbeitgeberfreundlich ist die evangelische Kirche nicht etwa aus ordoliberealer Überzeugung, sondern Gott will es so:
In christlicher Sicht erwächst die Motivation zu unternehmerischem Handeln aus Gottes Berufung. Sie ermutigt den Einzelnen, Verantwortung für sich und andere an seinem konkreten Ort zu übernehmen.“ (s.47)
Ganz selten einmal mögen vereinzelte Unternehmer nur an ihr eigenes Wohl denken - aber das käme kaum vor:
Wie rückständig von den nicht börsenotierten Unternehmern!!!
Und wie naiv, wenn unmaßgebliche Leute wie Helmut Schmidt den Kapitalmarkt regulieren wollen. Die evangelische Kirche hat dafür nur Bedenken übrig:
Weniger ergiebig ist die EKD-Denkschrift für Hartz-IV’ler - aber das darf man der Kirche auch nicht verdenken, denn was kommt bei denen Kirchensteuermäßig schon rum?
7 Kommentare:
Irgendwie verstehen diese Systemen nicht das z. B. eine Klimakatastrophe nicht am St. Nimmerleinstag stattfinden wird sondern schon ziemlich bald und das dies nicht das einzige Problem ist das der ungezügelte Kapitalismus hervorruft.
Klimawandel: Schneller, stärker, früher
http://www.wwf.de/presse/details/news/klimawandel_schneller_staerker_frueher/
Ja, das ist SAGENHAFT.
Wir wissen das auch schon sooo lange und dennoch grätscht die Merkel gleich noch dem Klimaschutz in die Beine, wenn die Autoindustrie mal kurz hüstelt.
Als ich vor über 20 Jahren anfing zu studieren, gab es bei uns das "interdisziplinäre Forschungsprojekt Zirkulation und Schadstoffumsatz in der Nordsee (ZISCH)"
"Zisch" - den Ausdruck fanden wir als Erstsemenster so lustig - aber schon damals war ausführlich an den Unis die Rede vom Klimakollaps und der Erderwärmung.
Dazu gab es die sogenannte "Alternative Vorlesungsreihe" mit Gastdozenten von überall her und großem Interesse.
Ich kann es nicht glauben, daß wir zwei Dekaden später immer noch denken wir können das auf die lange Bank schieben.
Wie ich halt immer sage: Die Menschen sind einfach ZU DUMM!!
Nicht dumm, tammox, sondern entweder desinteressiert (ein von anderer Seite durchaus erwünschter und herbeigeführter Effekt) oder korrumpiert.
Typisch sind diese ganzen Wirtschaftslenker und Politiker um die 60. Die haben alle bis zu ihrem Tod nichts mehr zu verlieren. Wenn die den Planeten ruinieren, dann werden sie es sicherlich nicht mehr ausbaden.
Gewissen darf man da keines mehr erwarten. Wer den Ellenbogen schon als junger Mensch so total verinnerlicht hat, wie diese Schwindler und Raubaffen, den wird auch die "Altersweisheit" garantiert nicht mehr davon kurieren.
Der Nordstern.
Lieber Nordstern, ich denke schon, daß man in diesem Zusammenhang „dumm“ und „desinteressiert“ relativ synonym verwenden kann.
Jedenfalls wäre es SCHLAU nicht so desinteressiert zu sein.
Heute habe ich mich beispielsweise in einigen SPD-nahen Foren rumgetrieben und allerlei Kommentare zu Hessen gelesen.
Diejenigen, die sich selbst als einigermaßen links verstehen, schäumen alle vor Wut - verständlicherweise.
Nicht verständlich ist hingegen, daß eine nicht unerhebliche Anzahl bekundete nun „aus Protest“ bei den zu erwartenden Neuwahlen gar nicht mehr zu wählen.
Das ist kein Protest, sondern ein Geschenk an Roland Koch!
Mit einer CDU-Regierung in Hessen wird es dann ja auch sicher ganz doll sozial!
Junge Leute, die so argumentieren, sind für mich noch dämlicher als die gescholtenen 60er. Diejenigen, die jetzt in den Parlamenten sitzen und „Falsche“ Politik machen, haben sich immerhin überhaupt aufgerafft sich zu engagieren.
Das finde ich immer noch besser, als das unfassbare Desinteresse.
wenn ich die Texte hier recht verstehe, dann sind auf diesem Blog auch lauter notorische Kapitalismuskritiker und Alt-68er versammelt. Abgesehen davon, dass Ulrich Duchrow mit den 68ern sowenig gemein hat wie Heinrich VIII mit den Martin Luther, ist allein die tatsache, dass er alt ist und zeitlebens geschnitten wurde, kein Argument, ihn zu beleidigen und auszugrenzen, wie das dieser lausitzige Presse-Artikel tut. Da gab es mal noch so was wie einen Anstand, der das Alter ehrt...
Geehrter Muehlstein, ich kann jetzt leider nicht ganz folgen.
Die Lausitzer Rundschau habe ich zitiert und mein Kommentar dazu,
„Genau!!! So ein sozialistisches Pack!“ ist nun wirklich eindeutig ironisch.
Den Schuh „notorische Kapitalismuskritiker und Alt-68e“ möchte ich mir nicht anziehen.
Kritisiert habe ich bestimmte Auswüchse des Kapitalismus und auch politische Handlungen in dem Zusammenhang.
Ich selbst halte ich für sehr moderat und wurde schon in richtig linken Blogs gerne rausgeworfen, weil ich denen zu rechts bin.
http://tammox.blogspot.com/2008/06/zeichen-und-wunder.html
http://notatio.blogspot.com/2008/06/applaus-fr-rita-knobel-ulrich.html
http://tammox.blogspot.com/2007/12/idiosynkratie.html
http://tammox.blogspot.com/2008/01/zurck-gerudert.html
In diesem Posting über die EKD habe ich im Grunde genommen nur aufgezeigt, daß deren Positionen reichlich paradox und verlogen sind. Mal huldigten die Bischöfe dem Kapitalismus - was ich belegte - und als das gerade nicht mehr opportun war, hat die EKD gesagt, daß sie ja schon immer gegen den Kapitalismus waren.
SO GEHT’S NICHT.
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