TAMMOX IST UMGEZOGEN / AUS TAMMOX WURDE "TAMMOX-II"

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Donnerstag, 14. August 2008

Die gute Idee.

Jeder von uns begegnet tagtäglich der Amts- und Bürokratensprache, die ganz offensichtlich den Zweck erfüllt maximal wichtig zu klingen bei gleichzeitig garantierter höchstmöglicher Unverständlichkeit.
Hier geht es offenbar um ein Stück Daseinsberechtigung von Amtspersonen - klänge ihr Deutsch klar und verständlich, wäre es wohl zu profan.
Kürzlich hatte ich ein Problem mit dem KFZ-Schein.
Die Stichwortsuche bei den Landesbetrieben Verkehr (LBV) ergibt aber gar keine Treffer mehr.
Offensichtlich hat sich das Wort KFZ-Schein inzwischen so weit verfestigt, daß jeder ihn von einem KFZ-Brief unterschieden kann.
Also mußte sich die Behörde dringend wieder neue Unklarheiten einfallen lassen.
Statt eines Fahrzeugscheins mußte ich also ein Formblatt zur Verlusterklärung der Zulassungsbescheinigung Teil I („erhalten Sie in der Zulassungsstelle“) beantragen.
Vermutlich ist der Sinn dieser Verwirrung der, daß die Antragssteller möglichst schikaniert und ferngehalten werden.
Allerdings haben die Damen und Herren der LBV mit Zitronen gehandelt, denn irgendwann braucht ja doch jeder diesen Schein - egal wie er nun heißt.
Eigenartig.
Dieser Tage sieht man eine Menge Berichte über den zwanzigsten Jahrestag des Gladbecker Geiseldramas.
Wie ich finde, tatsächlich eine irre Geschichte, die viele unfreiwillige Einblicke in das deutsche Wesen erlaubt.
Ich kann mich nicht erinnern jemals in Deutschland von so eklatantem Versagen der Polizei gehört zu haben - wie in einem schlechten Sketch debakulierten die Provinz-Schutzmänner von einem Fettnapf in den Nächsten.
Dummerweise starben dabei einige Unschuldige.
Kommentare abzugeben, ist keine angenehme Aufgabe für die Einsatzleiter von damals - in diesem Fall ist die behördensprachliche Ausdrucksweise natürlich ein guter Schutzschild.
Da klingt es dann nicht mehr ganz so schlimm.
Lassen wir also der Polizei ihr Rotwelsch, wenn es darum geht a posteriori ihre Gaga-Aktionen zu rechtfertigen.

Wird man hingegen als Ottonormalbürger mit simplen behördlichen Anliegen konfrontiert, wäre es hingegen nicht allzu abwegig, wenn man verstünde was von einem gewollt ist.
Darum bemühen sich Germanisten mit dem Projekt Idema; gestartet an der Universität Bochum als Versuch zur Entbürokratisierung der deutschen Sprache.
Die Sprachwissenschaftler haben alle Verwaltungsbehörden im Visier:
Sie senden uns Ihre Schreiben; wir überarbeiten sie so, dass sie verständlicher werden. Auf Wunsch stimmen wir jede einzelne Formulierung genau mit Ihnen ab - so lange, bis Sie mit dem Ergebnis zufrieden sind.
Immerhin haben sich 22 von 700 angeschriebenen Ämtern zur Mitarbeit an Idema erklärt.
(Die Hamburger LBV offenbar noch nicht….)
Zunächst einmal wird dann versucht einige hippopotomosterosesquipedalophile Worte auszumerzen; wie zum Beispiel "Restmüllbehältervolumenminderung".
Selbst die Wissenschaftler des Projekts, wie Frau Blaha, sind aber manchmal überfordert:
Erst neulich wieder musste ich ein Schreiben übersetzen, in dem eine Versickerungsgrube "tagwasserdicht" abgedeckt werden musste. Ich wusste beim besten Willen nicht, was damit gemeint sein sollte. Also habe ich den Beamten angerufen. Er wusste es selbst nicht.

Andere behördliche Ausdrucksformen wurden aber inzwischen entschlüsselt:
RAUHFUTTERVERZEHRENDE GROSSVIEHEINHEIT = Kuh

FERNMÜNDLICH = telefonisch

BEDARFSGESTEUERTE FUSSGÄNGERFURT = Fußgängerampel

RAUMÜBERGREIFENDES GROSSGRÜN = Baum

KINDSMUTTER = Mutter

LAUTRAUM = Disko

Etc.
Idema baut anschließend auch ganze Sätze um und schlägt die Änderungen den Behörden vor:
So besser nicht:
Die Abfallberatung der XY GmbH hat Sie mit Schreiben vom ((Datum)) auf diesen Missstand aufmerksam gemacht und hat Sie gebeten, das Restmüllbehältervolumen entsprechend der Menge des tatsächlich regelmäßig anfallenden Abfalls von bisher X l auf X l Gesamtvolumen zu erhöhen.
Eher so:
Die Abfallberatung der XY GmbH hat Sie deshalb gebeten, größere/zusätzliche Restmüllbehälter zu bestellen (Schreiben vom ...).
So besser nicht:
Das Amtsgericht XY hat mich als zuständige Betreuungsbehörde zu einer erneuten Stellungnahme in Ihrer Betreuungssache aufgefordert.
Eher so:
Ich bin für Ihre Betreuung zuständig. Das Amtsgericht XY hat mich jetzt aufgefordert, zu Ihrer Angelegenheit erneut Stellung zu nehmen.
Falls das Gesundheitsministerium jemals auf die Idee verfallen sollte, die 600 Seiten Gesetzestext und 250 Seiten Änderungsvorschläge zur letzten Gesundheitsreform mit den Großneologismen wie „Morbiditätsorientierter Risikostrukturausgleich“ einzureichen, dürften die Germanisten der Uni Bochum bis ins Jahr 3008 beschäftigt sein.

2 Kommentare:

Po8 hat gesagt…

Wenn Beamtendeutsch verständlich wäre, so liefe man ja in Gefahr, weniger Beamte zu brauchen, weil der Bürger gleich weiß, was er machen muss. Imho auch eine gute Theorie für die Unverständlichkeit des dt. Finanzsystems...

Tammo Oxhoft hat gesagt…

So ist es wohl tatsächlich.