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Dienstag, 6. April 2010

Miseria Austria

USA, Irland, Deutschland. Diese drei Länder in einem Satz genannt, lösen sofort die Assoziation „kirchlicher Mißbrauch“ aus.
Für den Vatikan sind diese drei Länder besonders unglückliche Kandidaten für große Skandale.
Irland gilt als eins der katholischsten Länder überhaupt und bildet den großen Gegenpart zu den Anglikanern auf den britischen Inseln. Deutschland und Amerika sind die beiden reichsten Länder in Ratzingers Portfolio; niemand zahlt mehr Geld in die Vatikanischen Kassen.
Handelt es sich also um eine Art schwarzen Humor Gottes, daß Ratzinger ausgerechnet mit diesen drei schwer zu übersehenden Ländern kämpfen muß?
Nein, Gott hat diesbezüglich wohl eher nicht seine Finger im Spiel.
Es ist nur eine spezielle Wahrnehmung, daß die katholischen Kinderficker-Klagen gerade in diesen drei wichtigen Ländern kulminieren.
Es ist lediglich eine Frage der Reihenfolge, wo die Omertà Catholica zuerst kollabierte.
Amerika bot sich dafür an, da es dort traditionell die meisten auf Entschädigungen spezialisierten Zivilrechtsanwälte gibt.
Inzwischen mußte fast ein Dutzend Diözesen Konkurs anmelden.

In Wahrheit bröckelt die Schweigefront aber in allen Ländern mit katholischer Geschichte - und wer wüßte das besser als der „Bücher-Ratz“, über dessen Schreibtisch 24 Jahre lang alle Priester-Sexskandale gingen?
Die katholischen Laiengremien in Deutschland sollten sich also nicht so grämen, daß sie noch keinen eigenen papalen „mea maxima culpa“-Brief bekommen haben.
Vermutlich ist man hinter Vatikanischen Mauern längst dabei den Pädosex-Hirtenbrief an die Iren in die 60 Sprachen zu übersetzen, in denen auch die Urbi Et Orbi-Sprüche aufgesagt werden.
Da wäre noch eine Menge Porto zu bezahlen, wenn nicht der Vatikan in der glücklichen Lage wäre seine Briefmarken selbst zu drucken.

Ganz in den Hintergrund gedrängt wird derzeit eigenartigerweise ausgerechnet das Mutterland der perversen Kleriker: Österreich, das Alpenland des Staatskatholizismus, dessen habsburgischen Herrscher sich stets auch „katholische Majestät“ nannten.
In Wien war es über lange Jahre der Primas selbst, der ganz offen kleine Jungs sexuell bedrängte.
„S’Hosentüarl zu - wir ham Religion“ raunten sich die Schüler gegenseitig zu, wenn der spätere Kardinal Groer den Klassenraum betrat.
Geändert hat er sich nie - noch als Greis griff er beherzt sogar komatösen Jungs im Krankenhaus an den Schniedel.
Es wunderte wenig, daß Groers wortgewaltigster Verteidiger, Bischof Kurt Krenn, Jahre später selbst darüber stolperte, daß sein Priesterseminar in St Pölten offenbar nur ein getarnter Homo-Puff war.
Regens und Subregens stellten mit den jungen Seminaristen Sexszenen aus Pornos nach und sammelten nebenbei noch 40.000 Homoporno-Dateien auf den Rechnern des Priesterseminars.
Seine Exzellenz Kurt Krenn, der sich weit über die Grenzen seines Landes einen Namen als der unerbittliche Mr Homophob gemacht hatte, wurde auf einmal ganz weich und entschuldigte den Swinger-Sumpf in seinem Seminar mit dem legendären Ausspruch, das seien alles nur „Bubenstreiche“.
Genützt hat es freilich nichts - wie schon im Fall Kardinal Groer, der einen päpstlichen Coadjutor geschickt bekam und fürderhin nicht mehr allein handeln durfte, bekam auch Krenn einen Vatikanischen Visitator aufs Auge gedrückt und war bald Ex-Bischof Krenn. Am 11. August 2004 trat er "auf Bitten des Ppastes" zurück.
In Österreich kochen diese Art Katholenskandale schon längere Zeit bis an die Oberfläche.
Kardinal Hans Hermann Groer trat 1995 als Vorsitzender der Bischofskonferenz und Erzbischof von Wien zurück.
Der aktuelle Wiener Kardinal Schönborn nannte die intensiven Recherchen der Medien Anfang der 1990er „Verfolgungsmethoden wie unter den Nazis“.

Auch wenn an der Spitze einige stolperten, heißt das nicht, dass niedere Kirchliche Chargen der Alpenrepublik nicht nach dem ewigen Muster der Omertà Catholica vertuscht hätten.

Es gab beispielsweise einen Pater, der in den 80er Jahren seine Schüler im Internat des Privatgymnasiums des Bregenzer Zisterzienser-Klosters Mehrerau im Vorarlberg brutal schlug und sexuell missbrauchte.
Nachdem er damals alles seinen kirchlichen Vorgesetzen gestanden hatte, wurde er stillschweigend nach Tirol versetzt, wo er weiter als Lehrer arbeiten konnte.
Im selben Kloster wurde 2001 ein Fall publik, bei dem ein Priester einen drogensüchtigen Jungen erpresste und vergewaltigte - er wurde allerdings sofort supendiert.
Der Salzburger Erzabt Bruno Becker trat letzte Woche die Flucht nach vorn an, gab zu vor 40 Jahren Minderjährige missbraucht zu haben und trat zurück.

Michael Frank, der SZ-Korrespondent in Wien, wird deutlich:

In Österreichs Kirche herrscht blankes Entsetzen über zahlreiche Enthüllungen von Kindesmissbrauch durch Kleriker. Relativ zur Größe des Landes ist Österreich mit mehr kirchlichen Missbrauchsfällen konfrontiert als Deutschland. […] Österreich entsetzt sich besonders, dass sexuelle Übergriffe und Quälereien noch bis in jüngste Zeit angedauert haben. Aus Vorarlberg wird gar gemeldet, in einer Klosterheimschule seien Zöglinge mit Pornofilmen, Alkohol und anderen Drogen traktiert worden, gefolgt von sexuellen Übergriffen bis zur Vergewaltigung.

Es kämen laufend neue Fälle ans Licht.
Die weltberühmten Wiener Sängerknaben haben eine ebenso düstere Seite, wie die Regensburger Drecksspatzen und mußten jüngst einen Missbrauchsbeauftragten einstellen.

Der Betroffenenverband “Opfer kirchlicher Gewalt” plant inzwischen konkrete Klagen gegen den Eisenstädter Diözesanbischof Paul Iby und den Grazer Altbischof Johann Weber.

Ganz besonders brisant sei für die fromme Alpenrepublik, daß der erste Fall, den Österreichs Katholische Kirche selbst aufklären wollte und ein öffentliches Kirchengerichtsverfahren einleitete, vom Vatikan „kassiert“ wurde.
Es handelte sich um den Fall eines steirischen Pfarrers, der von 1982 bis 1987 bis zu zwanzig Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht oder belästigt hatte und bis Anfang März im Burgenland tätig war und von deren Eltern hartnäckig angeklagt wurde.
13 Jahre lang wimmelten die Kirchenoberen die Opfer ab und schützten den steierischen Sextäter.

Erst nach einem Bischofswechsel 2001, so zeichnet die Wiener Wochenzeitung Falter den Fall nach, kam es zum kirchlichen Prozess vor dem erzbischöflichen Metropolitan- und Diözesangericht in Salzburg. Der Priester wurde für schuldig befunden. Die Glaubenskongregation in Rom aber hob 2006 zu aller Überraschung den Schuldspruch auf: Die Sache sei verjährt.

In dem zuständigen Gremium saß unter anderem auch Wiens Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn.
Da war Ratzinger schon Papst und die ganz große Glocke der myriadenfachen Kindersexfälle in den USA hatte schon vier Jahre zuvor geläutet!

Dieser Fall sei auch allen Journalisten, wie zum Beispiel dem SZ-Kirchenmann Matthias Drobinski, anempfohlen, die zwar durchaus die Katholische Kirche kritisieren, aber dem Papst hartnäckig attestieren er habe sich zum knallharten und kompromisslosen Aufklärer entwickelt, da „einfach zu viele Fälle über seinen Schreibtisch gegangen“ wären.
Er habe dazu gelernt und wolle den Augiasstall wirklich ausmisten.

Nette Theorie - es ist aber offenbar eher da Gegenteil der Fall, wie auch der Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Sodano, während der Osterfeierlichkeiten predigte:

"Heiliger Vater, das Volk Gottes ist mit Dir und wird sich nicht von dem unbedeutenden Geschwätz dieser Tage beeinflussen lassen", sagte Angelo Sodano unter dem Jubel der Anhänger des Papstes, die trotz des regnerischen Wetters auf den Petersplatz gekommen waren.

Kindersexskandale sind also alles bloß Geschwätz.

So macht man sich Freunde Herr Kardinal!

Die Leiterin des US-Opferverbands SNAP, Barbara Blaine, bezeichnete Sodanos Rede als beleidigend. Den Opfern gehe es um Trost und Heilung. Ihre Aussagen sollten nicht als "unbedeutendes Geschwätz" abgetan werden.

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