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Sonntag, 18. September 2011

Kommentar zur Wahl in Berlin.

Seit Phil Rösler im Mai Parteivorsitzender wurde, hatte er viermal die Gelegenheit, wie versprochen zu liefern:

Bremen, 22.05.11: FDP=2,4%

Mecklenburg-Vorpommern, 04.09.2011: FDP=2,7%

Kommunalwahlen Niedersachsen, 11.09.2011: FDP=3,4%

Dann radikaler Europopulismusschwenk.
Stolz verkündete der Parteichef unter anderem auf der FDP-Homepage folgenden Gaga-Satz:

"Keine Denkverbote mehr! Um den Euro zu stabilisieren, darf es auch kurzfristig keine Denkverbote mehr geben"
(FDP.de)

Was für ein Schwachsinn. Denkverbote kann es gar nicht geben.
Das ist in der Realität unmöglich. Die Gedanken sind per se frei. Jeder ist außerdem frei LANGfristig und KURZfristig zu denken, was er möchte.

Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses, 18.09.2011: FDP=1,8%

Ich halte zwar nicht sehr viel von der sogenannten Schwarmintelligenz „des“ Wählers, aber so schlau sind die Berliner dann doch gewesen, um Röslers Anti-EU-Gejaule als simple Wahlkampftaktik zu durchschauen.
Wer regiert denn bitte seit zwei Jahren im Bund?
Jetzt ist die FDP total zertrümmert am Boden - eine reife Leistung, denn bei Westerwelles Abgang im Mai, als die Umfragen von 15% auf 5% gerutscht waren hatte man allgemein erwartet schlimmer könne es kaum noch kommen.
Aber der neue Chef hat die Situation tatsächlich noch erheblich verschlimmert und den völligen Untergang im Chaos eingeläutet. Respekt.

Nun, zwei Jahre nach der Bundestagswahl, will Lindi aufhören zu schlafen:

"Das Ergebnis ist ganz ohne Zweifel ein Tiefpunkt und ein Weckruf zugleich."
(FDP-Generalsekretär Christian Lindner 18.09.11)

Beim kontinuierlichen Absturz von 15% auf unter fünf Prozent, auf sogar 2,7% oder 2,4% konnte die FDP-Führung also gemütlich weiterschlafen.
Nun, bei UNTER 2% meint aber der Generalsekretär man könne mal langsam aufwachen.

Direkten Handlungsbedarf, oder gar SCHNELLEN Handlungsbedarf sieht er allerdings nicht.
Man könne sich jetzt erst mal in Ruhe besinnen und weiterchillen:

Lindner unterstrich vor diesem Hintergrund, dass sich nun schnelle Antworten verbieten würden. Jetzt müsse eine "Phase des Nachdenkens, des Zuhörens und der Besonnenheit" beginnen. Er versprach, dass man mit der "Basis ins Gespräch kommen und den Rat der Weisen in der FDP einholen" wolle. "Wir werden daran arbeiten, die Fahne der Freiheit wieder aufzurichten, damit sich die Menschen wieder darunter versammeln können", machte der Generalsekretär der Basis Mut.
(FDP.de 18.09.11)

Ich stimme der FDP-Zentrale heute voll und ganz zu.
Noch hinter der NPD (2,0%) zurückgefallen, hart um Platz sieben mit der Tierschutzpartei (1,6%) und Pro (1,4%) kämpfend, finde ich eine angemessene Einordnung.
Allerdings sollte die Tierschutzpartei ruhig noch an der FDP vorbeiziehen.

Das Gesamtergebnis ist leicht zusammengefasst - die Analyse von Roland Nelles halte ich beispielsweise für zutreffend.

Ein schlapper Sieg für Klaus Wowereit, jubelnde Piraten und eine zertrümmerte FDP: Die Berliner Wähler haben wieder einmal gezeigt, dass sie offen für Experimente sind. Die Kanzlerin steht vor schwierigen Entscheidungen, sie muss das Problem FDP lösen - womöglich durch Neuwahlen im Bund.
[…] Drei Jahre lang war von Berlins Bürgermeister wenig zu sehen. Er hat müde vor sich hinregiert. Doch dann drehte er rechtzeitig zum Wahlkampf auf, er schüttelte Hände, spielte seinen Charme aus. Wowereit war, wie man so schön sagt, auf den Punkt fit. Seine unpolitische Popularität hat ihm das Amt gerettet. Mehr aber auch nicht. Wowereit ist ein Star, der in die Jahre gekommen ist. Kanzlerkandidat seiner Partei wird er mit so einer mauen Vorstellung nicht. Da hat die SPD Bessere.
(Spon 18.09.2011)

Heribert Prantl findet, wie üblich, eine hübsche Metapher für die Bedeutung des heutigen Ergebnisses auf die Bundespolitik.

Alles hat seine Zeit. Und mit der ablaufenden Zeit der zweiten Regierung Merkel ist es mittlerweile so wie mit Weihnachten: Man zählt die Tage, bis es so weit ist. Im Dezember gibt es zu diesem Zweck den Adventskalender, und für jeden Tag, den man noch warten muss, gibt es ein Türchen. So ergeht es einem mit der Regierung Merkel auch; man kennt zwar die Zahl der Türchen nicht, weiß aber, dass fast hinter jeder schwarz-gelben Tür eine böse Überraschung steckt. Immer mehr Bürger erwarten daher das Ende dieser Regierung wie ein Weihnachtsfest. Es ist ein banges Warten. Die Antriebslosigkeit und die Denkhemmung der Koalition erzeugen eine depressive Stimmung; die Bundesregierung hat die politische Libido verloren.
(SZ, 19.09.2011)

Als ich heute den alten und vermutlich neuen Bürgermeister tanzen und jubeln sah, mußte ich an die Wahlnacht vom 21. September 1997 in Hamburg denken.
Die FDP hatte schon damals ein recht realistisches Ergebnis eingefahren (3,5%), aber Regierungschef Henning Voscheraus Partei verlor vier Prozentpunkte und stürzte von über 40% auf 36,2% ab.
Voscherau war in jeder Beziehung das Gegenstück Wowereits. Er schillerte nicht, war weniger umjubelt bei der SPD-Basis und wäre sicherlich der letzte Mensch gewesen, den man „Partybürgermeister“ genannt hätte.
Er galt dafür als besonders fleißig und selbst in den Konkurrenzparteien erkannte jeder an, daß Voscherau politisch außerordentlich kompetent war.
Er war nicht Bürgermeister der Herzen, aber dennoch war die ganze Partei geschockt, als Voscherau noch in der Wahlnacht erklärte, er könne trotz rotgrüner Mehrheit nicht weiter regieren.
Vier Prozent Minus sei für ihn ein zu starkes Misstrauensvotum.
Nur noch 36% betrachte er als „Abwahl“.
Ein Mann, ein Wort. Voscherau trat von der politischen Bühne und gab den Staffelstab an den blassen Ortwin Runde ab, der auch prompt bei der nächsten Wahl die Macht verlor.

36,2 % galten also noch vor 14 Jahren als Debakel.

Als so wenig, daß man nicht weiter regieren könne.
Nun hat Wowereit in Berlin 28% erreicht und die gesamte SPD jubelt vor Glück.

Die CDU kam auf gerade mal 23% und fand’s super:

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat das Abschneiden seiner Partei bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin als "guten Erfolg" gewertet. Die CDU habe "einen sehr gelungenen Wahlkampf gestaltet, hart in der Sache und besonnen im Ton", sagte Gröhe am Sonntag in Berlin.
(Berlinonline 18.09.11)

Sprach man schon vor zehn Jahren von „Politikverdrossenheit“ und gruselte sich bei der Vorstellung „Volksparteien“ könnten auf unter 40% sinken, so sieht man inzwischen schon Ergebnisse von knapp über 1/5 der Stimmen als "guten Erfolg" an.

Der Überdruss an des Wahlvolkes an den bisherigen Parteien wächst immer schneller.
1998 war es revolutionär sich vorzustellen die Grünen könnten in die Bundesregierung kommen.
Nur ein paar Jahre später mußte man als Unzufriedener schon die LINKE wählen.

Kurze Zeit später, im Jahr 2011 haben „die Sonstigen“ (inkl. Piraten), also die Parteien außer CDU, SPD, Grünen, Linke und FDP in Berlin schon fast 20 % der Stimmen.

In einigen Berliner Bezirken konnten selbst von den gerade mal 59% der Wähler, die überhaupt noch zur Wahl gingen, ein Fünftel bis ein Viertel sich nicht durchringen eine der fünf bisherigen Parteien zu wählen.

Friedrichshain-Kreuzberg: 24% „Sonstige“
Neukölln: 20,6% „Sonstige“
Treptow-Köpenick: 20,4% „Sonstige“

Die Fliehkräfte sind enorm und die Parteien scheinen einfach teilnahmslos zuzusehen.

Da immer mehr Parteien ins System drängen - bald sind die Piraten auch wieder „etabliert“ - wäre es aus Gründen der Übersichtlichkeit wünschenswert, wenn alte, überflüssig gewordene Parteien wie die FDP komplett abgewickelt würden.

Die FDP braucht kein Mensch, die FDP wird niemand vermissen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Lindi...wie geil! Lindi schaut aus wie Barny Stinson aus "How I met your mother"
http://de.wikipedia.org/wiki/Neil_Patrick_Harris

Ja, und der Ladyboy...ohne Worte!