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Mittwoch, 19. Oktober 2011

Klappe Kirche!

„Die Gläubigen sind selten Denker und die Denker selten gläubig.“
(Hans Daiber)

Üblicherweise hadern katholische Bischöfe mit Fortschritten bei den Menschrechten.
Der Vatikan ist strikt gegen die allgemeinen Menschenrechte und hat auch die UN-Charta nie unterzeichnet.
Damit nicht genug. Insbesondere katholische Bischöfe können es nicht lassen unablässig die Freiheitsrechte anzuklagen.
Daß Frauen gleiche Rechte wie Männer haben sollen („Gender-Ideologie“) oder daß man Männer, die Männer lieben nicht diskriminieren soll, regt sie ganz fürchterlich auf.

Man denke nur, mit welch ideologischer Verhärtung man Absurditäten verteidigt und sogar mit politischer Gewalt den Menschen auferlegen will: Es beginnt mit der totalitären Form der Evolutions-Theorie mit ihrer Vergottung des „Zufalls“ und damit Leugnung der Vernunft im Seienden, es geht weiter mit Umschreibung von Geschichte und vor allem auch mit der Leugnung höherer Gerechtigkeit als der des Staates!
Zur Häresie der Vernunft-Leugnung gehören natürlich auch die Gender-Ideologie, die Legitimierung der Abtreibung, die Verherrlichung der Homosexualität. Ein Angriff auf die Vernunft ist auch die Behauptung, alle Religionen seien gleich, was meist so viel heißen soll, wie dass alle „gleichgültig“ sind und keine gültig sein kann, weil es keine Wahrheit gibt, genauso wenig wie „gesunde Vernunft“!
(Bischof Andreas Laun, 26.04.11)

So lange aber die Launs und Mixas und Müllers und Meisners und Overbecks schimpfen, kann man sich eigentlich beruhigt zurück legen.
Denn dann sind „wir“ ja offensichtlich auf einem richtigen Weg.

Sehr hellhörig werde ich aber, wenn Bischöfe sich außerordentlich zufrieden mit einer Entwicklung geben.
Hört, hört!
Es gibt kein sichereres Indiz als einen applaudierenden Bischof dafür, daß gesellschaftlich irgendetwas völlig falsch läuft.

Gestern war es leider wieder einmal soweit.

Die Deutsche Bischofskonferenz begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Ablehnung der Patentierung von embryonaler Stammzellenforschung. „Dieses Urteil freut mich außerordentlich. Es ist ein Erfolg für die Menschenwürde und ein deutliches Signal gegen den Machbarkeitswahn des Menschen. Es zeigt, dass die Würde des Menschen vom Beginn der Befruchtung an gilt“, sagte Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger, der Mitglied der Unterkommission „Bioethik“ der Deutschen Bischofskonferenz sowie Mitglied im Deutschen Ethikrat ist.
„Das Urteil stärkt unsere Auffassung ‚Mensch von Anbeginn’. Vom Zeitpunkt der Befruchtung an, kommt dem Embryo die Würde eines jeden Menschen zu. Er ist vom ersten Augenblick zu achten; so sind ihm Lebensrecht und Lebensschutz uneingeschränkt geschuldet." Gleichzeitig sei durch das Urteil „der Frage nach der Klonierung eines Menschen zunächst ein weiterer Riegel vorgeschoben.“
(DBK-Pressemeldung 18.10.2011 - Nr. 157)

Da haben wir es wieder.
Eine Technik, die Leben retten kann und die einzige Hoffnung vieler Kranker ist, wird aus ideologischer kirchlicher Verblendung verworfen!

Zu viel Moral!“ kommentiert heute Christina Berndt:

Forschung an embryonalen Stammzellen kann Leben retten - es ist absurd, Patente darauf zu verbieten.
[…] Ausgerechnet bei diesem Thema aber kamen moralische Skrupel auf. Dabei handelt es sich bei der Methode zur Herstellung von Nervenzellen aus Embryozellen, die nun Anlass für das ablehnende Urteil des Europäischen Gerichtshof war, zweifellos um eine Innovation, die allen Anforderungen des Patentrechts genügt. Sie ist neu, originell und würde sich unternehmerisch verwerten lassen. Ärzte träumen schließlich schon lange von neuen Therapien gegen Parkinson, Herzinfarkt und Querschnittslähmung mit Hilfe solcher und ähnlicher Zellen. Ein Milliardenmarkt täte sich auf. Die Erfindung verstoße aber gegen die guten Sitten, meinten Patentrichter.
[…] Die Arbeit mit embryonalen Stammzellen scheint in den Augen der Richter also moralisch verwerflicher zu sein als etwa die Entwicklung von Schnellfeuerwaffen oder die Herstellung gentechnisch veränderter Pflanzen, welche die Flora dieses Planeten womöglich für immer verändern. Die neue Sonderstellung der embryonalen Stammzellen im Patentrecht ist absurd - auch deshalb, weil es Dutzende Patente auf Zellen menschlicher Föten gibt, die rund um die zwölfte Woche der Schwangerschaft abgetrieben wurden.
(Süddeutsche Zeitung, 19. Oktober 2011)


Recht hat sie, die Frau Berndt!

Verdammt noch mal, die Kirchen sollen sich aus den rechtlichen Belangen raushalten.

Für IHRE Mitglieder können sie gerne jede Regel aufstellen - und sei sie noch so absurd.
Aber warum sollte das für die Konfessionsfreien ebenfalls gelten?

Dazu hatte ich schon vor Jahren einen Vorschlag zur Güte unterbreitet.

Dabei wäre die Lösung für all die Probleme so einfach.


Mir schwebt eine christlich/atheistische Entkoppelung vor:

Jedes Mitglied der Kirche darf dann keine Schwangerschaftsunterbrechungen durchführen, darf nicht masturbieren, darf nicht in homosexuellen Partnerschaften leben, darf keine Patientenverfügungen aufsetzen, darf keinesfalls die PID nutzen und muß auch auf durch Gentechnik gewonnene Medikamente gegen Parkinson, Krebs und MS verzichten. Und jedes Kirchenmitglied soll natürlich mit allen Mitteln unter Aufbietung aller erdenklichen Qualen so lange wie nur irgend möglich am Leben gehalten werden. Jedem Mitglied der Kirche ist es streng verboten jedwede Form des Suizids in Betracht zu ziehen.

Für die Menschen, die nicht in den Mitgliederlisten des real existierenden Kirchismus geführt werden, entfallen alle diese Einschränkungen.

Gesetze würden natürlich weiterhin für ALLE Deutschen gelten - lediglich die angesprochenen gesetzlichen Einschränkungen der Freiheit, die ausschließlich religiös begründet sind, würden in ihrem Geltungsbereich auf die Kirchenmitglieder beschränkt.

Immerhin gibt es heute schon solche Zonen eingeschränkten Rechts, wenn es um die Arbeitnehmerrechte der kirchlichen Angestellten geht.
Ein Chirurg in einem katholischen Krankenhaus kann gefeuert werden, wenn er sich scheiden läßt und mit einer anderen Frau zusammen lebt.
Als Kirchenmitglied hat er also eingeschränkte Rechte.
Diese Einschränkung sollte konsequent ausgeweitet werden auf Verhütung, Homoehe, PID und Co.

Christen und Atheisten kämen sich nicht mehr in die Quere und vor allem wäre endlich der Gesetzgeber aus der Schusslinie!

Wenn ein Atheist gegen passive Sterbehilfe oder Stammzellenforschung ist, könnte er in eine Kirche eintreten.
Umgekehrt könnte eine christliche Schwangere, die sich das Recht zur Abtreibung nehmen will, aus der Kirche austreten.

Die Rechte wären individualisiert, Kirchen und Parteien und Politik müßten keine Stellvertreterkriege mehr führen.

Die augenblickliche Situation ist hingegen höchst unbefriedigend.

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