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Dienstag, 18. Januar 2011

Amateure

In Nordafrika und auch im arabischen Raum gehen angesichts der aktuellen Geschehnisse einigen Diktatoren die Ärsche auf Grundeis.
Erfolgreich hatten sich insbesondere Ägypten und Tunesien als beliebte Urlaubsländer etabliert und die lästigen Fragen nach Demokratie und Menschenrechten auf die ganz lange Bank geschoben.
Ja, versucht hatte man es ja schon gelegentlich.
Zum Beispiel in Algerien vor 20 Jahren.
1991 hatte das algerische Militärregime die algerischen Wahlen abgebrochen, als sich ein Sieg der Islamischen Heilsfront (FIS) abzeichnete. Die fundamentalistische FIS forderte einen Gottesstaat und ist in Algerien verboten.
„Tried it once, didn’t like it!“ war dann das einhellige Fazit des Maghreblandes.
Es folgten viele Jahre Bürgerkrieg mit mehr als 100.000 Toten, die auf herzliches Desinteresse des Westens stießen. Die USA, die sonst so lautsprecherisch für Freiheit und Demokratie eintritt, will davon im Fall Algerien nichts wissen.
Zu unangenehme Ergebnisse (für den Westen) würden freie Wahlen bringen.
Da unterstützt man viel lieber einen Gewaltherrscher. Staatspräsident Abd al-Asis Bouteflika wurde bei der Wahl 2009 mit über 90% im Amt bestätigt, aber was heißt das heutzutage schon in einer Diktatur?
Man erinnert sich an die 99%-Ergebnisse aus der DDR und dann kam der Herbst 1989.
In dem riesigen Land, Algerien ist ca sechsmal so groß wie Deutschland, gibt es aufgrund der sozialen Lage und der Willkürherrschaft enorme Sympathie für extreme und extremistische Islamische Bewegungen.
Zensur, Verbot der Opposition und Demonstrationsverbot täuschen die Ruhe nur vor; unter der Oberfläche brodelt es.
In den Nachbarländern sieht es nicht viel besser aus.

Ich bewundere die USA und die EU für ihre übermäßige Fähigkeit zu heucheln - mit aller Macht unterstützen sie die Diktatoren, Potentaten und absoluten Könige gegen den Willen ihrer eigenen Bevölkerung.
Ein Ägypten mit einer vom Volk frei gewählten Regierung wäre das letzte, das Amerika gebrauchen könnte.
Noch viel schlimmer wäre Demokratie in Saudi Arabien, wo eine absolutistische Herrscherfamilie sich Milliarden in die eigenen Taschen stopft und dafür Frauen und Schwule steinigen läßt.
Aber die Saud-Familie ist eng mit der Bush-Familie liiert und wer Öl hat braucht keine Demokratie.

Obwohl ich kein Experte bin, will ich noch anmerken, daß sich die nordafrikanischen und arabischen Herrscher nicht alle gleich ungeschickt benehmen.
Einige Emire, der von Katar beispielsweise, sind durchaus beliebt im Volk und stoßen für arabische Verhältnisse erstaunliche Neuerungen an.

Sogar der hierzulande als besonders bizarr angesehene Oberst Muammar al-Gaddafi, der sein sozialistisch-islamisch-militärisches Gebilde Libyen seit 1969 (!) regiert, sitzt einigermaßen fest im Sattel, da er erstaunlich pragmatisch sein kann und seinem Land einen gewissen Wohlstand verschafft hat. Libyen ist nun laut Vereinten Nationen mit einem Human Development Index von 0,755 der höchstentwickelte Staat des afrikanischen Kontinents.

Schließlich sei der marokkanische König Mohammed VI. erwähnt, der seit 1999 regiert und ein durchaus moderner Monarch ist. Unter seiner Herrschaft gab es recht freie Wahlen, Frauen im Parlament und durchaus ein paar soziale Verbesserungen.
Seine Frau, die Informatik-Ingenieurin Salma Bennani war nie verschleiert, kleidet sich europäisch, ißt mit ihren Angestellten an einem Tisch und wird vom Volk verehrt.

In Tunesien lief das ganz anders.
Die Herrscherfamilie Trabelsi war bis letzte Woche die korrupte Krake der gesamten Wirtschaft. Präsidentengattin Leila Trabelsi kontrollierte nahezu alle Wirtschaftszweige, raffte hemmungslos mindestens fünf Milliarden Dollar an sich und bekam gar nicht mit, daß sie dadurch ein wenig unbeliebt im Volk wurde.

Zu ihren Besitztümern gehören Apartments in den schicksten Vierteln von Paris, ein Chalet im Nobel-Skiort Courchevel, Villen an der Côte d'Azur und Millionenbeträge auf Konten in Frankreich. Astronomische Summen seien nach Dubai und Malta geflossen, berichten Pariser Medien. Auch in Argentinien soll die Herrscherfamilie Immobilien besitzen. Ben Ali und seine Gattin Leila häuften das Vermögen durch ein Netzwerk von Firmen und Holdings an, die in erster Linie wohl einen Zweck hatten: die Habsucht des Präsidentenpaars und des dazugehörigen Clans von Leila Trabelsi zu befriedigen. Seit ihrer Heirat 1992 hatte die ehemalige Friseurin zielstrebig ihre Familienmitglieder in lukrative Jobs manövriert. Banken, Transport, Tourismus, Immobilien - keine Branche war vor dem finanziellen Appetit von Madame sicher, denn immerhin mussten zehn Brüder und Schwestern mit Posten und Pfründen bedient werden. Die Raffgier erreichte bisweilen offen kriminelle Züge: So ließ Imed, ein Neffe Leilas, 2006 drei französische Luxusyachten stehlen - dummerweise gehörte eines der Boote einem Bankerfreund des damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac. Dank der guten Beziehungen wurde Imed jedoch den tunesischen Behörden überstellt - und freigesprochen. Doch im Gegensatz zu seiner Tante konnte er sich jetzt nicht mehr ins Ausland absetzen: Am vergangenen Wochenende wurde Imed Trabelsi von Unbekannten erstochen.
(Spon 18.01.11)

Möglicherweise war es Julian Assange, der dem Trabelsi-Clan den Todesstoß gab.
Während wir hierzulande nur erfuhren, daß Merkel tumb und defensiv regiere, daß Westerwelle arrogant und vollkommen ungeeignet für sein Amt sei, (also nichts Neues) erfuhren die Tunesier dank Wikileaks Details, die das Fass zum Überlaufen brachten.

Der gefrostete Joghurt war aus Saint-Tropez eingeflogen, in einem Käfig spielte ein Tiger. Dies berichtete Amerikas Botschafter in Tunis, Robert Godec, über ein Essen bei dem Milliardär und Schwiegersohn des Präsidenten, Mohammed Sakher el-Materi, der einmal als Nachfolger von Zine el-Abidine Ben Ali im Präsidentensitz Carthago gehandelt wurde. Solche Telegramme, die Wikileaks offen legte, heizten während der letzten Wochen die Wut von Millionen Tunesiern an, die um das Überleben kämpfen. Ein Oppositioneller sagte vor einer Woche, als das Regime noch unerschütterlich erschien: 'Ben Ali in Carthago, das ist wie Al Capone im Weißen Haus.' Aber schon vorher kannten alle Tunesier die grenzenlose Raffgier und die Korrupten der 'Familie'.
(SZ 18.01.11)

Daß Leila Trabelsi kurz vor ihrer Flucht noch extra zur Staatsbank fuhr, um sich 1,5 Tonnen (!) Gold im Wert von rund 49 Millionen Dollar abzuholen, finde ich aber irgendwie demütigend.

Sie persönlich habe die Zentralbank in Tunis aufgesucht, um 1,5 Tonnen Gold abzuholen, berichtet die französische Zeitung "Le Monde" unter Berufung auf Geheimdienstinformationen. Der Chef der Bank wollte das Gold demnach zunächst nicht herausrücken. Erst als die 53-Jährige telefonisch ihren Mann eingeschaltet habe, seien ihr die Barren ausgehändigt worden.
(Spon 17.01.11)

Ist das nicht unter ihre Würde?
Und was ist das für eine Schlepperei die Barren ins Flugzeug zu wuchten und dann in Saudi Arabien umständlich wieder auszuladen?
Und wie weit kommt man überhaupt mit 49 Mio bei ihrem Lebensstil?
Das sind doch peanuts!
Dieser Bayern-LB- Risikomanager Gerhard Gribkowsky hat allein für seinen Ecclestone-Deal 50 Millionen Euro Schmiergeld erhalten und die Summe, wie es sich gehört auf Schmiergeldkonten in den bekannten Steuerhinterzieher-Oasen versteckt.
Da reist es sich doch viel besser.
Gerhard Gribkowsky muß nur eine Kontonummer im Kopf haben, um auf die Moneten zugreifen zu können, anstatt umständlich mit einem Pickup und bewaffneten Dienern die Goldspeicher der Staatsbank auszuräumen.

Die Trabelsi haben hier wirklich amateurhaft gehandelt und sind hoffentlich anderen demnächst zu stürzenden Potentaten abschreckendes Beispiel.
Man kann doch seine Notgroschen auch sinniger aufheben.
Gold wiegt ja auch so elend viel.
Platinbarren, oder noch besser lupenreine Edelsteine machen sich als Reisekasse gut.

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