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Sonntag, 13. Dezember 2009

Worum ging es eigentlich noch mal?

Nach wie vor kann ich mich nur darüber wundern, wie lange Bundesselbstverteidigungsminister Guttenberg mit seiner inhaltsleeren Inszenierung auf die geballte Bewunderung der Presse traf.
Sein Mantra-artig vorgetragenes „ich lasse mir die eigene Meinung nicht verbieten“, das noch jedes Bierzelt zu orgiastischen Jubelstürmen hinriß, ist genauso sinnlos, wie das mit ähnlicher Emphase vorgetragene „Ich werde mich nicht dafür schämen eine heterosexuelle Ehe zu führen“ des Wowereit-Herausforderers Frank Steffel.
Beide Sätze sind komplette Wählerverarschung.
Niemand hatte einem der beiden Bavaria-affinen Unionisten jemals etwas verbieten wollen.
Während aber Steffel als unseriöser Unglückling in die Geschichte einging und mit einem Wahlergebnis irgendwo bei 20% zurecht abgestraft wurde, bejubelte man Guttenberg dermaßen, daß er sich nun Erststimmenkönig nennen darf - fast 70% holte er in seinem Wahlkreis bei der Bundestagswahl.
Nein, die Welt ist eben nicht gerecht.

Die Guttenberg-Lügen
sind inzwischen dann doch noch zu einer Polit-Affäre nach erschreckend banalem Muster geworden:
Da wollte jemand ein aufkochendes Skandälchen vertuschen, gab immer nur das zu, was ohnehin bekannt geworden war, oder bekannt zu werden drohte und schob die Schuld anderen zu.
Es läuft auf das alte Ministerdilemma raus - wie immer wenn etwas gründlich schiefgelaufen ist. Eine No-Win-Situation; entweder man hat von nichts gewußt und damit bewiesen, daß man dem Amt nicht gewachsen ist, oder man hat es doch gewußt und gelogen.

Diese Situation führen gerne mal zum Rücktritt - allerdings nicht beim Erststimmenkönig, denn der wird nicht nach politischen Maßstäben gemessen, sondern nach den Kriterien von Bruce, Dieter Bohlen und Sylvie van der Vaart: Performance, Optik und Ausstrahlung.

So tauchen denn auch (endlich) im SPIEGEL süffisante Bemerkungen über den „Mr German Minister“ auf - andere Periodika hatten sich schon länger an der Guttenberg-Show gestoßen.

Am nächsten Tag, am Freitag, war der Verteidigungsminister für drei Stunden bei den Soldaten in Kunduz. Diesmal trug er einen lässigen Rollkragenpullover und Khaki-Hosen, darüber einen fliesgefütterten schwarzen Blouson. Die Kleidung ist immer wichtig bei Guttenberg.
…..
Guttenberg wurde vom Menschen zum Phänomen. Doch nun läuft die Entzauberung des Zauberers.
……
Ein Spitzenvertreter der CSU sagte kürzlich im kleinen Kreis, er fühle sich an das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern erinnert. Der hochgelobte Guttenberg stehe bei Lichte betrachtet ziemlich nackt da.
….
Guttenberg fing an, seine Freude an seiner Beliebtheit zu zeigen. Er ließ sich in Starpose auf dem Times Square in New York fotografieren, er ließ sich in einem Berliner Park auf einem Dinosauriermodell ablichten. Er stand da wie der siegreiche Siegfried, seine Frau hockte zu seinen Füßen und himmelte ihn an.

„Nichts“ sage Guttenberg, befand auch Stefan Kuzmany in einer Fernsehkritik zu seinem Auftritt am 10.12. bei Maybrit Illner:

Karl-Theodor zu Guttenberg hat mit ernster Stimme und für seine Verhältnisse nur ganz wenig grimassierend erläutert, dass er alles richtig gemacht hat und auch in Zukunft gedenke, alles richtig zu machen, wozu auch ein geregelter Abzugsplan aus Afghanistan gehört - aber erst, wenn der Taliban nicht mehr die Mädchenschule anzünden kann, weil die afghanische Polizei ihn daran hindert.
Wobei man ja schon sagen muss, dass es eine Hundsgemeinheit ist, dass dieser Obama den Nobelpreis bekommt und nicht Guttenberg, er hätte in Oslo mindestens genauso schön gesprochen - und überhaupt: ein t weniger und er hätte den Buchdruck erfunden. Das soll ihm erstmal jemand nachmachen.

Die gute Nachricht ist also, daß so langsam mal die Beißhemmungen gegenüber dem fränkischen Modepüppchen fallen.

Interessanter ist natürlich die ganz nebenbei bekannt gewordene Tatsache, daß die ach so zahnlosen Kuschel-Bundeswehrsoldaten zusammen mit der KSK offenbar inzwischen zur Strategie der gezielten Tötungen übergangen sind.
Nichts mehr mit „nur schießen, wenn man bedroht wird“.

Wenig erstaunlich, daß sowohl Hardthöhe als auch Kanzleramt zu diesem grundlegenden Strategiewechsel „die Unwahrheit sagen“.

Eine Kanzlerin, die sich im fünften Jahre ihrer Amtszeit immer noch davor wegduckt dem Volk mal zu erklären was das überhaupt soll da am Hindukusch, ist als Führungsfigur untauglich - und genau daher als Führungsfigur gewollt.
Deutsche Wähler wollen nach dem Schröder-Schock nämlich fürs Erste nichts mehr mit konkreten Problemen zu tun haben.
Das wolkige „es wird schon nicht so schlimm werden“ ist ihnen allemal lieber als das schmerzhafte Finger in die Wunde legen.

Schöner ist es allemal sich vorzustellen, daß die Deutschen in Afghanistan zur Freude der Zivilbevölkerung Brunnen bohren, medizinische Hilfe leisten und pitoreske Landschulen für wissbegierige ihren Burkas entstiegene kleine Mädchen aufstellen.
Die verarmten Bauern lassen alle das blöde Opium sausen und bauen stattdessen erfolgreich Kohlrabi und Blumenkohl an.
Nach dieser Theorie lösen sich die Taliban auf wundersame Weise in Luft auf, die korrupten Warlords werfen ihre Waffen weg und werden Muster-Parlamentarier, die sich gerne auch von den gutausgebildeten und emanzipierten Frauen Ratschläge geben lassen.
Deutschland engagiert sich für den zivilen Aufbau.
Damit das alles auch so schön klappt, werden in Null Komma nix mal eben 160.000 Afghanen zu demokratischen Muster-Polizisten ausgebildet.

Ich mach mir die Welt, widiwidiwitt, wie sie mir gefällt.

Wenn nur nicht diese vermaledeite Realität immer dazwischen käme.

Nach neun Jahren Nation-building in Afghanistan sind wir leider irgendwie noch nicht dazu gekommen das mit den Polizisten hinzubekommen.

Der Sonderbeauftragte für Afghanistan, Richard Holbrooke, spricht etwas aus, das zwar jeder weiß, das Merkel aber nie über die Lippen käme:

Sie können keinen Polizisten gebrauchen, der nicht einmal einen Ausweis lesen kann. Aber offenbar war unsere Ausbildung unzureichend. Ich habe als erstes verlangt, dass Lesen und Schreiben in das Ausbildungsprogramm aufgenommen werden. Andere Probleme sind ebenfalls enorm: die Fluktuation, der Mangel an Nachwuchs, die Korruption, die Drogenabhängigkeit. ….Ich höre immer die Zahl 160.000 Mann in drei bis vier Jahren. Es wäre schön, wenn das klappt. Ich habe genug von Programmen, in denen eine Planungsgruppe willkürlich Zahlen nennt, die keinen Bezug zur Realität haben.

Vorangekommen sind wir bisher leider gar nicht:

Die Briten sollten sich um die Drogen kümmern, die Deutschen um Ausbildung, die Italiener um das Rechtssystem. Das Ganze war unkoordiniert und hat uns nicht sonderlich weit gebracht. Im Ergebnis fangen wir im neunten Jahr des Krieges wieder von vorne an.

Unser grandioser Vizekanzler kann das alles gar nicht verstehen und plappert faktenfrei vor sich hin:
"Deutschland ist bereit, mehr für die Ausbildung der Polizei zu tun", sagte Westerwelle kürzlich, schließlich sei entscheidend, dass die Afghanen langfristig ihre Sicherheit selbst gewährleisten können.

Die Deutschen haben auf ganzer Linie versagt - zwar befinden sich tausende Uniformierte in der Region Kundus, doch das sind fast alles Soldaten, die in ihren Camps eingegraben sind.
Über die Hälfte davon verläßt diese Camps niemals.
Um die Kleinigkeit von 160.000 Polizisten auszubilden, hat Deutschland bisher ganze 47 Polizeiausbilder vor Ort.
Das Heimatbundesland von Super-Guttenberg schickte vor zwei Wochen auch Personal: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte 15 Mann einer Schnellausbildung unterziehen lassen. Nach drei Jahren die ersten Bayern, die sich beteiligen.

Na dann ist Afghanistan ja quasi gerettet.

Eine Konzeption konnte in den letzten Jahren leider noch nicht erarbeitet werden, schließlich war der Stuhl des Verteidigungsministers von 2005 - 2009 faktisch vakant.

Reinhard Erös, den ich bereits würdigte
, bildet deutsche Polizeiausbilder aus.
Sein Fazit:
"Deutschland hat kläglich versagt", beim Aufbau einer afghanischen Polizei. Eines der größten Probleme ist seiner Beschreibung zufolge, dass viel zu wenige Beamte im Einsatz sind. "Wenn 1500 Ausbilder gebraucht und 30 geschickt werden, ist es kein Wunder, dass das nichts wird", sagt der Afghanistan-Experte.

Gabriel legt heute seinem Ex-Kabinettskollegen Guttenberg nahe zurück zu treten.

Der Rücktritt wäre natürlich tatsächlich fällig; er wird nur nicht erfolgen, da der beliebte Baron anders als sein seniler und bar jeder Ausstrahlung agierende Vorgänger in der grauen Union noch gebraucht wird.

Schäuble sollte auch mal zurücktreten, denn in seine Verantwortung als Bundesinnenminister von 2005 bis 2009 fällt es, daß Deutschland bei der Polizeiausbildung komplett blamiert dasteht.

Weil er seine Hausaufgaben nie machte und vier Jahre sinnlos verstrichen, ohne dass Afghanistan durch einheimische Polizisten sicherer wurde, müssen jetzt wieder Soldaten ran.

Soldaten, die töten werden und selbst getötet werden.
So sagte es der Friedensnobelpreisträger Obama.
Seine Rede war in der Tat gar nicht schlecht und für einen amerikanischen Präsidenten relativ wenig arrogant.
Ich sehe seine Afghanistan-Pakistan-Politik EXTREM kritisch - aber eins muß ich ihm lassen:
Er beschäftigt sich immerhin überhaupt damit und schafft es sich vor die Öffentlichkeit zu stellen und dabei auch noch einige kluge Dinge zu sagen.

Das ist SEHR VIEL MEHR als man von Guttenberg, Westerwelle oder gar Merkel sagen kann.
Dafür erreichten aber die Waffenexporte der Bundesrepublik Deutschland unter der Kanzlerschaft Merkels noch nie dagewesene Umfänge.

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