TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

Um die beklagte Seitenaufbaugeschwindigkeit zu verbessern, bin ich auf einen zweiten Blog umgezogen. Und zwar hierhin. Ich bin dankbar für ein Feedback!

Montag, 2. Januar 2012

Noch ein paar Umdrehungen.

Man kann den Menschen immer aus der Provinz holen,
man kann selten die Provinz aus dem Menschen holen.

Es gibt Politiker, die aus allerkleinsten Verhältnissen stammen und so wie das Ehepaar Helmut und Loki Schmidt nie über ein winziges Reihenhaus im Arbeiterstadtteil Hamburg- Bergedorf hinauskamen.
Dennoch ist der bodenständige und heimatverwurzelte Schmidt das glatte Gegenteil von Provinzialität. Nicht mal seine schärfsten Gegner würden ihm oder seiner Frau unterstellen Kleingeister zu sein. Loki, die als Hannelore Glaser mit ihrer gesamten Familie in einer 27-Quadratmeter-Wohnung in bitterster Armut aufwuchs, war aber schon als kleines Kind eine Denkerin, Kämpferin und Forscherin. Ihr Geist war frei.

Der kleine Josef Fischer wurde kurz nach Kriegsende als Metzgerssohn in armen Verhältnissen in Gerabronn geboren. Seine Eltern waren Vertriebene aus Ungarn und fingen bei Null an.
Der kleine „Joschka“ hatte einen wachen Geist, er war umtriebig und hochinteressiert. Obwohl er nie eine klassische akademische Ausbildung genoß - Fischer hat kein Abitur - ereignete er sich als Autodidakt und Gasthörer ein beindruckendes Wissen an.

Auch Gerhard Schröder stammt aus geradezu erbärmlich kleinen Verhältnissen.
Vattern war Hilfsarbeiter auf dem Rummel und starb im Krieg. Anschließend brachte die Mutter als Putzfrau ihre fünf Kinder durch.
Der kleine Gerd „Acker“ Schröder hatte aber auch diese angeborene geistige Unabhängigkeit und machte die ganz lange Ochsentour über jede Menge Jobs, Ausbildungen, Abendgymnasium, Uni bis zum Regierungschef.
Was auch immer man auch von dem Politiker Schröder halten mag - eins ist er gewiss nicht: Provinziell. Er ist nämlich erstens intelligent, zweitens hochinteressiert an vielen Dingen (insbesondere moderne Kunst) und drittens ein begnadeter Zuhörer, der stets dazulernt.

Nicht weit entfernt von Schröder wuchs eine Generation später in Osnabrück der kleine Christian Wulff auf.
Auch er stammt aus tiefster Provinz aus kleinen Verhältnissen.
Nicht so klein allerdings, wie die Verhältnisse der Glasers oder Schröders.
Vater Wulff besaß immerhin eine Tankstelle, die heute noch im Familienbesitz ist.
Auch Wulff stieg kontinuierlich auf, wurde etwas in der Osnabrücker und später Hannoverischen CDU. Brachte es (nach einigen krachenden Niederlagen) zum Ministerpräsidenten, zum Merkel-Vize und erklomm 2010 sogar das allerhöchste Staatsamt.

Im Gegensatz zu den genannten Bundeskanzlern blieb Wulff aber bis heute zutiefst provinziell.

Sein Denken ist niemals über das einen mittelmäßigen Osnabrücker Landrates hinausgewachsen. Seine Persönlichkeit blieb stets so uninteressant, daß er sich mit seinen reichen Freunden schmücken mußte, um sich auch mal wichtig zu fühlen.
Hier ein kostenloser Urlaub, da ein Flug-upgrade, hier ein billiger Kredit und da eine Parteispende. Die ganze Person Wulff ist immer ein erbärmlicher Kleinbürger geblieben, dessen Verstand einfach nicht in der Lage ist über das Klein-Klein Osnabrücks hinauszudenken.

Glückliche Umstände und reiche Gönner vermochten es ihn in höchste Ämter zu katapultieren, aber gut gehen kann das nicht auf die Dauer. Wulff ist zu klein dafür.

Eine frappierende Parallele ist übrigens Guido Westerwelle, der genau wie Wulff den größten Teil seines Lebens in einem Provinzort verankert war.
Das Westerwellesche Osnabrück heißt Bonn-Bad Honnef und so wie Wulffs einziger Umzug von Osnabrück ins nächstgrößer Hannover führte, wechselte auch der Außenminister nur einmal seine Heimatbasis - von Bad Honnef nach Berlin.
Westerwelle hatte unbestritten stets ein großes Maul. Aber seine Provinzialität haftet ihm bis heute an.
Als Außenminister fremdelt er, ist verloren, da er desinteressiert und faktenunsicher ist. Das Amt ist einfach zu groß für ihn, er konnte es nie ausfüllen und wird das auch nie lernen, weil er einfach ein Kleingeist ist.

Was für ein Unterschied zu Joschka Fischer, der nach intensiver Vorbereitung auf das diplomatische Parkett geschmissen von der ersten Sekunde an funktionierte.

Die Klasse der Provinzpolitiker, die es zufällig in hohe Ämter verschlagen hat, ist grundsätzlich affärengeplagter, weil ihr der innere Kompass fehlt ein Problem zu „bewältigen“.

Christian Wulffs Kredit- und Pöbel-Affäre ist dafür ein Parade-Beispiel.

Jedes winzige Details aus dem Handbuch „wie man es auf gar keinen Fall machen darf“ setzt er um: Salamitaktik, Larmoyanz, leere Drohungen, Halbwahrheiten, peinliches Schweigen und Unbesonnenheit.

Nach den Veröffentlichungen vom Wochenende, mit denen sich der Bundespräsident sein eigenes Grab noch ein großes Stück tiefer ausgehoben hat, sehe ich eigentlich nicht mehr wie er noch zu retten sein sollte.

Daß er noch im Amt ist, liegt einzig und allein an der ungeheuer knappen Mehrheit in der Bundesversammlung.

Merkels Händchen bei Bundespräsidenten ist genau so schlecht wie das bei ihren Generalsekretären.
Man erinnert sich an den damals frisch berufenen Laurenz Meyer, der nach seiner Erhebung zum CDU-General losplapperte das Gute sei, Merkel könne sich nicht noch einen Fehlgriff leisten. Und in der Sekunde wußte die daneben stehende CDU-Chefin, daß Meyer ein Fehlgriff war.

Wen sollte Merkel nach ihren persönlichen Kandidaten Köhler und Wulff zum dritten Merkel-Präsidenten küren?
Schon die Wahl Wulffs geriet trotz fast 50 Stimmen starker schwarzgelber Mehrheit um ein Haar zum Fiasko. Über 40 der eigenen Leute gingen ihr von der Fahne.
Daß Wulff überhaupt Bundespräsident wurde ist einzig und allein Gysi und Lafontaine zu verdanken, die im dritten Wahlgang durchpaukten, daß keine LINKEn-Stimmen an Gauck gingen.

Inzwischen hat Merkel in der Bundesversammlung nach der Kette der Wahlpleiten von 2011 aber nur noch drei Stimmen Mehrheit. Damit ist es bei der massiven Unzufriedenheit der rachedurstigen FDP ausgeschlossen einen CDU-Mann glatt durchzubringen.

Ein Wulff-Nachfolger kann derzeit nur ein überparteilicher Mensch sein.

So erklärt sich übrigens auch die entlarvende Zurückhaltung der SPD zur Causa Wulff.
Normalerweise müßten sie einen Präsidenten, der sich so nachhaltig blamiert hat, mehrfach log und auch noch die Pressefreiheit demontieren wollte mit allen Rohren unter Beschuss nehmen.
Aber auch der linken Seite fehlt die Mehrheit.
Daher möchte Gabriel unbedingt Wulff bis zum 06.Mai 2012 im Amt halten. Dann wird nämlich in Schleswig-Holstein gewählt und die zu erwartenden dramatischen schwarz-gelben Verluste dürften die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung drehen.

In der Zwischenzeit bleibt viel Zeit für die Koalitionspolitiker sich weiter mit Wulff zu blamieren.

Hanebüchen was sich ausgerechnet zwei der eher gemäßigten Schwarzgelben schon geleistet haben.

ERSTENS:

Der zweite Mann im Staate fühlt sich bemüßigt, dem ersten beizustehen: Norbert Lammert, der als Präsident des Bundestages im offiziellen Protokoll direkt hinter dem Bundespräsidenten rangiert, kritisiert die Medien für deren Umgang mit Staatsoberhaupt Christian Wulff. Sie hätten "Anlass zu selbstkritischer Betrachtung ihrer offensichtlich nicht nur an Aufklärung interessierten Berichterstattung", moniert der CDU-Politiker.
(stuttgarter-zeitung.de 02.01.12)

Nun sollen also die Medien schuld sein am Ansehensverlust des Bundespräsidenten. Auch ihre "nicht nur an Aufklärung interessierte Berichterstattung" und die "Art und Dauer der Auseinandersetzung" hätten "das Amt und seine Autorität" beschädigt, erklärte Bundestagspräsident Norbert Lammert zum Jahreswechsel.
Dieser absurde Angriff offenbart, dass auch den Parteifreunden von Bundespräsident Christian Wulff die Argumente ausgehen. Dass das Amt beschädigt ist, stimmt ohne Frage. Aber daran sind nun wirklich nicht die Medien schuld, sondern der Präsident selbst. Nicht nur wegen seiner fragwürdigen Kreditgeschäfte, sondern vor allem wegen der Lügen und Halbwahrheiten, die er darüber verbreitet hat. Dass die Wahrheit überhaupt ans Licht kommt, ist allein der Hartnäckigkeit der Medien zu verdanken - dass es so lange dauert, liegt an Wulffs Taktik, immer nur das einzuräumen, was sich nicht mehr bestreiten lässt.
(Malte Kreutzfeld 01.01.12)

ZWEITENS:

Noch grotesker die Justizministerin, die von Amts wegen besonders auf die Einhaltung der Pressefreiheit achten sollte.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Wir sollten jetzt keinerlei Diskussion mehr über das höchste Staatsamt und über die Person des Bundespräsidenten führen. Das richtet nur Schaden an.
Welt am Sonntag: Wir dachten, die Justizministerin sei um Aufklärung bemüht.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Deshalb ist es gut, dass Herr Wulff und sein Anwalt die Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben. Regierung und Opposition sind nun gleichermaßen in der Verantwortung, das Amt nicht zu beschädigen.
Welt am Sonntag: Die Glaubwürdigkeit des Staatsoberhauptes hat bereits gelitten.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Herr Wulff zeigt mit seiner klaren Haltung zu gesellschaftlichen Fragen Glaubwürdigkeit. Ich bin zuversichtlich, dass ihm das auch weiterhin gelingen wird.
(WamS 01.01.12)

Ein Armutszeugnis - aber what else is new bei dieser Bundesregierung?

Dass die schwarz-gelbe Koalition fordert, die Debatte müsse enden, geschenkt. Dass aber eine FDP-Justizministerin das Argument vertritt, die Wahrnehmung von Grundrechten könne eine staatliche Institution beschädigen, ist bemerkenswert. Und was Wulff selbst geritten hat, sich schon im Dezember über Recherchen persönlich zu beschweren, bleibt einstweilen das Geheimnis des Bundespräsidenten.
(Nico Fried 01.01.12)

Es zeugt von merkwürdigem Demokratieverständnis ausgerechnet der liberalen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, wenn sie nun Diskussionen über das höchste Staatsamt und die Person des Bundespräsidenten erst gar nicht zulassen will.
(Jörg Brandscheid 02.01.12)

Es gibt heute bei Spon, SZ, taz und Co eine Menge guter Kommentare zur neuen Entwicklung der causa Wulff; ich werde das nicht alles wiederholen.

Spannend und hervorhebenswert erscheint mir aber das Verhältnis Wulffs zum Springer-Konzern, der lange Zeit wie eine Wulff-PR-Agentur gewirkt hatte.

Stefan Niggemeier dröselt das auf.

Mittlerweile ist Wulffs heißer Draht zu Springer deutlich abgekühlt.

Doch spätestens seit Angela Merkel nicht verhinderte, dass die damals konzerneigenen Mitarbeiter des PIN-Auslieferungsdienstes einen Mindestlohn beziehen (was dem Verlag einen dreistelligen Millionenverlust bescherte), sind die Beziehungen zu dem Pressekonzern nicht mehr die alten. Dass sich die Kanzlerin nicht persönlich in der Befreiung von zwei im Iran inhaftierten BILD-Reportern engagierte, stieß Döpfner übel auf. Er beklagte ihre „Eiseskälte.“
(Michael Naumann 02.1.12)

Daß Wulff offenbar von allen guten Geistern verlassen ist, zeigt sein Telefonterror.

Als BILD die erste Veröffentlichung plante, erfuhr Christian Wulff – auf Staatsreise unterwegs im arabischen Raum – von dem journalistischen Scoop und bellte dem Chefredakteur Kai Diekmann eine Art Kriegserklärung auf die Mail-Box. Es war nicht der einzige Versuch des Bundespräsidenten, der „Vierten Macht“ das Handwerk zu legen. Der nächste Anruf galt dem Vorstandsvorsitzenden des Axel-Springer Verlags, Mathias Döpfner. Seine lautstarken Vorhaltungen aus der Ferne verhallten frucht- und sinnlos. Ein dritter Anruf, diesmal bei der Mehrheitsaktionärin Friede Springer, so heißt es, soll mit ihrer kühlen Auskunft geendet haben, dass die Witwe des Verlagsgründers keinen Einfluss auf ihre Chefredakteure zu nehmen pflege.
(Michael Naumann 02.1.12)

Wulff wähnt sich übrigens nicht das erste mal über dem Gesetz und der Pressefreiheit.
Schon einmal versuchte er mit massiven Drohungen Berichterstattungen Springers zu unterbinden.

Die „Welt am Sonntag“ hatte im Sommer vergangenen Jahres bei einer Recherche ganz ähnliche Erfahrungen wie nun die „Bild“-Zeitung gemacht. Um eine Veröffentlichung zu verhindern, intervenierte das Bundespräsidialamt massiv – nicht nur beim Chefredakteur, sondern auch an höchsten Verlagsstellen. Einer der Autoren wurde in dieser Sache ins Schloss Bellevue gebeten, wo der Bundespräsident persönlich mit unangenehmen und öffentlichkeitswirksamen Konsequenzen im Fall einer Veröffentlichung drohte.
(Die Welt 02.01.12)

Weswegen reagiert das Staatsoberhaupt eigentlich so dermaßen dünnhäutig auf Kritik?

Liegt es nur daran, daß noch weitere Lügen des größten Heuchlers der Bundesrepublik aufgedeckt werden könnten?

Doch die Kritik an Wulffs unsouveräner Intervention ist nur Auftakt neuer Auseinandersetzungen um den Präsidenten. Im niedersächsischen Landtag droht ihm in den nächsten Wochen viel Ungemach: Die Opposition will mit Anfragen und Debatten Ungereimtheiten bei der Kreditvergabe und vermuteten Falschinformationen nachgehen, selbst die CDU mahnt Wulff jetzt zu "lückenloser Aufklärung der Vorwürfe."
Die SPD etwa hat den Verdacht, dass die von Wulff vorgelegte Liste der Urlaubsaufenthalte in Ferienquartieren von Freunden nicht vollständig war. "Wir haben entsprechende Hinweise", sagt Fraktionsgeschäftsführer Cornelius Schley unserer Zeitung. "Wulff verschleiert, so lange es geht, danach räumt er stückweise die Fakten ein".
Unter die Lupe nehmen wollen SPD und Grüne auch Verbindungen des damaligen Ministerpräsidenten zu Unternehmen, die über einen niedersächsischen CDU-Spendensammelverein seit Jahren die Parteikasse füllen.

(Der Westen 02.01.12)

Fürchtet Wulff so massiv weitere Details über Urlaube oder Kreditkonditionen?
Meiner Ansicht nach hat die BILD noch einiges mehr im Köcher.
Es gibt massenhaft Gerüchte über Recherchen bezüglich der Vergangenheit der First Lady, die schon seit geraumer Zeit von Kreuznet hartnäckig als „die Kebse Fräulein Körner“ genannt wird und angeblich den MP Wulff in einem Osnabrücker Puff kennengelernt haben soll.

Dass die Bild das unschuldige Opfer eines Präsidenten auf Kriegspfad ist, daran glauben tatsächlich die wenigsten in der [CDU].
Aber, auch das geben viele zu bedenken, wisse man eben nicht, worum es in dem Streit zwischen Wulff und der Bild-Zeitung tatsächlich gehe. Womöglich sei der Kredit nur einer der Gründe für den Dissens. Viele weisen darauf hin, dass die Bild für ihre oft grenzwertigen Recherchemethoden bekannt sei.
Lasse Becker, der Vorsitzende der Jungliberalen, deutete an diesem Montag auf Twitter an, was viele sich nur zuraunen: Dass es in dem Streit Wulff-Bild womöglich nicht nur um "um den Kredit gegangen sein" könnte. Über eine weitere Enthüllungsgeschichte, die die Bild angeblich zu Wulff in der Hinterhand hat, kursieren seit längerem Gerüchte in Berlin.

(Michael Schlieben 02.01.12)

Sollte es stimmen, daß Frau Wulff früher Prostituierte war, würde Wulffs Verhalten erneut seine Provinzialität zeigen.
Ich bin ziemlich überzeugt davon, daß Deutschland längst soweit ist über die Familie Wulff deshalb nicht den Stab zu brechen.
Wir haben immerhin schon lange einen schwulen Außenminister.
Weder das eine, noch das andere wird als verwerflich angesehen - außer in einigen ultrafundamentalistischen Katholenkreisen.

Deutschland ist aber nicht so weit sich einen Bundespräsidenten gefallen zu lassen, der andauernd lügt, vertuscht und verschleiert.

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