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Sonntag, 10. Februar 2008

Wieder wabernde Wirrnisse im Wahlkampf

Es ist Wahlkampf und da fragt in der Post-Koch-Ära jeder ordentliche Boulevardjournalist nach den kriminellen Jugendlichen, den jungen Schlägern, den Abeghängten, den Prekären, den gewalttätigen Kindern. Kurzum also nach dem häßlichen griffigen Thema mit den unübersichtlichen und komplexen Ursachen, die man sonst gerne ausblendet.
Nun also als nächstes die Wahl in Hamburg mit der knallharten CDU, die mit Schill und Kusch zusammen regierte, zwangsweise Brechmittel einsetzte und wieder auf Strafen und geschlossene Jugendheime setzte.
Wie hat sich hier die Kriminalität und die Politik gegenüber den rabiaten Teenagern entwickelt? Man weiß es eigentlich nicht, da der Senat bekanntlich nicht mit Zahlen umgehen kann. Gerade jubilierte er ja noch, daß so unheimlich viel mehr Jugendliche in den Knast gesteckt würden und nicht mehr nwie bei den "luschigen Alt-68ern" nur Bewährung bekämen.
Der seltsame Wandel in den Gefängnissen begann schon zu Kuschs Zeiten; 2002. Noch im Jahr zuvor hatte das Statistische Amt Nord gemeldet, dass rund 60 Prozent der Jugendstrafen in Hamburg zur Bewährung ausgesetzt wurden. Nun waren es plötzlich nur noch 30 Prozent. Auch in den folgenden Jahren wurden angeblich zwei von drei verurteilten Jugendlichen in den Knast geschickt. Die Erklärung fand nun der Hamburger Kriminologe Professor Bernhard Villnow in einer Untersuchung. Spöttischer Titel seiner Studie: "Weltstadt Hamburg - kriminalstatistische Provinz?". Die CDU hatte einfach nicht begriffen wie die Justizcomputer funktionieren. Die Häkchen rückten immer an die falsche Stelle. In Wirklichkeit ist es seit CDU-Amtsantritt genau umgekehrt – 70 % der verurteilten Jugendlichen bekommen Bewährung, nur 30 % wandern in den Knast.
Selbst Justiz-Senator Lüdemann hat das im September 2007 gemerkt – allerdings nichts gesagt – weder der fragenden SPD noch der Öffentlichkeit.
Es wäre ja die Wahrheit gewesen und die käme einem Hamburger CDU’ler niemals über die Lippen!
Klaus Peter Hesse, CDU-Jugendexperte verbreitete gestern in der Mopo:
Die Zeiten sozialdemokratischer Kuschelpädagogik auf Kosten der Opfer dürfen nicht wiederkommen. Hamburg ist unter der CDU sicherer geworden.
Das ist also die CDU-Linie.
Und was ist die Wahrheit?
Trotz aller Ankündigungen, mit harter Hand die Gewalt einzudämmen, steigt die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen an. Konkret gibt es folgende Zahlen bezüglich der schweren und gefährlichen Körperverletzungen in Hamburg. Zu Beusts Amtsantritt 2001: 3451 Fälle, 2002: 3855 Fälle, 2003: 4303 Fälle, 2004: 4603 Fälle, 2005: 5043 Fälle und 2006: 5253 Fälle. GGroßartige Entwicklung Herr Hesse! Mit 42 Prozent sind fast die Hälfte der Täter unter 21. Und die Zahl der jungen Tatverdächtigen bei Körperverletzungen stieg von 2001 bis Ende 2006 sogar um 56 Prozent. Hamburg hat bundesweit den höchsten Schulabbrecher-Anteil. In Vierteln mit hohem Migrantenanteil wie der Veddel oder St. Pauli verlässt sogar jeder Dritte die Schule ohne Abschluss.
Eins ist also klar; die sogenannte harte Linie mit Knast und Warnschussarrest bringt nichts!
Im Knast lernt man kriminell zu werden - je mehr Knast, desto höher die Rückfallquote.
Dies geht auch sehr eindeutig aus einer Anfrage von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an die Bundesregierung hervor und über die der Spiegel morgen berichten wird:
Die von Teilen der CDU und der CSU geforderte Verschärfung des Jugendstrafrechts wäre kaum geeignet, kriminelles Verhalten junger Menschen einzuschränken. Dies legt eine Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage nahe. Derzufolge wurden in den Jahren 2005 und 2006 jeweils rund 20 000 Straftäter zwischen 14 bis 21 Jahren zu Jugendarrest verurteilt. Nach einer Untersuchung des Bundesjustizministeriums werden etwa 78 Prozent nach einer Jugendstrafe wieder straffällig. Demgegenüber liegt die Rückfallquote nach einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe bei knapp 60 Prozent.
Die CDU-Strategien werden auch von den Fachleuten unisono abgelehnt.
So zum Beispiel von Prof Hinz.
Professor Wolfgang Heinz war bis 2007 Lehrstuhlinhaber für Kriminologie und Strafrecht an der Uni Konstanz. Er ist Urheber einer Resolution, die sich gegen ein schärferes Jugendstrafrecht wendet. Tausende Juristen und Wissenschaftler die Erklärung unterzeichnet:
Die Fachwelt ist einig, dass das, was Politiker derzeit an strafverschärfenden Maßnahmen planen, überhaupt nicht mit den Ergebnissen und Fakten der Verbrechensforschung korrespondiert. Diese sind auch in den beiden Sicherheitsberichten der Bundesregierung nachzulesen. Trotzdem erweisen sich leider Teile der Politik als beratungs- und faktenresistent. Harte Strafen stiften mehr Schaden als Nutzen. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen führen sie dazu, dass mehr Täter rückfällig werden. Es zeigte sich: Harte Strafen wirken nicht abschreckend, weder die Höhe noch die Art der Strafe ist entscheidend. Allenfalls denken die Täter über die Entdeckungswahrscheinlichkeit nach.
Tja, aber was soll's - die Hamburger CDU hat sich ihre bizarre Wahrnehmung noch nie von Fakten verwirren lassen und in Umfragen liegt die CDU klar vor der SPD für die Wahl in exakt zwei Wochen.

Leute überlegt bitte noch mal genauer was Ihr wählt!

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