Als 2008 die deutsche Wirtschaft abzuschmieren begann, saßen Sozis in der Bundesregierung.
Sie wußten, daß in einer einsetzenden Rezession keinesfalls Kaufkraft und Nachfrage abgewürgt werden dürfen und setzten beherzt keynsianisch zwei klassische fette Konjunkturpakete durch.
Am 05. November 2008 legten Steinbrück und Co das Konjunkturpaket I (Maßnahmenpaket „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung“) auf, welches Dutzende Maßnahmen umfasste - darunter die wichtige Verlängerung des staatlichen Kurzarbeitergeldes.
Finanz- und Wirtschaftsministerium betonten stolz:
„Die Maßnahmen der Bundesregierung fördern in den Jahren 2009 und 2010 Investitionen und Aufträge von Unternehmen, privaten Haushalten und Kommunen in einer Größenordnung von rd. 50 Mrd. €. Darüber hinaus gewährleisten Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung und Liquidität bei Unternehmen die Finanzierung von Investitionen im Umfang von gut 20 Mrd. €. Zusammen mit den vom Kabinett am 7. Oktober 2008 beschlossenen Maßnahmen werden allein in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt rd. 32 Mrd. € aus den öffentlichen Gesamthaushalten zur Verfügung gestellt.“
(BMWi und BMF Nov 2008)
Der hyperaktive Bundesfinanzminister Steinbrück ruhte aber auch anschließend nicht und schob sofort ein weiteres staatliches Ausgabenprogramm an.
Das Konjunkturpaket II („Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland zur Sicherung der Arbeitsplätze, Stärkung der Wachstumskräfte und Modernisierung des Landes“) wurde im Januar 2009 beschlossen und hatte sogar einen noch größeren Umfang.
Es umfasste 13 Beschlüsse - darunter die berühmt-berüchtigte „Abwrackprämie“, den „einmaligen Kinderbonus“ von 100 Euro, massive Investitionen in den Breitbandnetzausbau und einen zehn Milliarden-Euro-Zuschuss für kommunale Investitionen.
Fast alle Parteien und Wirtschaftswissenschaftler sahen die Maßnahmen als notwendig an - außer der FDP, die heftig gegen die Maßnahmen wetterte.
Schließlich führten die staatlichen Ausgaben dazu, daß kein anderes EU-Land (außer Polen) so gut wie Deutschland durch die Krise kam.
Die Früchte erntete bizarrerweise ein Wirtschaftsminister Brüderle Leichtfuß, der den „Aufschwung XXL“ in unfassbarerer Dreistigkeit als seinen Erfolg ausgab - obwohl Brüderle selbst jede einzelne Maßnahme als damalige Opposition abgelehnt hatte.
Aber nicht immer siegt Frechheit - wie man mit Blick auf die jetzigen FDP-Umfragewerte sagen kann.
Manchmal aber schon.
Merkel wurde zum Jahreswechsel allgemein als fähige Kanzlerin gelobt; sie habe Deutschlands Linie in der EU durchgedrückt.
Gemeint ist damit, daß Merkel die finanzschwachen EU-Länder in der Rezession zu massiven Sparen zwang.
Also genau das Gegenteil dessen verlangte, womit Deutschland Erfolg gehabt hatte.
Griechenland soll nun statt Konjunkturpaketen die ohnehin abstürzende Ökonomie massiv weiter in die Krise schieben, indem durch rigides Sparen die Nachfrage endgültig abgewürgt wird.
Wie man so eine paradoxe Gaga-Linie als „stringente Politik“ loben kann, bleibt das Geheimnis der professionellen Politkommentatoren der großen Blätter.
Es geht aber immer noch verrückter.
Für den ganz großen Irrsinn haben wir immer noch die katholische Kirche.
Der langjährige Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, nannte das Schuldenmachen „Habgier“.
Lehmann sagte, viele Menschen ließen sich von Habgier leiten und hätten den "Maßstab des guten Lebens" verloren. "Unser künftiges Leben wird gewiss nur gelingen, wenn wir wieder maßzuhalten lernen." Die biblischen Warnungen vor Habgier und Habsucht seien keine altmodischen Redeweisen, mahnte Lehmann. Nicht nur jeder Einzelne, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes müsse stärker darauf achten, nicht über ihre Verhältnisse zu leben. Viele Staaten hätten "in fast unvorstellbaren Größenordnungen Schulden" gemacht und damit künftige Generationen belastet, sagte er.
(swr.de 31.12.201)
Der Mainzer Kardinal - monatliches Gehalt rund 12.000 Euro, berappt vom Steuerzahler und nicht von den Kirchenmitgliedern - verlangt also vom Staat drastische Sparmaßnahmen.
Da die deutschen Kirchen jedes Jahr 19 Milliarden Euro staatliche Zuschüsse kassieren, von denen sie unter zehn Prozent für soziale Zwecke ausgeben, sehe ich hier ein großes Einsparpotential.
Wie wäre es, wenn die RKK auf, sagen wir mal, DIE HÄLFTE der staatlichen Kohle verzichtet, um ein Zeichen gegen „Habgier und Habsucht“ zu setzen?
Aber beim Sparen richtet sich die katholische Ideologie streng nach dem St.-Floriansprinzip aus.
Sparen sollen immer die anderen.
Das beeilte sich auch der derzeitige deutsche Chefbischof Zollitsch festzustellen.
Er sehe weder das Staat-Kirche-Verhältnis noch die Kirchensteuer in ihrer bisherigen Form bedroht, sagte der Konferenzvorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, der „Welt“ in der Dienstagsausgabe. „Wenn von politischer Seite hier und da Kritik geübt wird, ist das ja eine Minderheit“, so Zollitsch. Die Mehrheit der Bevölkerung wisse „sehr wohl um die vielen Dienste und Aufgaben, die wir als Kirche zum Wohl der gesamten Gesellschaft übernehmen“. Genau dafür seien Kirchensteuer und die sogenannten Dotationen gedacht. In Deutschland haben die Kirchen das von der Verfassung gesicherte Recht, von ihren Mitgliedern Kirchensteuern zu erheben.
(Radio Vatikan 27.12.2011)
Wenn es ums Geld geht, ist ganz schnell Schluß mit kirchlicher Solidarität.
Möglichen Forderungen an die Kirche ihrerseits einen Beitrag zu leisten will Zollitsch unbedingt vorbeugen.
Schließlich weiß er von seinen Kollegen in Spanien und Italien, wo die RKK ebenfalls gewaltige finanzielle Privilegien genießt, daß sich der Wind drehen kann und das ewige Füllhorn „Steuerzahler“ möglicherweise doch nicht für immer so üppig Milliarden für die Gottesmänner ausspuckt.
Selbst auf ewiggestrige Kirchenfreunde ist kein Verlass.
Was von den Versprechungen des neuen konservativen Ministerpräsident Spaniens, Mariano Rajoy zu halten ist, erfuhr die RKK, die sich massiv für den Machtwechsel eingesetzt hatte kurz nach dessen Amtsantritt: Gar nichts. Er brach sie sofort.
Unzählige Male hatte [Rajoy] im Wahlkampf versichert, die Steuern nur anzutasten, um sie zu senken. Nun hat er die Einkommensteuer massiv erhöht.
[…] Zwar sind gerade die Spitzensteuersätze auf fast schon skandinavische Werte angehoben worden. Aber erstens sind die Lasten tatsächlich zu Ungunsten der weniger Vermögenden verteilt. Zweitens dürfte das Paket die Rezession potenzieren, die dringend benötigte Schaffung von Arbeitsplätzen vertagen, negative Auswirkungen auf das Rating des Landes haben - und die Spanier schließlich teurer zu stehen kommen, als sie jetzt schon fürchten.
(Süddeutsche Zeitung 02.01.12)
Kann sich das ultrakonservative Episkopat Spaniens überhaupt noch darauf verlassen, daß die neue Regierung all die „kirchenfeindlichen Gesetze“ der Vorgängerregierung - Adoptionsrechte gleichgeschlechtlicher Paare, Homoehe, Lockerung des Abtreibungsverbots, .. - wieder abschafft?
Kommt es gar noch schlimmer und es geht auch der spanischen Kirche ans Geld?
Noch dramatischer sieht es in Italien aus, wo die Kirche Ratzingers traditionell in aberwitziger Weise vom Staat profitiert.
Der neue Ministerpräsident Mario Monti hat schon vier brutale Sparpakete durchgesetzt - assistiert von den ganz auf Lehmann-Linie argumentierenden Gottesmännern Italiens, welche die Steuerhinterziehung im Land lautstark als 'soziales Geschwür' geißeln.
Wenig verwunderlich ist es, daß die Katholische Kirche Italiens in der nach oben offenen Heuchelskala die höchsten Positionen einnimmt.
Sie selbst zahlt nämlich gar keine Steuern!
Mag der Schuldenrepublik der Staatsbankrott drohen, Italiens Gottesmänner drücken sich vor dem Steuerzahlen.
[…] Im Land der Kasten und der Privilegien genießt traditionell auch der Vatikan erkleckliche materielle Vorteile. Dazu gehört die Befreiung des kirchlichen Immobilienbesitzes von der Grundsteuer. Von diesem Vermögen nimmt man an, dass es sich um das größte auf der Welt handelt. Die Schätzungen gehen bis zu einer Milliarde Quadratmeter. Gewiss ist: Sein tatsächliches Ausmaß ist eines der am besten gehüteten Geheimnisse Italiens.
[…] Man spricht in Italien von 100000 kirchlichen Immobilien und davon, dass sie dem Fiskus zwei Milliarden Euro einbringen könnten. Die klammen Gemeinden, denen die Grundsteuer zufließt, schätzten ihren Steuerausfall sehr vorsichtig auf 700 Millionen Euro.
[…] Einen Appell der Webseite der linken Intellektuellen-Zeitschrift Micromega unterzeichneten im Nu 100000 Menschen. 'Es ist ein Skandal, dass die italienische Kirche mehr Gerechtigkeit von den Sparmaßnahmen der Regierung verlangt, ihr aber nicht in den Sinn kommt, sich an den Opfern der Italiener zu beteiligen', protestierte Micromega.
[…] Skandale und interne Machtkämpfe, persönliche Gier und krumme Geschäfte - nur eine Minderheit der Italiener zeigt noch Vertrauen in die Kirche.
[…] Ministerpräsident Monti gab dem Druck der Öffentlichkeit einstweilen nicht nach. Die Regierung wies im Parlament zwar zwei Anträge zurück, die Kirche zur Zahlung der Grundsteuer zu verpflichten.
(Süddeutsche Zeitung 02.01.12)
Aber die gräßliche Idee die unendlichen Geldströme hin zur Kirche etwas anzuzapfen ist in der Welt.
Da wird auch der trägste Bischof wachsam.
Die Sensibilität, die bei den kirchlichen Missbrauchsfällen so schmerzlich vermisst wurde, das beharrliche Weghören der Kirchenfürsten gibt es im Fall der drohenden finanziellen Einbußen nicht.
Hier sind sie hellwach und aktiv dabei ihre Privilegien zu verteidigen.
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