Dienstag, 22. September 2009
Was wurde eigentlich aus…?
Zu den vielen Themen, die plötzlich ganz dramatisch auf die Titelseiten schwappen und genauso wieder vergessen werden, obwohl es nicht die geringste Lösung des Problems gegeben hat, gehört die Piraterie.
Da hatten diverse Politiker den deutschen Reeder Frank Leonhardt massiv kritisiert, daß er für seine Hansa Starvanger überhaupt Lösegeld bezahlt hatte.
Piraten nachzugeben käme einer Aufforderung zu neuen Angriffen gleich.
Schwer kritisiert wurde Frank Leonhardt außerdem von den Angehörigen seiner Besatzung.
Er habe die Verhandlungen viel zu sehr in die Länge gezogen und die Gekaperten einer viermonatigen Tortur ausgesetzt.
Nun war ich nicht bei den Verhandlungen anwesend und kann das diesbezügliche Geschick der Herren der Reederei Leonhardt & Blumberg nicht beurteilen.
Aber eins ist sicher:
Die Alternative sich Hilfe von der Bundesregierung zu versprechen, bestand nicht.
Das von Schäuble (CDU) geführte Bundesinnenministerium und das von Jung (CDU) geführte Verteidigungsministerium debakulierten dermaßen, daß die GSG9 zur Lachnummer von ganz Somalia verkam.
Die beiden CDU-Größen stümperten bei der Einsatzplanung in noch nie dagewesener Weise.
Schließlich mußte die GSG9 mit eingezogenem Schwanz unverrichteter Dinge abziehen.
Die Geiselbefreiung wurde abgesagt, da sich die deutsche Marine (Chef: Jung) und die GSG9 (Chef: Schäuble) wie die Kleinkinder im Sandkasten verhielten und zu keiner Einigung fähig waren.
Ein klassischer Fall von Verschlimmbesserung; nachdem sich Merkels Mannen über alle Maßen blamiert hatten, übermittelten sie der Reederei und den Angehörigen der Geiseln ein „Pech gehabt - nun seht mal allein zu wie ihr da wieder raus kommt“ und legten die Hände in den Schoß.
Die beiden law-and-order-Männer schwiegen sich zu dem Thema seitdem einfach aus.
Reeder und erst recht deren Besatzungen können auf keinerlei Hilfe mehr zählen.
Im April 2009 konnte ich exklusiv einen Stimmungsbericht von der Brücke veröffentlichen:
Ich stehe mit einem deutschen Kapitän in Kontakt, der seit Monaten genau in der Hauptgefahrenzone zwischen Suez, Rotem Meer, Golf von Aden und indischer Westküste hin und her fährt.
Er ist ein außerordentlich friedfertiger und gebildeter Mann, der stets für pazifistische Lösungen eintritt und versucht seinen Job gewissenhaft zu erledigen.
Die Verantwortung liegt allerdings allein auf seinen Schultern, die (deutsche) Reederei gibt keine Anweisungen, wie er es anstellen soll sein fast 300 m langes Containerschiff immer wieder durch die Hauptgefahrenzone zu bringen.
Inzwischen hat der gute Mann das Schiff gewechselt und kommandiert nun einen dickeren und schnelleren Brocken.
Die Bremen* wurde 2003 gebaut, ist 280 m lang, 40 m breit und an die 7o.000 teu schwer. 55000 PS treiben die Bremen auch mit 6000 Containern beladen auf gute 26 Knoten.
Geschwindigkeit ist gut, wenn es gilt Speedbooten zu entkommen.
Gerade fuhr die Bremen von Goa aus kommend gen Suezkanal.
Nachdem einige Monate etwas Ruhe eingekehrt war, bricht langsam wieder Panik aus.
In dem letzten halben Jahr ist politisch nichts passiert.
Die Bundesregierung tut so, als ob sie nicht dazu gehört und das Chaos ist nach wie vor groß.
Die Besatzungen müssen zusehen, wie sie zurechtkommen.
Der Kapitän berichtete mir heute:
Die Piraten werden virulenter.
Gestern hat es eine Schießerei gegeben im GOA Gebiet. Manche Schiffe fahren ja nun mit bewaffneten Söldnern durch. Tja. Ob DAS die Zukunft ist? Andererseits: Was kosten die Marineeinsätze? Warum können wir nicht alle ums Kap fahren? Dann müssten wir auch nicht durch den Suez. Wir sind im Golf von Aden, werden in zwei, drei Stunden Bab el Mandeb sein. Der Monsun lässt nach und die Piraten sind offenbar frisch gestärkt aus dem Urlaub zurück und haben gestern den ganzen Tag lang die Schiffe attackiert. Soweit wir wissen sind aber alle Attacken durch die Marine und die jeweiligen Anti-Piracy Measures der Schiffe (was immer das sein soll) zurückgeschlagen worden. Aber es war ein beständiges Rufen und Melden und Hin und Her auf den Kanälen und die Telexmeldungen haben sich auch überschlagen. Offenbar waren es mehrere Skiffs mit Schwerbewaffneten, die die Schiffe im Konvoi vor uns angegriffen haben. Eines nach dem anderen. Die Krieger sind hin und her gerast, Flugzeuge, Helikopter. Das volle Programm.
Inklusive sämtlicher Funkfehlmeldungen, Missverständnisse, Sprachschwierigkeiten, etc. Ein deutsches Flugzeug und ein britisches Schiff haben auf Kanal 16 über die Wahl der korrekten Funkkanäle gestritten, die Russen haben sich über eine Stunde gar nicht gemeldet, obwohl die Amerikaner pausenlos gerufen haben, ein panischer Kapitän eines griechischen Frachters wurde von Speedbooten verfolgt, konnte aber keinen Funkkontakt zu seinem Konvoykrieger aufbauen. Es hat sich aber ein Inder gemeldet, der zwar nicht in der Nähe war, aber Kontakt zum Konvoykrieger aufbauen wollte. Leider konnte der Grieche nicht sagen, welcher Nationalität sein Konvoykrieger war. Korean, Ukrainean oder Iranean. ??? Iranean Warships?
Der Inder wollte sich wieder melden, verschwand vom Kanal und ließ den weinenden Griechen und seinen stummen Iraner(?) irgendwo im Golf von Aden zurück. Die Piraten haben offenbar vor Verwirrung von selber aufgegeben, denn es wurde kein Schiff gehijackt.
Oh, Mann. Später hat sich doch noch der Konvoykrieger gemeldet. Es war ein European warship. European. Nicht Iranean. Kein Wunder, dass die sich nicht angesprochen fühlten..??? Irgendwie sollten wir hier alle mal die Regeln für die Kommunikation festlegen, das wäre irgendwie gut. Und zum Glück sind die Piraten noch nicht wieder im vollen Einsatzmodus. Die müssen sich wohl auch erst wieder an den Job gewöhnen. Geht einem selber nach dem Urlaub ja auch nicht anders...
Wir hatten gestern Glück. Erstens natürlich ist das Schiff wieder schneller geworden, nachdem uns der Sokotra-Strom entlassen hatte ( Bei Sokotra haben wir mit vollen Umdrehungen und Hebel auf dem Tisch nur 20.4 Knoten gemacht. Hohoho. Krass) und dann hat uns abends ein deutscher Krieger 'aufgepickt'.
Die sind im Korridor patrouilliert und wir sind eine ganze Weile zusammengefahren (bis die eben wieder abgedreht sind). Das war nett, einen Krieger so dicht bei sich zu haben und noch dazu einen, mit dem man im Notfall sogar hätte sprechen können..!!! Der Dritte hat später dann in der Nacht noch einen Konvoy von 25 Schiffen überholt. 25! Und 5 oder 6 Krieger.
Naja, nun noch Bab el Mandeb durch und dann ab zum Suez. In der letzten Woche sind ja zwei Schiffe von Piraten im Roten Meer angegriffen worden. Nichts wird besser. Seufz.
* Name geändert.
Da hatten diverse Politiker den deutschen Reeder Frank Leonhardt massiv kritisiert, daß er für seine Hansa Starvanger überhaupt Lösegeld bezahlt hatte.
Piraten nachzugeben käme einer Aufforderung zu neuen Angriffen gleich.
Schwer kritisiert wurde Frank Leonhardt außerdem von den Angehörigen seiner Besatzung.
Er habe die Verhandlungen viel zu sehr in die Länge gezogen und die Gekaperten einer viermonatigen Tortur ausgesetzt.
Nun war ich nicht bei den Verhandlungen anwesend und kann das diesbezügliche Geschick der Herren der Reederei Leonhardt & Blumberg nicht beurteilen.
Aber eins ist sicher:
Die Alternative sich Hilfe von der Bundesregierung zu versprechen, bestand nicht.
Das von Schäuble (CDU) geführte Bundesinnenministerium und das von Jung (CDU) geführte Verteidigungsministerium debakulierten dermaßen, daß die GSG9 zur Lachnummer von ganz Somalia verkam.
Die beiden CDU-Größen stümperten bei der Einsatzplanung in noch nie dagewesener Weise.
Schließlich mußte die GSG9 mit eingezogenem Schwanz unverrichteter Dinge abziehen.
Die Geiselbefreiung wurde abgesagt, da sich die deutsche Marine (Chef: Jung) und die GSG9 (Chef: Schäuble) wie die Kleinkinder im Sandkasten verhielten und zu keiner Einigung fähig waren.
Ein klassischer Fall von Verschlimmbesserung; nachdem sich Merkels Mannen über alle Maßen blamiert hatten, übermittelten sie der Reederei und den Angehörigen der Geiseln ein „Pech gehabt - nun seht mal allein zu wie ihr da wieder raus kommt“ und legten die Hände in den Schoß.
Die beiden law-and-order-Männer schwiegen sich zu dem Thema seitdem einfach aus.
Reeder und erst recht deren Besatzungen können auf keinerlei Hilfe mehr zählen.
Im April 2009 konnte ich exklusiv einen Stimmungsbericht von der Brücke veröffentlichen:
Ich stehe mit einem deutschen Kapitän in Kontakt, der seit Monaten genau in der Hauptgefahrenzone zwischen Suez, Rotem Meer, Golf von Aden und indischer Westküste hin und her fährt.
Er ist ein außerordentlich friedfertiger und gebildeter Mann, der stets für pazifistische Lösungen eintritt und versucht seinen Job gewissenhaft zu erledigen.
Die Verantwortung liegt allerdings allein auf seinen Schultern, die (deutsche) Reederei gibt keine Anweisungen, wie er es anstellen soll sein fast 300 m langes Containerschiff immer wieder durch die Hauptgefahrenzone zu bringen.
Inzwischen hat der gute Mann das Schiff gewechselt und kommandiert nun einen dickeren und schnelleren Brocken.
Die Bremen* wurde 2003 gebaut, ist 280 m lang, 40 m breit und an die 7o.000 teu schwer. 55000 PS treiben die Bremen auch mit 6000 Containern beladen auf gute 26 Knoten.
Geschwindigkeit ist gut, wenn es gilt Speedbooten zu entkommen.
Gerade fuhr die Bremen von Goa aus kommend gen Suezkanal.
Nachdem einige Monate etwas Ruhe eingekehrt war, bricht langsam wieder Panik aus.
In dem letzten halben Jahr ist politisch nichts passiert.
Die Bundesregierung tut so, als ob sie nicht dazu gehört und das Chaos ist nach wie vor groß.
Die Besatzungen müssen zusehen, wie sie zurechtkommen.
Der Kapitän berichtete mir heute:
Die Piraten werden virulenter.
Gestern hat es eine Schießerei gegeben im GOA Gebiet. Manche Schiffe fahren ja nun mit bewaffneten Söldnern durch. Tja. Ob DAS die Zukunft ist? Andererseits: Was kosten die Marineeinsätze? Warum können wir nicht alle ums Kap fahren? Dann müssten wir auch nicht durch den Suez. Wir sind im Golf von Aden, werden in zwei, drei Stunden Bab el Mandeb sein. Der Monsun lässt nach und die Piraten sind offenbar frisch gestärkt aus dem Urlaub zurück und haben gestern den ganzen Tag lang die Schiffe attackiert. Soweit wir wissen sind aber alle Attacken durch die Marine und die jeweiligen Anti-Piracy Measures der Schiffe (was immer das sein soll) zurückgeschlagen worden. Aber es war ein beständiges Rufen und Melden und Hin und Her auf den Kanälen und die Telexmeldungen haben sich auch überschlagen. Offenbar waren es mehrere Skiffs mit Schwerbewaffneten, die die Schiffe im Konvoi vor uns angegriffen haben. Eines nach dem anderen. Die Krieger sind hin und her gerast, Flugzeuge, Helikopter. Das volle Programm.
Inklusive sämtlicher Funkfehlmeldungen, Missverständnisse, Sprachschwierigkeiten, etc. Ein deutsches Flugzeug und ein britisches Schiff haben auf Kanal 16 über die Wahl der korrekten Funkkanäle gestritten, die Russen haben sich über eine Stunde gar nicht gemeldet, obwohl die Amerikaner pausenlos gerufen haben, ein panischer Kapitän eines griechischen Frachters wurde von Speedbooten verfolgt, konnte aber keinen Funkkontakt zu seinem Konvoykrieger aufbauen. Es hat sich aber ein Inder gemeldet, der zwar nicht in der Nähe war, aber Kontakt zum Konvoykrieger aufbauen wollte. Leider konnte der Grieche nicht sagen, welcher Nationalität sein Konvoykrieger war. Korean, Ukrainean oder Iranean. ??? Iranean Warships?
Der Inder wollte sich wieder melden, verschwand vom Kanal und ließ den weinenden Griechen und seinen stummen Iraner(?) irgendwo im Golf von Aden zurück. Die Piraten haben offenbar vor Verwirrung von selber aufgegeben, denn es wurde kein Schiff gehijackt.
Oh, Mann. Später hat sich doch noch der Konvoykrieger gemeldet. Es war ein European warship. European. Nicht Iranean. Kein Wunder, dass die sich nicht angesprochen fühlten..??? Irgendwie sollten wir hier alle mal die Regeln für die Kommunikation festlegen, das wäre irgendwie gut. Und zum Glück sind die Piraten noch nicht wieder im vollen Einsatzmodus. Die müssen sich wohl auch erst wieder an den Job gewöhnen. Geht einem selber nach dem Urlaub ja auch nicht anders...
Wir hatten gestern Glück. Erstens natürlich ist das Schiff wieder schneller geworden, nachdem uns der Sokotra-Strom entlassen hatte ( Bei Sokotra haben wir mit vollen Umdrehungen und Hebel auf dem Tisch nur 20.4 Knoten gemacht. Hohoho. Krass) und dann hat uns abends ein deutscher Krieger 'aufgepickt'.
Die sind im Korridor patrouilliert und wir sind eine ganze Weile zusammengefahren (bis die eben wieder abgedreht sind). Das war nett, einen Krieger so dicht bei sich zu haben und noch dazu einen, mit dem man im Notfall sogar hätte sprechen können..!!! Der Dritte hat später dann in der Nacht noch einen Konvoy von 25 Schiffen überholt. 25! Und 5 oder 6 Krieger.
Naja, nun noch Bab el Mandeb durch und dann ab zum Suez. In der letzten Woche sind ja zwei Schiffe von Piraten im Roten Meer angegriffen worden. Nichts wird besser. Seufz.
* Name geändert.
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3 Kommentare:
Es ist zwar schon eine Weilchen her, als in einer "Phönix Runde" ein Statement kam (ich weiß nicht mehr von wem), dass der Einsatz deutscher Soldaten in Piratengebieten mit Blick auf die deutsche Geschichte "sehr problematisch" wäre. Es fehlte nicht viel, und ich hätte den nächstbesten Gegenstand ins TV geschmissen.
Äußerst übel, wie feige sich unsere Politiker aus der Nummer herausschwurbeln. Oder wie das Thema totschweigen wird.
Allen Widrigkeiten zum Trotz will unser jüngstes Töchterlein ab nächstes Jahr Nautik studieren um selbst mal Kaptitänin zu werden. Dafür wird sie sich sogar an den Augen operieren lassen.
Liebe Olyly!
Zu der Sache mit Deiner Tochter würde ich Dir gerne noch mal was sagen, das aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist.
Falls Du daran Interesse hast. Wäre es nett, wenn Du mich kurz über meine im Profil genannte Email-Adresse direkt ansprechen könntest.
(Scrole dazu auf meiner Seite runter. Da findet sich dann irgendwann rechts das Feld „Mein Profil vollständig anzeigen“ - ist genau über dem BLOG-ARCHIV)
Auf Deiner Seite habe ich leider keine Kontakt-Funktion gefunden.
LG
Tammox
Hallo Tammox
Und jetzt ist offensichtlich auch noch ein Kommentar steckengeblieben. Daher noch mal: Eine Email dürfte schon bei Dir eingetroffen sein.
In meinem Impressum steht aber doch eine Emailadresse.
Viele Grüße,
Olyly
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